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27.04.13 / Chronist der »Gustloff« / Zeitzeuge und Buchautor Heinz Schön in Bad Salzuflen gestorben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-13 vom 27. April 2013

Chronist der »Gustloff«
Zeitzeuge und Buchautor Heinz Schön in Bad Salzuflen gestorben

Sein Name ist untrennbar verbunden mit der „Gustloff-Katastrophe“: Heinz Schön, der sein Leben der Forschung zum Thema „Rettung über die Ostsee 1945“ gewidmet hatte, verstarb am 7. April in Bad Salzuflen.

Der 1926 in Niederschlesien geborene und aufgewachsene Ostdeutsche begann bei der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft die Ausbildung zur Zahlmeister-Laufbahn. Sein erstes Bordkommando führte ihn im Februar 1944 auf die „Wilhelm Gustloff“, ein ehemaliges KdF-Urlauberschiff, das zum Lazarettschiff für die Kriegsmarine umgerüstet worden war und nun als Wohnschiff in Gotenhafen lag. Nachdem sich Anfang 1945 die Lage in der östlichen Ostsee zugespitzt hatte, wurden Mitte Januar die dort in den Häfen liegenden großen Schiffe zur Flucht über die Ostsee wieder in Fahrt gebracht. Die „Wilhelm Gustloff“ wurde auf ihrer ersten Fahrt gen Westen durch drei russische Torpedos versenkt. Über 9000 Menschen starben beim Untergang, nur etwa 1250 überlebten. Einer von ihnen war Heinz Schön, der danach auf ein weiteres Flüchtlingsschiff kommandiert wurde und noch elf Rettungsfahrten gen Westen miterlebte.

Der Untergang ließ ihn nicht mehr los. Er suchte schon 1945 nach weiteren Überlebenden und sammelte Zeitzeugenberichte zur Bestandsaufnahme. Artikelserien und Bücher folgten; er wurde Drehbuchmitarbeiter und Fachberater bei dem Film „Nacht fiel über Gotenhafen“, der 1960 in die Kinos kam. Die Bundesregierung hatte 1965 an der Ostakademie Lüneburg eine „Forschungsstelle Ostsee“ eingerichtet, die eine Dokumentation über die Rückführung von Flüchtlingen, Verwundeten und Soldaten mit Schiffen der Handels- und Kriegsmarine über die Ostsee 1945 erarbeiten sollte, Heinz Schön übernahm hier ehrenamtlich den Teil über die Handelsschifffahrt.

Nach intensiver siebenjähriger Tätigkeit wurde die Forschungsstelle kurz vor der Veröffentlichung überraschend geschlossen; im Zeichen der „neuen Ostpolitik“ erschien die Herausgabe dieser Dokumentation wohl nicht förderlich. Schön hatte zum Glück vereinbart, dass er das Urheberrecht an seinen Informationen behielt und dass das von ihm für die Forschungsstelle erarbeitete Material in seinem Besitz blieb. So hatte er das „Ostsee-Archiv“ wieder in seiner Hand, forschte weiter und veröffentlichte dann 1983 eine 700-seitige Dokumentation „Ostsee 45 – Menschen, Schiffe, Schicksale“, die laufend überarbeitet und neu aufgelegt wurde und heute noch ein Standardwerk zu dem Thema ist. 1984 bekam er den Marienburg-Preis der Landsmannschaft Westpreußen verliehen. Als Medienreferent im Kuratorium „Erinnerungsstätte Albatros“ organisierte er 1985 und 1986 die Ostseetreffen der Geretteten und Retter der Ostseeflucht in Damp. 1986 wurde er für sein vielfältiges Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Nach Öffnung der Mauer suchte er Kontakt zu der russischen Besatzung des U-Boots „S13“, vom dem die tödlichen drei Torpedos abgeschossen worden waren, und traf sich mit dem Ingenieur und dem Torpedoschützen. 2002 wurde er international bekannt, als Günter Grass Schöns „Gustloff“-Dokumentation in seiner Novelle „Im Krebsgang“ verwendet hatte und Heinz Schön dabei namentlich in seinem Werk nannte. Auch in den letzten Jahren war er als Fachberater bei TV-Dokumentationen und Spielfilm-Produktionen tätig und publizierte weiterhin rege, sein letztes Buch „Pommern auf der Flucht“ erscheint in diesen Tagen.

Schön konnte sich erst seit seinem Ruhestand voll seinen Forschungen widmen. Von 1953 bis 1990 war er als Fremdenverkehrsdirektor und Leiter des Stadttheaters tätig und hat für das kulturelle und wirtschaftliche Leben in der Stadt Herford viel bewirkt.

Mit seinem Lebenswerk zur „Rettung über die Ostsee“ hat Heinz Schön erreicht, dass dramatische Schiffskatastrophen nicht nur mit dem TV-aufbereiteten Untergang der „Titanic“ verbunden werden, sowie den vielen Opfern bei der Flucht 1944/1945 ein Denkmal gesetzt. Britta Heitmann


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