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06.04.13 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Es gibt Wichtigeres / Warum es keine Autofahrer mehr gibt, wie wir uns an grauenvolle Wortmonster gewöhnen, und wieso Brüssel einfach so weitermacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-13 vom 06. April 2013

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Es gibt Wichtigeres / Warum es keine Autofahrer mehr gibt, wie wir uns an grauenvolle Wortmonster gewöhnen, und wieso Brüssel einfach so weitermacht

Darauf hatten wir schon gewartet: Kritische, progressive Menschinnen haben entdeckt, dass es viel weniger bekannte weibliche Künstler in Deutschland gibt als männliche. Diskriminierung! Nun soll daran gearbeitet werden, die Galeristen und Kunst-Juroren der Republik für das Problem zu „sensibilisieren“. Ins Trockene übersetzt: Sie sollen sich darauf gefasst machen, dass sie es demnächst mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Quote zu tun bekommen, wenn sie nicht von selbst zu Kreuze kriechen und die Frauenquote „freiwillig“ einführen.

Es geht also voran mit der Emanzipation, und das nicht bloß in den Kunstgalerien, sondern auch draußen vor deren Tür auf der Straße: Beinahe unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat das Haus von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer die Straßenverkehrsordnung von Diskriminierung gesäubert. Ergebnis: Ab sofort gibt es in Deutschland keine Fußgänger mehr. Auch keine Fahrradfahrer, ja nicht einmal mehr Verkehrsteilnehmer ganz allgemein.

Diese Wörter sind nämlich alle männlich, heißt es. Dadurch würden Frauen benachteiligt. Sprachwissenschaftler versuchen zwar seit Jahrzehnten vergeblich, die Deutschen darüber aufzuklären, dass in unserer Zunge ein Unterschied besteht zwischen dem sprachlichen Geschlecht (Genus) und dem natürlichen (Sexus). Sprich: Wenn wir von „dem“ Bürger reden, können wir damit genauso gut eine Frau meinen, wie wir einen Mann als „die“ Person bezeichnen dürfen.

Das aber wollen die feministischen Sprachbereiniger nicht wahrhaben. Deshalb gibt es keine Fahrradfahrer mehr, sondern nur mehr „Fahrrad Fahrende“ oder statt Fußgänger „Personen, die zu Fuß gehen“.

Wie üblich bei solchen Verrenkungen wirft auch diese sogleich eine neue Frage auf, die wir bereits von den Universitäten kennen. Dort heißt es schon seit längerer Zeit nicht mehr „Studentenparlament“ oder „Studentenschaft“. Nein, heute versammeln sich die Interessenvertreter der „Studierendenschaft“ im „Studierendenparlament“. Ein grässliches Wortmonster. Das ist aber nicht alles: „Studierendenparlament“ ist auch noch schlicht falsch: „Studierend“ oder „laufend“ oder „trinkend“ ist laut deutscher Grammatik nämlich nur derjenige, der jetzt, in diesem Moment gerade studiert, läuft oder trinkt. Selbst der krankhafte Saufbold, der alle paar Minuten zur Flasche greift, ist bloß ein Trinker. Ein „Trinkender“ ist er nur in dem Moment, wo’s Gluck macht.

Ein „Studierendenparlament“ wäre demnach eine Einrichtung, dessen Abgeordnete komplett ihre Aufgabe verfehlen: Dort sollen sie nicht Bücher lesen, Formeln lösen oder Arbeiten vorbereiten – sprich: studieren. Dort sollen sie Alltagsfragen ihrer Universität oder Hochschulpolitik verhandeln.

Wenn demnächst das Fernsehteam vom Sender XY eine Umfrage zur Verkehrssituation in der Stadt macht, müssen sich die Kollegen auf einiges gefasst machen. Fragt der Kollege einen Passanten beispielsweise, ob er ein „zu Fuß Gehender“ oder „ Auto Fahrender“ sei, könnte die ebenso politisch wie sprachlich korrekte Antwort etwa so lauten: „Derzeit bin ich weder noch, sondern ein in der Fußgängerzone Stehender, der gelegentlich Autofahrender ist, aber auch gern mal Fahrrad Fahrender oder zu Fuß Gehender, weil meine Wege als im Außenbezirk Wohnender sehr unterschiedlich sind. Im Moment bin ich allerdings vor allem ein Interview Gebender und weitere Fragen Erwartender. Wann kann ich die Sache denn als ein dem Fernsehen Zuschauender in der Glotze sehen?“

Grauenvoll, nicht wahr? Aber offenbar gewollt. Die Alternative ist allerdings auch nicht viel schöner. Die linke „taz“ fing einst damit an, den Wörtern ihr berüchtigtes „Signal-I“ unterzuschieben. Aus den Bürgern wurde so „BürgerInnen“. Das ist aber schon wieder passé, ersetzt durch den „Unterstrich“: Bürger_innen, was als elegante Kombination aus „Bürger“ und „Bürgerinnen“ die feministisch gebotene Lösung bringen sollte. Hat allerdings zwei Haken: Erstens geht das mit dem Unterstrich nur in der schriftlichen Form, hören tut man das Ding ja nicht. Zweitens haben böse Menschen die Sache mal konsequent durchbuchstabiert und gebaren das furchteinflößende „Bürger_innenmeister_inkan­didat_innen“. Danach sollte eigentlich jeder die Nase voll haben vom Unterstrich.

Sollte, ja. Aber da kennen wir die Feministinnen schlecht, denen nicht bloß in Deutschland sachliche Fragen schnuppe sind, wenn’s um Ideologie geht. Auch im Ausland verlieren sie ihre Mission keine Sekunde aus den Augen. Die Italiener stehen gerade vor den Trümmern ihres politischen Systems. Keine Partei kann eine Regierung bilden, die Wirtschaft schmiert ab, die Arbeitslosigkeit explodiert und demnächst wohl auch die soziale Lage, wenn sich nicht bald etwas tut.

Der entnervte, 87-jährige Staatspräsident Giorgio Napolitano sah schließlich keine andere Lösung mehr, als einen „Rat der Weisen“ einzuberufen, damit wenigstens irgendwas passiert. Aha, schon wieder so eine (ungewählte) „Expertenregierung“ wie bei Mario Monti, dem Goldman-Sachs-Banker? Viele Italiener sind wütend und fürchten, dass da nichts Gutes herauskommen kann.

Die Feministinnen des Landes haben ganz andere Sorgen: Nicht was herauskommt bei dem Gremium treibt sie um, sondern das, was hineingesetzt wurde – keine Frau nämlich. Darüber, so ihr Wunsch, sollte jetzt vor allen Dingen mal diskutiert werden, bevor man sich zweitrangigen Sachen wie Staatspleite, Wirtschaftseinbruch, Arbeitslosigkeit oder politischer Radikalisierung auf den Straßen widmet. Auf einem sinkenden Schiff würden diese Damen das Aussetzen der Rettungsboote solange blockieren, bis die „geschlechtergerechte“ Besetzung der Brücke durchgesetzt ist. Und wenn alle ersaufen.

Solche Ersatzschlachten erscheinen zwar einerseits lächerlich. Andererseits erfüllen sie aber auch einen wichtigen Zweck, ähnlich wie legendäre Musik auf der „Titanic“: Sie lenken ab vom großen Desaster. Das wird von Tag zu Tag wichtiger, da die „guten Argumente für die Gemeinschaftswährung“ rasant dahinwelken.

Wie hieß es doch bis eben noch? Mit dem Euro müssen wir nicht mehr an jeder Grenze unser Geld umtauschen, das spart Zeit und Gebühren. Einem Zyprioten muss dieser „Vorzug“ unterdessen ziemlich bitter aufstoßen. Nach nur fünf Jahren Euro-Zugehörigkeit darf er sein Geld bis auf eine klägliche Mindestsumme überhaupt nicht mehr ins Ausland tragen. Will er mehr als ein paar tausend Euro versenden oder über die Grenze mitnehmen, muss er sich das genehmigen lassen und ist von der Gnade der Behörden abhängig wie ein DDR-„Reise­kader“ bei der Bemessung seiner Devisenzuteilung.

Ein EU-Verantwortlicher nach dem anderen lässt durchsickern, dass Zypern so eine Art Generalprobe gewesen ist. Die Dementis der anderen, Zypern sei ein „Sonderfall“ (wie vorher ein halbes Dutzend anderer Fälle auch schon), klingen derart mau, dass sie nicht einmal mehr als hübsch komponierte Lüge durchgehen. Daher sollten wir unerfahrenen Westdeutschen bei unseren DDR-gestählten Landsleuten schleunigst Tipps einholen, wie man am besten mit so einer Situation umgeht.

Doch so schlimm es auch werden mag, eines kann man den EU-Oberen nicht vorwerfen: mangelnde Berechenbarkeit. Mit der gleichen Beharrlichkeit, mit welcher sie alle ihre Versprechen brechen, halten sie fest an ihren Irrtümern. Etliche Länder schon wurden in die EU oder die Euro-Zone aufgenommen, obwohl sie niemals reif dafür waren. Was lernen sie daraus? Am 1. Juli kommt Kroatien in die EU, obwohl sogar Brüsseler Offizielle einräumen, dass das ziemlich früh sei. „Europa“ geht voran mit der klaren Konsequenz eines unbeirrbaren Selbstmörders.


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