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13.04.13 / Weißer Ritter auf dem Goldesel / Mehdorn soll BER retten: Die Mitkämpfer des Ex-Bahnchefs geben allerdings Rätsel auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-13 vom 13. April 2013

Weißer Ritter auf dem Goldesel
Mehdorn soll BER retten: Die Mitkämpfer des Ex-Bahnchefs geben allerdings Rätsel auf

Nun soll es endlich zügig vorangehen, doch die ersten Signale des neuen BER-Chefplaners Hartmut Mehdorn lassen Zweifel keimen: Der Ex-Bahnchef schart altbekannte wie umstrittene Partner um sich und Aufsichtsrats-chef Platzeck macht seine Zukunft vom Erfolg des Projekts abhängig.

Viermal musste die Politik die Eröffnung des Flughafens BER verschieben. Ein offizielles Startdatum gibt es nicht einmal mehr. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kündigte nun an, noch dieses Jahr werde ein Fertigstellungstermin bekanntgegeben. Er knüpft sogar seine politische Zukunft an das Projekt. Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn hat unterdessen die BER-Regie übernommen. Sein Rezept ist ein „Sprint“, doch sein handverlesenes Personal lässt eher einen Hindernislauf befürchten.

„Wenn die nächsten Monate eine Zeit des Misslingens werden, werde ich selbstverständlich meine Konsequenzen ziehen“, sagte Platzeck der „Frankfurter Allgemeinen“ („FAZ“). Erst Tage vorher wurden neue Verzögerungen an Berlins teuerster Baustelle bekannt. Der Bereich für Regierungsflugzeuge wird erst 2017 statt 2016 fertig, räumt ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums ein.

Und die Kosten steigen weiter: Statt 2,8 Milliarden Euro wird das Projekt aktuellen Schätzungen zufolge mindestens rund 4,3 Milliarden kosten. Gerade erst im Amt als Chef des BER-Aufsichtsrates stellte sich Platzeck zudem auf die Seite der Nachtfluggegner und sieht sich seither hohem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt: „Weil der Flughafen nicht fertig ist, kann nicht, wie ich gehofft hatte, durch den Flugbetrieb der Nachweis geführt werden, dass sich nicht alle Ängste, die in der Region unterwegs sind, realisieren werden“, so Platzeck zur „FAZ“. Das Wort „nicht“ überschattet so weiter das Projekt.

Platzeck erforscht „Möglichkeiten für mehr Nachtruhe“ („FAZ“), bevor es überhaupt BER-Fluglärm gibt. Gegen diesen Eindruck rasenden Stillstandes arbeitet seit Anfang März Hartmut Mehdorn (70) als Geschäftsführer des Hauptstadtflughafens an. Anfang Januar verließ er nach nur 15 Monaten die Spitze der Fluggesellschaft Air Berlin, deren Sinkflug er nicht stoppen konnte. Dort positionierte er sich noch gegen Berlins BER-Politik, reichte im November im Namen von Air Berlin als wichtigstem BER-Partner sogar Klage gegen das Land ein. Wegen Berlins Verzögerungen sei der Fluglinie ein zweistelliger Millionenschaden entstanden, so Mehdorn damals.

Der einstige Bahn-Chef (1999–2009) tritt in seiner neuen Funktion nun gegen Nachtflugverbot, für einen Weiterbetrieb des Noch-Flughafens Tegel und für den zügigen BER-Weiterbau ein. Das klingt zuerst einmal nach Aufbruch. Mehdorn verspricht einen Blick fürs Reale im Berliner Planungschaos, setzt er doch auf bewährte, das heißt ihm aus Projekten wie dem Berliner Hauptbahnhof bekannte Baupartner. Der Bundesverkehrsminister pries den als kantig bekannten Konzernlenker, Platzeck sicherte ihm Rückendeckung zu. Und beim eigenen Gehalt trat Mehdorn zumindest bescheidener auf als mancher der zuletzt in Betracht gezogenen Kandidaten: Auch wenn er selbst schweigt, berichten Medien von über 500000 Euro Jahresgehalt.

Mehdorn inszeniert sich als BER-Macher. So holt er die einstigen BER-Architekten Gerkan, Marg und Partner (gmp) wieder ins Boot, von denen sich die Flughafengesellschaft im Mai 2012 unter Platzeck und Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) getrennt hatte. Die Klage der Flughafengesellschaft gegen die Stararchitekten über 80 Millionen Euro ruht vorläufig.

Immerhin erkennt Mehdorn, dass es ohne Fachleute nicht geht. Die Architekten setzt er zudem nicht in ihre alten Positionen ein. Sie sollen in seinem Team beratend tätig werden.

Die Politik lässt Mehdorn freie Hand – soweit die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass Mehdorns Programm „Sprint“ zur Beschleunigung des Baus zusätzlich Geld kosten wird, wie viel, ist offen. Jedenfalls gebe es „keine Denkverbote mehr“, so ein Flughafensprecher. Alle Abläufe vom Bau selbst über Genehmigungen, den Probebetrieb bis zu logistischen Fragen bei der Eröffnung sollen nun gebündelt werden, doch das kostet, ebenso die Berater.

Zu denen gehört laut Medienberichten ausgerechnet der Chef des Paderborner Flughafens, Elmar Kleinert, dessen Airport 2009 bis 2011 stolze 2,5 Millionen Euro Verlust einfuhr. Als im Januar der damalige BER-Chef Rainer Schwarz gehen musste, lehnte Kleinert noch dankend den BER-Chefposten ab. Jetzt soll er laut „Bild“-Zeitung den alten Standort Schönefeld managen.

Zu den neuen Sprintern zählt ferner der einstige Tunnelexperte Hany Azer, der für Mehdorn als Retter des Berliner Hauptbahnhofes von 2006 gilt. In der Großbaustelle Stuttgart 21 (S21) verantwortete er zudem von 2008 bis 2011 federführend die Tunnelarbeiten. Eine zweifelhafte Referenz – ein Gutachten von Ingenieuren ergab im Herbst: „Die Tunnel sind Todesfallen.“ Für mehrere Milliarden Euro muss nun beim Brandschutz nachgebessert werden. Ein Jahre dauernder Rechtsstreit mit gmp endete in einem Vergleich – laut Medien verbunden mit Millionenzahlungen der Bahn. Somit ist ausgerechnet der mutmaßliche Hauptverantwortliche der Kostenexplosion von S21 jetzt Teamleiter bei Mehdorns „Sprint“, der teure Zwist mit gmp vergessen. Die Beschleunigung droht so nach klassisch Berliner Art mit hohen Kosten und Reibungsverlusten anzulaufen. S. Gutschmidt


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