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04.05.13 / Saat des Brüsseler Lobbyismus / EU will, dass Bauern nur noch zugelassene Pflanzensaat nutzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-13 vom 04. Mai 2013

Saat des Brüsseler Lobbyismus
EU will, dass Bauern nur noch zugelassene Pflanzensaat nutzen

Die EU plant eine einheitliche Saatgutverordnung. Das Papier entfacht in Deutschland einen Sturm der Entrüstung, seit die Seite „Deutsche Wirtschaftsnachrichten“ berichtete: „EU will Anbau von Obst und Gemüse in Gärten regulieren.“ Brüssel stellte nun klar, das Papier betreffe nicht private Gärtner. Dennoch drängt die geplante Regel vieles vom Markt. Sie läutet über Zulassungszwang und gewerblichen Handelsstopp das Aus für viele Sorten ein. Das Papier wirft einmal mehr die Frage nach Brüsseler Abhängigkeiten von Lobbygruppen der globalen Saatgutkonzerne auf.

Ein schwammig auf Englisch verfasstes Papier „Optionen und Analysen möglicher Szenarien der Überarbeitung der EU-Gesetzgebung zur Vermarktung von Saaten- und Pflanzenverbreitendem Material“ schreckt ab. Landwirte sollen künftig nur amtlich zugelassenes Saatgut verkaufen dürfen. Schon am 6. Mai soll das Gesetzespaket zur Tier- und Pflanzengesundheit angenommen werden, so die EU-Kommission.

Nebulöse Formulierungen nähren den Verdacht, die EU wolle auch dem Privatmann vorschreiben, was er anbauen darf und was nicht, inklusive Strafandrohung. Selbst wenn die EU das dementiert, der Verdacht eines regulatorischen Anschlags auf die Artenvielfalt ist nicht ausgeräumt. Seit Jahren schwelt der Streit, ob Weltkonzerne wie Monsanto das Recht auf Rechte an Sorten, also Leben, haben, ob sie bestimmen dürfen, wer welche Nutzarten pflanzen darf. Im Fokus der Kritik befindet sich seit Jahren Brüssel, wo die Konzerne intensive Lobbyarbeit betreiben. Schon vor der EU regelt das Bundessortenamt die Zulassung. Wie absurd das sein kann, zeigte 2004 der Streit um die Kartoffelsorte „Linda“. Da ihre deutsche Sortenzulassung auslief und der neue Eigentümer der Rechte kein Interesse an einer Verlängerung zeigte, drohte der Verkauf illegal zu werden. Das Bundessortenamt ließ „Linda“ doch noch zu.

Brüssel hingegen bleibt hart. Die Kommission folgt einer Entscheidung des EU-Gerichtshofs vom Juli 2012, die Landwirten nur amtliches Saatgut erlaubt. Der Entscheid hätte weitreichende Folgen: Kleinteilige Landwirtschaft würde benachteiligt, Saatguttausch unterbunden. Brüssel macht keinen Hehl daraus, dass Vereinheitlichung, hier „Harmonisierung“ genannt, das Ziel ist. Alten oder ungewöhnlichen Sorten wird absehbar die geforderte Zulassung unmöglich gemacht. Brüssel zieht „Saatmaterial in hinreichender Qualität“ vor. „Die Gesetzgebung muss sich weiter entwickeln, um mit neuen Entwicklungen landwirtschaftlicher Produktion und gesellschaftlichen Erwartungen mitzuhalten“, rechtfertigt die EU ihr Gesetz. Die zwei Säulen Registrierung und Zertifizierung tragen demnach die EU-Saatgutpolitik.

In dem Papier ist viel von Produktivität und Nahrungsmittelsicherheit die Rede, aber nicht vom Wunsch der Verbraucher nach Vielfalt, Gesundheit oder wichtigen Inhaltsstoffen. Die bisherige Gesetzgebung sei mit zwölf Direktiven und 90 Rechtsvorschriften komplex, so die EU. Sie will vereinfachen. Größte Sorge der EU-Normierer ist aber ein nicht „harmonisierter“, also nicht von Brüssel vollends kontrollierter Saatmarkt, denn kaum ein Begriff bestimmt das Papier so sehr. Dieser Drang trifft sich mit den Bestrebungen der Saatgutkonzerne, die sich Brüssel als Partner eines gleichförmigen Saatguthandels anbieten. Nach EU-Jargon heißt das schlicht „Nachhaltigkeit“. Als nachhaltig hat sich in Brüssel bisher aber nur die Klientelpolitik zugunsten solcher Konzerne erwiesen. SV


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