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13.04.13 / Reine Nebensache / ARD und ZDF fördern Kinofilme mit öffentlichen Geldern – nur um sie im Nachtprogramm zu verstecken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-13 vom 13. April 2013

Reine Nebensache
ARD und ZDF fördern Kinofilme mit öffentlichen Geldern – nur um sie im Nachtprogramm zu verstecken

Deutsche Fernsehfilme werden bei ARD oder ZDF stiefmütterlich behandelt und meist erst zu nachtschlafender Zeit gesendet. Mit Einführung des neuen Rundfunkbeitrags droht jetzt auch das bisherige Fördermodell für Kinoproduktionen aus Sparzwängen ins Schwanken zu geraten.

Mit Preisen ausgezeichnete deutsche Filme oder anspruchsvolle Erstlingswerke laufen bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern oft zu nachtschlafender Zeit oder werden gegenüber ausländischen Produktionen benachteiligt. Als Zugpferde des deutschen Fernsehens gelten Talkshows und Sportereignisse.

Für die jüngste Aufregung unter den Filmschaffenden sorgten die Äußerungen der Fernsehdirektorin des Bayerischen Rundfunks Bettina Reitz Anfang März. In der aktuellen Rundfunkgebührendebatte sehe Reitz durchaus „Optimierungsbedarf“ bei den Sendern: „die Öffentlich-Rechtlichen haben eine Menge zu bieten. Sollten wir uns aufgrund von Kritik oder mangels Geld von bestimmten Aufgaben trennen, dann geht es doch als Erstes an Auftragsproduktionen und Kinokoproduktionen.“

Das kann aber nur für die freiwilligen Gemeinschaftsproduktionen oder die Zusammenarbeit mit Filmhochschulen gelten, weil die öffentlich-rechtlichen Anstalten über ein Abkommen an die Filmförderungsanstalt (FFA) Ab­gaben zu entrichten haben. Nach den aktuellsten Zahlen wurden 2011 über acht Millionen Euro an Barleistungen an die FFA erbracht und 3,8 Millionen an Medialeistungen, wie zum Beispiel Werbesendungen. Aufregung verursachten Reitz’ Worte beim Verband Deutscher Drehbuchautoren, der harsche Worte für die Direktorin fand und die „millionenschweren Bieterschlachten“ um teure Sportrechte kritisierte, während „eine Senderverantwortliche den Kinofilm kurzerhand zur Nebensache“ erklärt.

Ähnlich äußerte sich die Allianz Deutscher Produzenten, weil die Zahl der deutschen Spielfilme, die bei den Sendern in der „Primetime“ gesendet werden, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liege. Die Kinoproduzenten „fordern deshalb ein klares Bekenntnis der Sender zum deutschen Kinofilm, das sich auch in regelmäßigen Sendeterminen zur Hauptsendezeit ausdrückt, angemessene finanzielle Beiträge der Sender zum Entstehen der Filme und die Bereitschaft der Sender, in der Beteiligung am Kinofilm auch die Chance zu sehen, von Fall zu Fall die ausgetretenen Pfade des Konsensfernsehens zu verlassen und neue Wege zu erkunden.“

Lobende Worte hingegen fand 2011 Udo Reiter, damaliger Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, für die Kooperation der „verwandten Medien“ Fernsehen und Kino. Er sprach von einer Win-win-Situation bei der Finanzierung und Reichweite. Die ARD verkündet zudem stolz auf ihrer Internetseite, dass sie sich seit Jahrzehnten für den Nachwuchs einsetze, damit dieser seine „eigene Handschrift“ finde. Deren Produktionen laufen aber meist spät am Abend oder in der Nacht, so dass von „Reichweite“ keine Rede sein kann.

2008 lieferte Ina Weisse mit „Der Architekt“ ihr Spielfilmdebüt als Regisseurin ab, für das sie mit Daphne Charizani das Drehbuch verfasste. Und obwohl so bekannte Schauspieler wie Matthias Schweighöfer, Josef Bierbichler und Sandra Hüller die Hauptrollen hatten, der Film auf der Berlinale 2009 gezeigt wurde und auf dem Max-Ophüls-Filmfestival den Preis für das beste Drehbuch erhielt, zeigte „Das Erste“ den Film „Der Architekt“ am 31. Mai 2012 erst um 23.45 Uhr. Zuvor liefen am Abend ein Fußballländerspiel und „Waldis Club“ mit Waldemar Hartmann.

Große Kinoerfolge, wie „Good bye, Lenin“ und „Lola rennt“, liefen zuerst auf dem Spartenkanal Arte und erst an die sieben Monate später im „Ersten“, obwohl sie von der Filmförderungsanstalt unterstützt wurden und somit mehr Beachtung verdient hätten. Ohne den Tag der Deutschen Einheit wäre Florian Henckel von Donnersmarcks „Das Leben der Anderen“ vermutlich nicht im „Ersten“ während der Hauptsendezeit als Wiederholung am 3. Oktober 2008 gelaufen. Eine derartige Verwertung von Erfolgsproduktionen dürfte private Investoren eher abschrecken, als dass sie in deutsche Produktionen investieren würden.

Nicht nur der gedankenlose Umgang mit Kinoproduktionen, sondern auch die Andeutung von Direktorin Reitz über angeblich überflüssige Auftragsproduktionen sorgte unter den Filmschaffenden für Unmut. Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte im Februar ein Urteil des Landgerichts Leipzig vom August 2012, wonach eine Klausel in Produ­zentenverträgen des Mitteldeut­schen Rundfunks unwirksam ist. Geklagt hatte die Arbeitsgemeinschaft Dokumentation, weil der MDR, wie andere TV-Anstalten auch, die Auftragsproduzenten verpflichtet, die Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten in München mit der Wahrnehmung der Vergütungsansprüche zu beauftragen. Eine Möglichkeit, die Verwertung ihrer Rechte an eine andere Verwertungsgesellschaft abzugeben, gab es nicht, obwohl sie nach Auffassung des Gerichts wegen des unternehmerischen Risikos „alleinige Filmhersteller“ sind.

Die Äußerungen der Fernsehdirektorin Reitz verdeutlichen die Prioritäten bei den Öffentlich-Rechtlichen. Die Sender schieben anspruchsvolle Unterhaltung nicht selten auf unattraktive Programmplätze, während teure, aber oberflächliche Talkshows als Erfüllung der Grundversorgung gelten. Deutlich drücken sie damit ihre Geringschätzung ge­genüber Filmen aus, an denen sie direkt oder über die FFA indirekt finanziell beteiligt sind. BR-Intendant Ulrich Wilhelm sprach sich in einem „FAZ“-Interview für eine Reduzierung der Talkshows aus: „Ich glaube, dass wir mehr Dokus, Sondersendungen, ,Brennpunkte‘, Features, Themenabende benöti­gen.“ Ob damit Sendungen ge­meint sind, die eine größere Aufmerksamkeitsspanne erfordern und kritische Meinungen präsentieren, bleibt angesichts dieser Wortwahl abzuwarten. Dramen wie zuletzt „Verratene Freunde“, die im Anschluss an die „Tagesschau“ gezeigt werden, stellen eher die Ausnahme als die Regel dar. Hochgelobte Serien, wie Dominik Grafs Krimi „Im Angesicht des Verbrechens“, deutsche Kinofilme oder gelungene Kurzfilme, etwa der mit dem Kurzfilm-Emmy 2009 und dem BAFTA Award ausgezeichneten „Acholiland“, werden noch lange das Nachsehen haben. Ulrich Blode


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