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13.04.13 / Teure Verschleppung / Bund gewährt Krankenhäusern eine Milliarde Nothilfe, löst aber deren Probleme nicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-13 vom 13. April 2013

Teure Verschleppung
Bund gewährt Krankenhäusern eine Milliarde Nothilfe, löst aber deren Probleme nicht

Operations-Erfahrungen der Ärzte und moderne technische Gerätschaften leiten Patienten bei der Wahl ihres Krankenhauses. Doch da vor allem kleine Kliniken das immer seltener leisten können, leiden sie unter Patientenmangel und schreiben rote Zahlen.

Rund 2000 Krankenhäuser gibt es hierzulande und will man ihren Interessenvertretern Glauben schenken, befindet sich fast die Hälfte von ihnen in finanziellen Nöten. Vor allem kleine Krankenhäuser in ländlichen Gebieten und Unikliniken sind besonders betroffen. So seien seit 2009 die Personal- und Sachkosten um 16 Prozent gestiegen, während die Krankenhäuser nur 8,9 Prozent mehr Geld in diesem Zeitraum erhalten haben. 2012 erhielten alle Krankenhäuser in Deutschland zusammen 62,4 Milliarden Euro von den Gesetzlichen Krankenkassen. Diese sehen nicht ein, warum dieses Geld nicht reichen soll. Sie betonen vielmehr, dass die Ursache für die Defizite mangelnde Investitionen und fehlende strukturelle Anpassungen seien.

Da aber kaum ein Politiker im Jahr der Bundestagswahl bei der Bevölkerung unbeliebte Krankenhausschließungen riskieren will, hat die Bundesregierung auf Antrag einiger Bundesländer für die nächsten beiden Jahre fast eine Milliarde Euro sogenannte Nothilfe zusätzlich zur Verfügung gestellt. Dass diese Gelder die Probleme jedoch nur aufschieben aber nicht lösen werden, wissen im Grunde alle Beteiligten. Universitätskliniken leiden vor allem unter den kostenintensiven Fällen Schwerstkranker und den teuren, modernen Gerätschaften, die sie vorhalten müssen. Landkrankenhäuser hingegen klagen über mangelnde Auslastung, während sie gleichzeitig Ärzte möglichst vieler Fachrichtungen, Pflegepersonal und ein Mindestmaß an Technik stellen müssen.

Während die Probleme der Unikliniken schwer zu lösen sind, da sie nun einmal eine gewisse gesellschaftlich wichtige Aufgabe zu erfüllen haben, gibt es für viele Landkrankenhäuser nur den Ausweg in Form der Privatisierung bei gleichzeitiger Spezialisierung, der Zusammenlegung mit anderen Kliniken oder der Schließung. Bei der Bevölkerung sind aber Verkäufe an offen auf Gewinn ausgerichtete Klinik-Konzerne genauso unbeliebt wie die Einstellung des Klinikbetriebes. Viele Bürger sind erschüttert, wenn sie hören, dass Krankenhäuser mit weniger als 200 Betten nicht „rentabel“ seien, glauben sie doch, dass der Staat eine medizinisch flächendeckende Grundversorgung bereitstellen müsse. „Das ist ein Konflikt zwischen individuellem Patientenbedürfnis – als Patient gehe ich dorthin, wo ich meine, am besten versorgt zu werden – und der emotional hohen Bindung von Menschen an ihr Krankenhaus vor Ort“, weist die baden-württembergische Gesundheitsministerin Katrin Altpeter auf den Widerspruch bei vielen Menschen hin. Diese wollten zwar ihr Krankenhaus vor Ort behalten, ließen sich aber in einer besser ausgestatteten Klinik von Ärzten mit mehr Routine bei Spezial-OPs behandeln. „Würden Sie mit Ihrer schwangeren Partnerin in ein Haus gehen, das nur drei Geburten im Jahr hat“, fragte die SPD-Politikern herausfordernd in einem Interview.

Auch der Umstand, dass immer mehr Operationen ambulant durchgeführt werden – 2011 waren es 1,9 Millionen Operationen und somit dreimal so viel wie 2004 –, mindert die Einnahmen von Kliniken. Da sich die Liegezeiten der Patienten reduzieren und kleine, gut organisierte und ausgestattete ambulante Kliniken neu entstanden sind, die den Landkrankenhäusern die Kunden abspenstig machen, wird hier weniger Geld verdient.

Aus Sicht der Gesetzlichen Krankenkassen verschleppt die Nothilfe des Bundes nur notwendige Reformen. Wie so oft hält die Politik offenbar mit gutem Geld ein reformbedürftiges System am Leben, anstatt die Bevölkerung mit notwendigen Strukturanpassungen zu konfrontieren. Rebecca Bellano


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