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13.04.13 / 17000 Altprogramme aus Königsberg entdeckt / Einzigartig in der deutschen Theatergeschichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-13 vom 13. April 2013

17000 Altprogramme aus Königsberg entdeckt
Einzigartig in der deutschen Theatergeschichte

Mit dem Wort „Wunder“ gehe ich lieber etwas sparsam um, aber wenn es von einem Leser kommt, der es bewusst gebraucht und sogar noch von einem „unbegreiflichen Wunder“ spricht, dann kann ich es beruhigt weitergeben, und das tue ich nur zu gerne. Denn wann kann man schon von einem Fund berichten, der für die Dokumentation unseres ostpreußischen Kulturlebens eine so große Bedeutung hat wie der von Herrn Hans-Dieter Meyer aus Hagen getätigte, der damit wirklich eine einzigartige Entdeckung gemacht hat? Herr Meyer hatte sich im Rahmen seiner Forschungen zur ostpreußischen Theater- und Musikgeschichte mehrmals an uns gewandt und wir hatten seine Wünsche nach alten Programmzetteln auch veröffentlicht. Nun fand der emsige Forscher in den Beständen der Akademie der Künste Berlin eine Sammlung von Programmen des Königsberger Stadttheaters aus dem Zeitraum von 1804 bis 1873 mit – sage und schreibe – 17000 Exemplaren! Diese Zahl sollte man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! „Was jedes Theater im deutschsprachigen Raum, dem das Schicksal unserer Heimat erspart geblieben ist, als großen Glücksfall empfinden würde, muss im Falle Königsbergs ein unbegreifliches Wunder genannt werden, das nur verständlich wird, wenn man den Weg der Sammlung kennt“, schreibt Hans-Dieter Meyer und zeigt diesen Weg lückenlos auf:

Das Schicksal dieser umfangreichsten noch existierenden Sammlung ostpreußischer Theaterzettel – vermutlich auch des gesamten deutschsprachigen Raums – ist abenteuerlich. Sie befand sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts im Besitz der „Gesellschaft für Theatergeschichte“. Nach deren Gründung im Jahr 1902 wandte sich der Schriftführer Heinrich Stümcke an deutsche Theater mit der Bitte, ihre Archive zu sichten mit dem Ziel, der Gesellschaft dort noch vorhandene Theaterzettel zu überlassen. Die Bestände wuchsen mit der Zeit zu einer umfangreichen Sammlung an, von welcher der größte Teil heute in 86 Bänden angeordnet ist. 1923 wurde das Material im Theaterwissenschaftlichen Institut Berlin untergebracht. Wegen ihrer Bedeutung wurden die Bände während des Zweiten Weltkrieges im Tresor einer Bank gelagert und blieben deshalb unversehrt. Nach dem Krieg wurde die gerettete Sammlung von der Akademie der Künste (Ost) übernommen.

Die Sammlung umfasst, soweit sie Ostpreußen betrifft, 57 Bände, davon 55 vom Stadttheater Königsberg stammende aus der Zeit von 1804 bis 1873, die als Altbestand bezeichnet werden, außerdem einen Band Neues Luisentheater Königsberg (1916–1918) und eine Mappe Memel (1916–1923). Der Altbestand betrifft durchgehend Aufführungen des Königsberger Stadttheaters, nicht nur im eigenen Haus, sondern auch in anderen Städten Ost- und Westpreußens sowie mehrere Gastspiele in Berlin. Innerhalb jedes Jahrgangs ist die Sammlung relativ vollständig, einige Jahrgänge fehlen, die zeitliche Anordnung ist nicht immer eingehalten worden. Beim Altbestand handelt sich nicht um Theaterzettel im engeren Sinne, sondern um großformatige Zettel, die offenbar für den Aushang bestimmt waren. Sie stammen ursprünglich aus den Beständen der Königsberger Theaterverwaltung selbst und wurden dort systematisch gesammelt. Eine anschauliche Vorstellung von der kulturgeschichtlichen Bedeutung der Sammlung übermittelt das Programm vom 9. Dezember 1809, als das Stadttheater nach einem Brand im Beisein von König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise wieder eröffnet wurde.

Herr Hans-Dieter Meyer hat sich nach Aufspürung dieses einzigartigen Fundes dafür eingesetzt, dass die Bestände gegen Verlust durch höhere Gewalt oder Altersverschleiß geschützt werden. Er kann auch schon erste Erfolge verzeichnen: Die Akademie der Künste erklärte sich bereit, die Verfilmung und Digitalisierung in Auftrag zu geben, kann aber die Kosten – da dort satzungsgemäß andere Schwerpunkte vorgegeben sind – nicht aus dem eigenen Etat bestreiten. Mehrere Institutionen, die sich der Wahrung des kulturellen Erbes Ostpreußens verpflichtet fühlen, haben bereits ihre finanzielle Unterstützung zugesagt und auch einzelne Spender wollen helfen, die noch immer klaffende Finanzierungslücke von mehreren tausend Euro zu schließen. Vielleicht schließen sich auch einige Leserinnen und Leser dieser Aktion an, denn es geht ja um die Dokumentation heimatlichen Kulturgutes. Die „Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs“ wäre bereit, die Spenden entgegenzunehmen und sie an die Akademie der Künste weiterzuleiten. (Hans-Dieter Meyer, In der Welle 58 in 58091 Hagen, Telefon 02331/79872, E-Mail: h-d.meyer@web.de) R.G.


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