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13.04.13 / Personalmangel belastet Abläufe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-13 vom 13. April 2013

Personalmangel belastet Abläufe

Ich will nach Hause zu Mama und Papa“, wimmert die über 90-jährige Patientin. Völlig außer sich reißt sich die Demenzkranke ihren Venenzugang heraus und versucht, aus dem Bett zu rutschen. Gerade noch rechtzeitig springt eine Krankenschwester herbei und verhindert, dass die gerade an der Hüfte operierte Frau sich in ihr Unglück stürzt. Doch die alte Dame kann das gar nicht wertschätzen, sie ist überzeugt, dass sie ein Kind ist und man sie von ihren Eltern fernhält, von denen sie sich doch Trost wegen ihrer Schmerzen erhofft. Laut schreit sie um Hilfe und raubt damit den Krankenschwestern die letzte Kraft.

Laut einer Studie des Instituts für Sozialforschung und Sozialwirtschaft im Auftrag der Deutschen Alzheimer Gesellschaft ist das „System Krankenhaus“ überhaupt nicht auf Demenzkranke eingestellt. Bereits heute seien mindestens zwölf Prozent der Patienten demenzkrank, Tendenz steigend. Doch mit seinen strikten Abläufen und Routinen seien Krankenhäuser gar nicht auf diese Patientengruppe eingestellt, klagt das Institut und empfiehlt Aufklärungsarbeit und konsequenten Wissensaufbau bei Ärzten und Pflegekräften.

Doch Ärzte und Krankenschwestern dürften den Rat der Wissenschaftler als weltfremd bewerten. Denn was ihnen am meisten fehlt, ist Personal und somit Zeit, sich auf die speziellen Bedürfnisse der Demenzkranken einzustellen. Schon jetzt fehlen in Deutschland rund 30000 Fachkräfte in der Alten- und Krankenpflege. Selbst der Nachschub aus Osteuropa stagniert, in Polen selbst beklagt man inzwischen einen massiven Personalmangel und wirbt Kräfte aus der Ukraine und Weißrussland an. Deutschland versucht nun sein Glück in Asien. In China und auf den Philippinen wird derzeit offensiv um Fachkräfte geworben. Bel

 

Zeitzeugen

Anita Tack – „Wir werden alle 52 Krankenhäuser an ihren 62 Standorten erhalten“, sagte die brandenburgische Gesundheitsministerin erst vor Kurzem. Obwohl die Bevölkerung in dem Bundesland vor allem im ländlichen Raum schrumpft, will die Politikerin der Partei „Die Linke“ nur Umstrukturierungen, aber keine Schließungen von Krankenhäusern erlauben. Da die Bewohner Brandenburgs im Schnitt immer älter werden, steigt ihr Bedarf nach stationärer Versorgung auch.

Rupert Handgretinger – Der Ärztliche Direktor der Uni-Kinderklinik Tübingen beklagt, dass der Staat ihn auf den Kosten von schwerstkranken Patienten, sogenannten „Langliegern“, sitzenlassen würde. „Die Verluste, die wir mit einem einzigen Langlieger haben, erreichen teilweise die Höhe von ein oder zwei Jahresgehältern für eine Krankenschwester. So muss man rechnen, denn wir können diese Verluste nur kompensieren, indem wir Personal abbauen“, so der Kinderarzt gegenüber dem SWR.

Katrin Altpeter – Baden-Württembergs Gesundheitsministerin (SPD) steht vor einem massiven Problem. Einerseits gaben bei einer Umfrage der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft 69,1 Prozent der Kliniken an, dass sie im Jahr 2012 nicht rentabel waren. Andererseits mögen die Bürger keine Krankenhausschließungen akzeptieren. Gerade im Wahljahr sorgt die Einschränkung der medizinischen Versorgung für Unmut, den keine Partei auf sich ziehen möchte. So sorgte die geplante Schließung des nur 19 Betten umfassenden, defizitär arbeitenden Krankenhauses in Isny im Allgäu für einen Medienrummel, in dem die politischen Entscheidungsträger zumeist als kaltherzige Sparkommissare dargestellt wurden.

Uwe Deh – Der Geschäftsführende Vorstand des AOK-Bundesverbandes ist nicht glücklich über die Entscheidung der Regierung, Krankenhäusern in den nächsten Jahren eine Milliarde Euro an Nothilfe zur Verfügung zu stellen. „Einmalige Finanzhilfen als Notfallmaßnahme sollten bei den Krankenhäusern ankommen, die wirklich in einer finanziellen Klemme sind. Jetzt allen Kliniken einen Zuschlag zu geben, macht die Nothilfe unnötig teuer. Vor allem werden die strukturellen Defizite noch nicht wirksam gelöst, klagt Deh.


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