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27.04.13 / Umsturz könnte im Massaker enden / Bisher beliefert Washington syrische »Rebellen« nur inoffiziell, denn die USA wissen um mögliche Folgen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-13 vom 27. April 2013

Umsturz könnte im Massaker enden
Bisher beliefert Washington syrische »Rebellen« nur inoffiziell, denn die USA wissen um mögliche Folgen

Während Außenminister John Kerry lautstark erklärt, dass Wa-shington bisher keine Waffen an die syrischen „Rebellen“ geliefert habe, enthüllt die „New York Times“ das genaue Gegenteil. Die Doppelzüngigkeit kommt nicht von ungefähr. Der Umsturzversuch in Syrien ist ein riskantes Abenteuer, bei dem verheerende Folgen drohen.

Bisher hat das kleine Kontingent kroatischer Soldaten, die an einem Uno-Einsatz auf den Golan-Höhen teilnehmen, für keine Schlagzeilen gesorgt. Umso erstaunlicher mutet die plötzliche Ankündigung von Kroatiens Premier Zoran Milanovic an, dass die kroatischen Blauhelme aus Sicherheitsgründen abgezogen werden. Milanovics Befürchtungen haben einen reellen Hintergrund. Wenige Monate vor dem Beitritt zur EU sieht sich Kroatien Vorwürfen ausgesetzt, in einen umfang-reichen Waffenhandel verstrickt zu sein. Mindestens 3500 Tonnen Waffen – darunter ein erheblicher Teil aus kroatischen Beständen – sollen per Luftbrücke in die Türkei, nach Jordanien und Katar und von dort an die syrische „Rebellen“ geliefert worden sein, so ein Bericht, mit dem unlängst die „New York Times“ aufgewartet hat. Während US-Außenminister John Kerry nach wie vor behauptet, Washington habe die „Rebellen“ in Syrien bisher nicht aufgerüstet, belegen die vorgelegten Recherchen das Gegenteil. Organisiert vom CIA und bezahlt von Saudi-Arabien sollen die Waffenlieferung bereits seit Januar 2012 laufen, auch unter Nutzung des US-Luftwaffenstützpunktes Al-Udeid in Katar.

Die Waffenlieferungen sind nicht das einzige Anzeichen, das auf eine Eskalation im Syrien-Konflikt hindeutet. Von US-Verteidigungsminister Chuck Hagel ist inzwischen die Entsendung von 200 Soldaten nach Jordanien angekündigt worden. Laut Hagel sollen sie den Schutz vor chemischen Kampfstoffen der syrischen Armee gewährleisten, laut „Los Angeles Times“ könnte es sich tatsächlich aber um ein Vorauskommando handeln, dem weitere 20000 US-Soldaten folgen, um „konventionelle militärische Einheiten nach Syrien marschieren zu lassen, falls erforderlich“.

Auf Eskalation setzt auch US-Außenminister Kerry, der Damas-kus nun damit droht, auch ganz offiziell die Assad-Gegner aufzurüsten. Es sei ein kritischer Punkt erreicht, der Konflikt drohe auf die Nachbarstaaten überzugreifen, so Kerry. Tatsächlich zeichnet sich im Syrien-Konflikt aber ein ganz anderer kritischer Punkt ab. Der von Saudi-Arabien, Katar, der Türkei und den USA forcierte Umsturzversuch in Syrien hat sich festgefahren. Folgt jetzt keine massive Unterstützung der syrischen Opposition, dann droht ein Scheitern des Projekts.

Das Vorhaben gleicht einem Pakt mit dem Teufel mit ungewissen Folgewirkungen. Nicht von ungefähr versucht man, in Wa-shington den Anschein zu erwecken, dass man nun ganz gezielt gemäßigte Kräfte in der syrischen Opposition stark machen müsse. Es ist der Versuch, schon vorab Schadensbegrenzung zu betreiben. Kommt der Machtwechsel in Damaskus zustande, könnte sich das Gerede von den gemäßigten Kräften unter den „Rebellen“ schnell als Wunschdenken, wenn nicht gar als bewusste Desinformation herausstellen. Der schwedische Journalist Aron Lund, der profundeste Kenner der syrischen Opposition im Westen, geht davon aus, dass praktisch alle großen bewaffneten Gruppen einen islamischen Staat wollen.

Als ebenso irreführend wird sich der Begriff syrische „Rebellen“ entpuppen. Längst hat sich Syrien zum Magneten für islamische Söldner entwickelt. Tunesische Medien gehen davon aus, dass allein 6000 rekrutierte Tunesier in libyschen Ausbildungslagern auf ihren Einsatz in Syrien vorbereitet werden. Ist der Umsturzversuch erfolgreich, droht ein Szenario wie nach dem Sturz Gadaffis: Große Mengen von Waffen verbreiten sich über die Region und kampferprobte Dschihadisten suchen eine neue Aufgabe.

Auf welches Risiko sich der Westen beim Syrien-Konflikt zudem mit Bündnispartnern wie Saudi-Arabien und Katar einlässt, hat erst unlängst Frankreich zu spüren bekommen. Die radikalen Islamisten, die Frankreichs Armee in Mali bekämpft, werden von Katar finanziert, so das Satireblatt „Canard Enchainé“.

Die Bemühungen Washingtons, verbale Abgrenzung von Islamisten in Syrien zu betreiben, haben allerdings noch einen weiteren Hintergrund. Es besteht durchaus die Gefahr, dass Syrien zum Schauplatz eines der größten Massaker der jüngeren Zeit wird, so der US-Publizist Webster Tarpley. Anzeichen, dass ein solches Szenario im Laufe eines Machtwechsels in Damaskus Realität werden könnte, sind bereits vorhanden. Schon jetzt machen sunnitische Extremisten unter den „Rebellen“ die alawitische Volksgruppe in Syrien zum Ziel gezielter Angriffe. Zu den 2,5 Millionen syrischen Alawiten gehören der Präsident Baschar al-Assad und rund 80 Prozent seines Offizierskorps. Schnell ins Visier salafistischer Gotteskrieger können allerdings auch alle anderen Minderheiten in Syrien geraten: Schiiten, Drusen, Maroniten und Christen. Sollte der Umsturzversuch in Syrien tatsächlich als erstes großes Massaker des jungen 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen, wäre die Nahost-Politik Washingtons nachhaltig kompromittiert. Vorkehrungen für eine Schadensbegrenzung scheinen selbst für ein derartiges Horror-Szenario schon einmal getroffen zu werden. Auffällig oft wird in US-Medien die Information gestreut, die CIA sei in Syrien personell extrem schlecht aufgestellt. Man habe wenig Einfluss, eigentlich wisse man kaum, was im Lande vor sich gehen würde. H. Müller


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