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04.05.13 / Ankara »knietief in syrischem Blut« / Türkei wird zum Aufmarschgebiet von Dschihadisten im Kampf gegen den »Ungläubigen« Assad in Syrien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-13 vom 04. Mai 2013

Ankara »knietief in syrischem Blut«
Türkei wird zum Aufmarschgebiet von Dschihadisten im Kampf gegen den »Ungläubigen« Assad in Syrien

Zwar greift die türkische Polizei immer wieder Islamisten auf dem Weg nach Syrien auf, doch offenbar geschieht dies nur halbherzig, denn zu viele Syrienkämpfer nutzen die Türkei als Durchreiseland und sogar als Operationsbasis.

Begonnen hatte der Aufstand gegen das Assad-Regime in Syrien vor zwei Jahren als Protest gegen Korruption und soziale Ungerechtigkeit in der südlichen syrischen Grenzstadt Deraa an der Grenze zu Jordanien. Doch von Jordanien erhielten die syrischen Revolutionäre keine Unterstützung, da dessen Königshaus dem Vater von Baschar al-Assad sein Überleben zu verdanken hat, hatte doch Hafiz al-Assad sich 1970 geweigerte, mit syrischen Truppen den palästinensischen Aufständischen zu Hilfe zu eilen. Und auch der Irak und der Libanon gehören noch zu den wenigen Verbündeten Assads in der arabisch-schiitischen Welt. Als einziges Nachbarland hat die Türkei den Aufstand gegen Assad von Anfang an unterstützt. Angesichts des fortdauernden Krieges in Syrien werfen Kritiker der Regierung von Recep Tayyib Erdogan vor, sie habe sich zu sehr auf den Sturz von Assad versteift und damit ohne Not eine mögliche Rolle als Vermittler in dem Konflikt aufgegeben.

Da der Aufstand bislang im Norden und Osten Syriens den größten Erfolg hatte und fast alle Grenzübergänge zur Türkei von den „Rebellen“ kontrolliert werden, sehen viele in Ankara die eigentliche Führungsmacht des syrischen Aufstandes. Islamistische Extremisten gelangen weitgehend ungehindert über die türkische Grenze nach Syrien. Die Kämpfer der extremistischen Al-Nusra-Front, der radikalsten islamistischen Gruppe in Syrien, die erst vor Kurzem ihre Loyalität gegen-über dem Al-Kaida-Terrornetzwerk erklärte, werden in den Reihen der syrischen Opposition immer stärker. Ihnen war im März mit der Einnahme von Al Raqqa erstmals die Eroberung einer Provinzhauptstadt in Syrien gelungen. Bereits beim Angriff auf die kurdische Grenzstadt Ras al-Ain im November 2012 hatte die türkische Armee Kämpfer der Al-Nusra-Front in ihrem Kampf gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten logistisch unterstützt.

Der syrische Präsident al-Assad bezeichnete in einem Interview Anfang April die türkische Politik in der Region als „töricht und unreif“. „Das Feuer in Syrien wird auch die Türkei verbrennen“, sagte er und warnte vor einem Flächenbrand, sollte sein Regime in Syrien fallen. Die „türkische Regierung steht knietief in syrischem Blut“, erklärte er. Assad warf Erdogan vor, mit Geld aus Katar Kämpfer für den syrischen Bürgerkrieg anzuwerben.

Dafür, dass Assad damit Recht hat, gibt es viele Hinweise. Immer mehr Islamisten aus der Türkei und anderen Ländern ziehen in den Dschihad gegen die Regierung von Assad. Im Sommer letzten Jahres war Osman Karahan, der frühere Anwalt des „Kalifen von Köln“ in der Türkei, bei Kämpfen in Aleppo getötet worden. Und während der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu beteuerte, dass Mitglieder der Freien Syrischen Armee von türkischem Boden aus keinerlei Unterstützung erhielten, berichteten türkische Zeitungen im April, dass Sicherheitsbehörden bereits seit Monaten eine Gruppe von Männern sogar im Wahlbezirk des Außenministers in Konya beobachteten, die nicht nur Waffen nach Syrien geschmuggelt, sondern auch Kämpfer für die syrischen „Rebellen“ rekrutiert haben sollen.

Den bewaffneten syrischen „Rebellen“ haben sich einer britischen Studie zufolge bis zu 600 Dschihadisten aus Europa angeschlossen. Wie aus der jetzt veröffentlichten Untersuchung des Internationalen Zentrums zur Erforschung von Radikalisierung (ICSR) des King’s College in London hervorgeht, stammen die Kämpfer aus 14 europäischen Staaten, darunter Deutschland, Belgien, Dänemark, Frankreich und Großbritannien. Die Meldung Deutschland betreffend wurde mittlerweile von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich bestätigt. Sie alle ziehen von der Türkei aus in den Krieg in Syrien, denn die Türkei ist von Europa aus einfach über Land zu erreichen, während der Frontstaat Pakistan, bislang das Ziel der Dschihadisten, nur mit dem Flugzeug erreicht werden kann.

Die türkische Polizei griff Mitte April den Österreicher Mohamed Mahmoud auf. Der 28 Jahre alte Extremist und Salafisten-Prediger mit ägyptischen Wurzeln war gemeinsam mit mehreren deutschen Extremisten auf dem Weg nach Syrien. Mohamed Mahmoud mit Kampfnamen „Abu Usama al-Gharib“ wurde nahe der Provinz Hattay an der türkisch-syrischen Grenze festgenommen. Mohamed Mahmoud gilt als Anführer der in Deutschland verbotenen islamistischen Gruppierung „Millatu Ibrahim“, die er in Berlin gemeinsam mit dem islamistischen Ex-Rapper Denis Cuspert gegründet hatte, Mahmoud war der „Emir“ der Gruppe.

Der dickste Fisch, der den türkischen Behörden vor zwei Monaten in die Fänge ging, war ein Schwiegersohn des getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden, der vom Iran kommend nach Syrien reisen wollte. Trotz Haftbefehls der USA ließ das Nato-Mitglied Türkei ihn nach Jordanien weiterreisen, wo er den US-Behörden übergeben wurde, von einem Nicht-Nato-Mitglied.

Neben dem Alawiten Assad, der von den Dschihadisten als „Ungläubiger“ eingestuft wird, gelten auch die kurdischen Volksverteidigungseinheiten für die Dschihadisten als Ungläubige, weil sie eine laizistische Ideologie vertreten. Deshalb richtet sich der Dschihad der Al-Nusra-Front in Syrien auch gegen die Kurden. Damit haben sie dasselbe Ziel wie die Türkei, die einen Kurdenstaat an ihrer Südgrenze mit aller Macht verhindern möchte. Mit der Turkmenischen Brigade hat die Türkei selbst auch schon eine Miliz in Syrien aufgebaut, die um die Städte Aleppo und Azaz auch gegen die kurdischen Selbstschutzeinheiten, nicht mehr gegen Assads Armee, die es dort gar nicht mehr gibt, agiert.

Die Wohlstands-Dschihadisten, die jetzt via Türkei in den Bürgerkrieg in Syrien aufbrechen, kommen auch irgendwann einmal zurück. Die westlichen Geheimdienste plagt schon jetzt die Sorge, dass diese Dschihadisten dann, ideologisch aufgerüstet und kampferprobt, den Dschihad gegen den Westen fortführen werden. Bodo Bost


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