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27.04.13 / Hexen-Einmaleins / Die Walpurgisnacht naht. Goethe setzte dem Treiben auf dem Brocken ein literarisches Denkmal im Faust. Doch Hexen gibt es noch heute

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-13 vom 27. April 2013

Hexen-Einmaleins
Die Walpurgisnacht naht. Goethe setzte dem Treiben auf dem Brocken ein literarisches Denkmal im Faust. Doch Hexen gibt es noch heute

Das find ich gut; denn da gehört ihr hin“, meinte schon Mephistopheles im Faust. Die Nacht vom 30. April zum 1. Mai nennt man Walpurgisnacht. Der Sage nach sollen da seltsame Dinge passieren. Alle Hexen fliegen mit dem Besen zum Blocksberg, um sich zu versammeln. Dort tanzen und springen sie um ein Feuer und treffen sich mit dem Teufel.

Mit dem Berg ist der Brocken gemeint, der höchste Berg im Harz. Benannt ist die Nacht nach der Heiligen Walpurga, die am

1. Mai Namenstag hat. Sie lebte im Mittelalter von 710 bis 779 und soll Wunder vollbracht und vor bösen Geistern und Hexen geschützt haben. Schon lange vor Entstehung der Sage zur Zeit Karls des Großen im 8. Jahrhundert nach Christus trafen sich Volksstämme wie die Sachsen genau in dieser Nacht im Harz zu Opferfesten. Als sich das Christentum immer weiter verbreitete, wurden die heidnischen Bräuche verboten. Da alte Sitten aber nicht so schnell auszutreiben sind, verkleideten sich die Menschen und trafen sich heimlich in der Nacht. So konnten sie ihre Feste doch versteckt feiern. Vielleicht ist deshalb das Märchen von den nächtlich feiernden Hexen entstanden. Das Wort „Hexe“ bedeutet eigentlich „dunkles Wesen“ und stammt aus dem westgermanischen Sprachbereich.

Da die Menschen noch wenig von den Zusammenhängen in der Natur wussten, waren sie oft abergläubisch. Wenn man sich etwas nicht erklären konnte, hielt man Geister für die Ursache. So vermuteten sie auch, dass Wetter­erscheinungen, Krankheiten, Un­glück oder Krieg durch Geister oder Hexen verursacht wurden.

Zu verstehen ist es schon, denn wenn durch Unwetter die Ernte verloren ging, mussten die Menschen hungern. Aber leider suchten Menschen schon immer einen Sündenbock für das Übel in der Welt. Es scheint sich leichter damit zu leben, wenn man jemanden verantwortlich machen kann. Egal, wofür. Beispiele gibt es ausreichend in der Geschichte.

So ist auch das Bild der bösen Hexe entstanden. Leider hat das sehr grausame Formen angenommen. Vom 13. bis 18. Jahrhundert sind in Europa etwa 60000 angebliche Hexen auf den Scheiterhaufen verbrannt oder zu Tode gefoltert worden. Wenn man seinen Nachbarn nicht leiden konnte, reichte es, ihn der Hexerei zu beschuldigen. Jeder konnte angezeigt werden. Wer rote Haare hatte oder grüne Augen, sich gut mit Kräutern auskannte oder lesen und schreiben konnte, wer zufällig bei Gewitter auf dem Feld war und merkwürdige Bewegungen gemacht hatte, war schon verdächtig.

Die vermeintlichen Hexen, darunter nicht selten auch Kinder, wurden gefoltert und gestanden dann alles, was die Folterknechte hören wollten. Manchmal wurden Hexenproben durchgeführt. Man warf die Hexen mit zusammengebundenen Armen und Beinen ins Wasser. Wer oben schwamm, galt als Hexe und wurde verbrannt. Wer unterging, war unschuldig, aber leider auch tot.

Dass die Kirche ordentlich mitmischte, ist bekannt. So entstand der berüchtigte „Hexenhammer“. Das Buch, herausgegeben von den beiden Inquisitoren des Dominikanerordens Jakob Sprenger und Heinrich Kramer, war eine Art Anleitung zur Hexenverfolgung. In 29 Auflagen war es das Regelwerk für Hexenrichter. Erst im Zeitalter der Aufklärung hörte es langsam auf mit den Verfolgungen. Man besann sich auf den Verstand und die Vernunft.

Wann nun genau die letzte vermeintliche Hexe einen Scheiterhaufen betreten musste, lässt sich schwert sagen. Manche meinen, der letzte Prozess habe 1782 in der Schweiz stattgefunden. Andere behaupten, die letzte Hexenhinrichtung sei 1793 im späteren Großherzogtum Posen gewesen. Andernorts liest man, dass noch 1944 in England eine Frau der Hexerei bezichtigt worden wäre. Unglaublich, aber wahr: Die Hexenjagd existiert in afrikanischen, lateinamerikanischen und asiatischen Ländern sogar noch heute. Silvia Friedrich


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