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27.04.13 / Putins Phantomsoldaten / Moskau: Armee soll vergrößert werden und mehr Bedeutung erhalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-13 vom 27. April 2013

Putins Phantomsoldaten
Moskau: Armee soll vergrößert werden und mehr Bedeutung erhalten

In Russland dienen über fünf Millionen Menschen in bewaffneten Formationen, allein 1,5 Millionen beim Innenministerium, 900000 bei der Staatssicherheit, dem Katastrophenschutz und ähnlichem, aber nur 800000 bei der Armee. Dieses Übergewicht von Inlandstruppen passt nicht zu Putins auswärtigem Feindbild – Aufrüstung weltweit, Nato und USA immer aggressiver –, so dass er die Armee auf eine Million Soldaten aufstocken, mit neuen Informationssystemen versehen und ihr mehr internationale Präsenz als zu Sowjetzeiten verschaffen will. Sergej Schojgu, seit fünf Monaten neuer Verteidigungsminister, soll diesen Auftrag erfüllen, nachdem Amtsvorgänger Serdjukow die Armee 2008/2009 verschlankt hatte.

Putins jetzige Aufrüstung empfinden Experten wie Alexander Konowalow, international angesehener Fachmann vom Moskauer Institut für strategische Analysen, als Rache unfähiger Betonköpfe: „Sie versprechen uns, zehn Schiffe zu bauen, schaffen aber bestenfalls eins, da schon fürs zweite kein Geld mehr da ist.“ Auch Alexander Golz, Russlands scharfzüngigster Armeekritiker, hält Militärs für „Zeit verschwendende Reformbremser“, wie er 2004 in einem Buch schrieb, das auch in den USA erschien. Putins aktuelle Pläne erscheinen Golz wegen Menschenmangels illusorisch, da „das Land mit Getöse in ein demografisches Loch stürzt“. „Zahlenmanipulationen zu den Streitkräften“ sollen vertuschen, dass „die Leute mit allen Mitteln den Wehrdienst umgehen wollen“.

Aus der schlecht besoldeten, miserabel versorgten Armee flüchten auch Fachoffiziere in lukrativere Jobs. Woher Putins geplante 200000 zusätzliche Soldaten kommen sollen, weiß niemand. Will der Präsident das Höchstalter der Wehrpflichtigen von derzeit 27 auf 30 Jahre erhöhen? Minister Schojgu plant „Wissenschaftskompanien“, die wie Sportkompanien Talente konzentrieren, was die 65 Armeehochschulen ablehnen. Frühere Pläne, ein Viertel der Offiziere als gut bezahlte Söldner anzuwerben, waren nicht zu finanzieren. Die Praxis aus Sowjetzeiten, in der Armee Frauen einzusetzen, ist längst erschöpft, nachdem 115000 Frauen Uniform tragen, darunter eine als General und 14 als Obristen.

Bleiben noch Putins „neue Grenzen“, wie er sein Vorhaben erneuerter Militärpräsenz im Ausland betitelte. Russland verfügt derzeit über 20 „Basen“ in der GUS, alle für teures Geld gemietete Stützpunkte der ehemaligen Sowjetarmee. Von Bedeutung sind nur Gabalinks in Aserbaidschan, von wo aus man die Türkei, Indien und Australien kontrollieren kann, und das Raketenzentrum Bajkonur in Kasachstan. Als mediterranes Kronjuwel gilt eigentlich die 1971 angelegte Flottenbasis Tartus in Syrien. Doch der Krieg in Syrien hat Tartus personell sehr ausgedünnt, auch wenn er wegen der Nähe zum Suezkanal und zu Gibraltar, dem Tor zum Atlantik, wichtig bleibt.

Militärbasen sind riskant, da sie Besorgnisse der Gegenseite auslösen. Darum will Moskau auch keine Stützpunkte im russischen Sezessionsgebiet Transnistrien (Moldau) anlegen. Dort führte Russland 1990 bis 1992 Krieg, was Rumänien, zu dem Moldawien historisch gehört, 2004 förmlich in die Nato trieb.

Als Ersatz für verletzliche Seebasen testet Russland „schwimmende Piers“, die sogar Flugzeugträger versorgen können. Wolf Oschlies


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