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27.04.13 / Immer bei den Siegern / Der Pole Athanasius Raczynski diente Preußen und dessen Gegnern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-13 vom 27. April 2013

Immer bei den Siegern
Der Pole Athanasius Raczynski diente Preußen und dessen Gegnern

Vor 225 Jahren, am 2. Mai 1788, kam Athanasius (Atanazy) Raczynski im damals noch zur polnischen Adelsrepublik gehörenden Posen zur Welt. Er entstammte einer der ältesten Adelsfamilien Polens. Nach der sogenannten Zweiten Teilung Polens, die Posen preußisch werden ließ, schick­te ihn sein Vater zum Studium auf die brandenburgischen Universitäten Frankfurt an der Oder und Berlin. Als 1806 der Vierte Koalitionskrieg ausbrach und die Preußen bei Jena und Auerstedt eine vernichtende Niederlage erlitten, hielt Raczynski sich gerade in Dresden auf. Schleunigst trat er die Flucht Richtung Osten an. Bis nach Krakau verschlug es ihn.

Als die Franzosen 1807 das preußische Danzig belagerten, stand Raczynski auf der Seite der Belagerer. Nachdem Napoleon aus ostelbischen Gebieten, die Preußen im Tilsiter Frieden hatte abtreten müssen, 1807 das Herzogtum Warschau mit dem sächsischen König Fried­rich August als Herzog gebildet hatte und dieses Herzogtum 1809 im Fünften Koalitionskrieg von Österreich angegriffen worden war, trat Raczynski in die Armee des Herzogtums ein. 1812 integrierte Bonaparte diese Armee des Herzogtums als V. Korps in seine Grande Armée, die er dann in die Weiten Russlands führte.

An Napoleons Russlandfeldzug teilzunehmen, blieb Raczynski jedoch erspart, denn da hatte der umtriebige Pole bereits zur Diplomatie gewechselt. Nach einer ausgedehnten Deutschlandreise trat er 1811 in den diplomatischen Dienst des Herzogtums ein. In dieser Eigenschaft wirkte er in Paris und Sankt Petersburg, diente Friedrich August aber auch in dessen sächsischer Hauptstadt als Kammerherr.

Das Ende des Herzogtums Warschau und der dafür ursächliche Untergang der napoleonischen Ordnung machten Raczynski nun kurze Zeit arbeitslos, was aber für ihn angesichts seines familiären Hintergrundes kein finanzielles Problem darstellte. Nach Reisen durch Frankreich, Deutschland, die Schweiz und Italien heiratete er 1816 Annette Radziwill, die einer ähnlich bedeutenden polnischen Familie entstammte. Er zog sich auf das Landleben in seine Heimat zurück, die seit der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress von 1814/15 wieder preußisch war.

Schließlich trieb es ihn doch wieder von seinem Gut bei Colmar in die Politik und das gesellschaftliche Leben. Er wurde wieder Diplomat, nun im Dienste Preußens. 1830 bis 1834 vertrat er Preußen in Dänemark, 1842 bis 1848 in Portugal und dann noch einmal vier Jahre in Spanien. Anschließend – da war er immerhin schon 64 Jahre alt – hielt er sich meistes in Preußens Hauptstadt Berlin auf, wo er auch am 21. August 1874 verstarb.

Während des bereits erwähnten Aufenthaltes in Dresden im Jahre 1806 hatte Raczynski die Liebe zur Kunst entdeckt. Er entwickelte sich zu einem bedeutenden Kunstsachverständigen und -sammler. 1834 hatte er in Berlin ein Palais mit der Adresse Unter den Linden 21 erworben, das für seine Gemälde bald nicht mehr ausreichte. Unter der Maßgabe, dass er dort seine Bilder der Öffentlichkeit zugänglich machte, überließ ihm der preußische König Friedrich Wilhelm IV. ein Grundstück am Königsplatz. 1842 bis 1844 errichtete Heinrich Strack dort das Palais Raczynski.

Der Bauplatz ist prominent, denn heute steht dort das Reichstagsgebäude. Diesem musste das Palais denn auch schon kurz nach Raczynskis Tod weichen. Noch im Todesjahr verkaufte sein Sohn das väterliche Palais samt Grundstück an den Staat, dem und dessen Gegnern sein Vater über Jahre gedient hatte. Entsprechend Athanasius Raczynskis letztem Willen übernahm der preußische Staat die Verwaltung der Gemäldesammlung. Die Bilder wurden erst in der Berliner Nationalgalerie ausgestellt. Nach der Errichtung des Neubaus des 1857 als Museum für polnisches und slawisches Altertum gegründeten Kaiser-Fried­rich-Museums in Posen im Jahre 1904 kam die Sammlung in Raczynskis Geburtsstadt, wo sie heute noch ist. Nur, dass das Kaiser-Wilhelm-Museum am Wilhelmsplatz nun Nationalmuseum am Freiheitsplatz heißt. Manuel Ruoff


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