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13.04.13 / Kulturerbe in guten Händen / Nach 30 Jahren: OSLM in Ratingen setzt auf eine europäisch geprägte Zukunft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-13 vom 13. April 2013

Kulturerbe in guten Händen
Nach 30 Jahren: OSLM in Ratingen setzt auf eine europäisch geprägte Zukunft

Drei Jahrzehnte Museumstätigkeit in Ratingen-Hösel, 15 Jahre Neubau und 350 Ausstellungsprojekte – mit diesen knappen Feststellungen könnte der Anlass des Festaktes im März umrissen werden. Doch ging es bei der Veranstaltung unter dem Motto „30 Jahre Oberschlesisches Landesmuseum und Tagungszentrum Haus Oberschlesien“ nicht nur um Rückblicke, sondern auch um Perspektiven und Bezüge zu aktuellen europäischen Dimensionen.

Im Rahmen einer exklusiven Führung durch die Sonderausstellung „Von Leistung, Leid und Leidenschaft. Bergbau-Geschichten nicht nur aus Schlesien“ und die thematische Osterausstellung „Eizeit“ bot Dr. Stephan Kaiser, Museumsdirektor und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Stiftung Haus Oberschlesien, den Ehrengästen Einblicke in die aktuelle Leistungsstärke des Hauses. Dabei kamen auch der lebendige Dialog über Grenzen hinweg und die wegweisenden Kooperationsvereinbarungen mit verschiedenen Kulturinstitutionen zum Ausdruck.

1983 fand die feierliche Eröffnung von Haus Oberschlesien in Ratingen-Hösel im Beisein des damaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau statt. Das Oberschlesische Landesmuseum versteht sich als ein kulturgeschichtliches Museum, das die Aufgabe hat, das dingliche Kulturgut Oberschlesiens zu sammeln, zu bewahren, auszuwerten und auszustellen, um der Öffentlichkeit ein Bild von der Geschichte und Kultur der schlesischen Regionen zu vermitteln und damit auch über das heutige Polen und Tschechien zu informieren. Träger des Hauses ist die 1970 gegründete Stiftung Haus Oberschlesien, eine Stiftung privaten Rechtes.

1998 kam der von dem Kölner Architekten Walter von Lom und Partner entworfene Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenseite dazu, der heute die Dauer- und wechselnde Sonderausstellungen beherbergt.

Schwerpunktmäßig befasst sich das Museum mit den schlesischen Landesteilen an der oberen Oder, dem von Bergbau und Schwerindustrie bestimmten Industrierevier sowie mit den angrenzenden Gebieten vom Altva-tergebirge bis zu den Beskiden. Die Themen der Sonderpräsentationen wurden und werden in Anlehnung an 700 Jahre deutsch-polnische Geschichte sowie an sieben Jahrhunderte Kulturgeschehen ausgewählt.

Museumsdirektor Dr. Stephan Kaiser und sein Team nutzen die Möglichkeiten grenzüberschreitender Zusammenarbeit mit Museen und kulturellen Einrichtungen in den schlesischen Landesteilen Polens und Tschechiens aktiv. Gemeinsame Ausstellungsvorhaben an wechselnden Orten dokumentieren die Arbeit.

Rund 200 Besucher, darunter viel Landesprominenz und zahlreiche Vertreter von Partnerorganisationen, fanden sich beim Festakt im Oktogon von Haus Oberschlesien ein, um gemeinsam an Höhepunkte der 30-jährigen Museumsarbeit zu erinnern und Pläne für die Zukunft zu schmieden. Anwesend waren auch die früheren Museumsleiter Nikolaus Gussone und Dr. Albrecht Tyrell. Die Veranstaltung wurde von Dominikus Burghardt, Pianist und Hochschuldozent an der Folkwang Universität der Künste Essen und der Sopranistin Esther Thoma-Burghardt mit Eichendorff-Vertonungen musikalisch umrahmt. Hauptredner waren Dr. Angelica Schwall-Düren, Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nord-rhein-Westfalen, sowie Professor Dr. Christoph Zöpel, langjähriger Bauminister Nordrhein-Westfalens und ehemaliger Staatsminister im Auswärtigen Amt. Schwall-Düren erwähnte in ihrem Festvortrag „Für Deutschland und Europa. Aspekte der Partnerschaft Nordrhein-Westfalen mit Polen“ den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991, der als Grundlage für die Weiterentwicklung und Festigung der Beziehungen zwischen Deutschland und Polen dient. Die Partnerschaft mit der polnischen Region Schlesien, so Schwall-Düren, werde in absehbarer Zeit erneuert und weiter vertieft werden. Da das Oberschlesische Landesmuseum zu den bewährten Kooperations-Partnern dieses Projektes gehört, dürfe es sich auch in Zukunft der besonderen Beachtung und Unterstützung der Landesregierung erfreuen.

Der in Gleiwitz/Oberschlesien geborene Staatsminister a.D. Professor Dr. Christoph Zöpel sprach in seinem Festvortrag „NRW-Identität 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg“ über Kindheitserfahrungen, die er in der Nachkriegszeit in Minden, der neuen Heimat seiner Familie, erlebte. Die 1950er Jahre schilderte Zöpel als Zeit des Wiederaufbaus und der Integration von rund neun Millionen Vertriebenen. So habe das Land eine prägende Identität erhalten, die es zu schützen gelte. In diesem Sinne sei auch die Tätigkeit des Oberschlesischen Landesmuseums zu betrachten.

Werner Jostmeier, Vorsitzender der Parlamentariergruppe NRW-Polen und Mitglied des Integrationsausschusses, bezeichnete das Oberschlesische Landesmuseum als einen Eckpfeiler tragfähiger Kontakte zum Nachbarland. Es sei heute wichtiger denn je, in der Öffentlichkeit Kenntnisse über die historische Dimension der Flucht und Vertreibung zu vermitteln.

Um die europäische Dimension der Museumstätigkeit ging es auch in dem Beitrag von Kerstin Griese, MdB. Die Bundestagsabgeordnete schätzte insbesondere die kontinuierliche Arbeit für ein friedliches Europa über Grenzen hinweg. Für viele der Anwesenden war bisher unbekannt, welche Gegebenheiten vor 30 Jahren zur Wahl des Museums-Standortes in Ratingen-Hösel führten. Dr. Wilhelm Droste, MdL, dessen Familie schon seit Jahren mit dem Ort und dem Haus eng verbunden ist, lüftete das Geheimnis.

Marie-Luise Fasse, MdL, Vorstandsmitglied der Stiftung Haus Oberschlesien, überbrachte Glückwünsche aus den Grußbotschaften des Oppelner Freilichtmuseums und des Kattowitzer Marschallsamtes. Fasse verwies darauf, dass viele der großen Ausstellungen des Hauses sowohl das Interesse der Besucher in Deutschland, wie auch jener in Polen und Tschechien geweckt hat. Das OSLM übernimmt somit eine Mittlerfunktion zwischen der Woiwodschaft Schlesien und dem ihr eng verbundenen Land Nordrhein-Westfalen.

Nicht zuletzt dank der Vielfalt der kulturellen Beziehungen nach Osten ist das Museum heute sehr lebendig, setzt neue Akzente und wandelt sich. Am der Festveranstaltung lautetet die Losung: „Auf zum 50. Geburtstag“. Diesem Wunsch schließt sich gerne auch die PAZ an. Dieter Göllner


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