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04.05.13 / In fremdem Revier gewildert / Nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der SPD liegen die Grünen schwer im Magen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-13 vom 04. Mai 2013

In fremdem Revier gewildert
Nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der SPD liegen die Grünen schwer im Magen

Angesichts der Steuereinnahmen auf Rekordniveau musste selbst Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor Kurzem eingestehen, dass Deutschland kein Einnahmeproblem habe. Doch SPD, „Die Linke“ und vor allem die Grünen sehen das nicht so.

„Ich nutze meine Kraft doch tausendmal lieber, um der SPD die Kohlekraft auszureden“, als „falsche Hoffnungen zu setzen auf eine Union der Entsolidarisierung“. Mit diesen Worten wollte Grünen-Parteichefin Claudia Roth Sigmar Gabriel ihr Bekenntnis zu Rot-Grün beweisen, doch der SPD-Parteichef, der zu Gast auf dem Parteitag der Grünen war, lächelte eher gequält. Denn bisher haben die Sozialdemokraten noch keine Ahnung, wie sie, sollte es nach der Bundestagswahl tatsächlich zu einer rot-grünen Regierung kommen, ihrem Partner entgegenkommen sollen. Am vergangenen Wochen-ende haben die Grünen, die derzeit äußerst selbstbewusst sind, beschlossen, dass Deutschland bis 2030 aus der Kohlekraft aussteigen soll. Dabei war der Partei egal, dass Deutschland derzeit noch vollkommen damit beschäftigt ist, den Ausstieg aus der Atomkraft zu bewältigen. Die Grünen sind als Ausstiegspartei groß geworden und da der Atomausstieg nun einmal beschlossen ist, muss ein neuer Ausstieg her.

Doch dieser neue Ausstieg gefällt der SPD überhaupt nicht. Die Arbeiterpartei war schließlich lange die Partei der Bergarbeiter. Zwar gibt es von diesen immer weniger, doch es existieren noch genügend Regionen im Land, die strukturell von diesen Zeiten geprägt sind. So zum Beispiel Nordrhein-Westfalen. Das von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) regierte Bundesland erzeugt den Großteil seines Stroms über Kohle. Dass man das nicht in wenigen Jahren einfach so ändern kann, das müssten eigentlich auch die Grünen wissen, denn sie regieren zusammen mit Kraft Nord-rhein-Westfalen. Doch das Wahlprogramm für die Bundestagswahl wird nicht von Landespolitikern bestimmt, wie das Beispiel Winfried Kretschmann bewies.

Zwar sind die Grünen stolz darauf, dass einer der Ihren Ministerpräsident in Baden-Württemberg ist, doch als dieser Herr aus Stuttgart, der in den letzten Monaten viel Regierungserfahrung sammeln konnte, darauf hinwies, dass man der Wirtschaft nicht die Luft zum Atmen nehmen dürfe, zischte es aus der Basis, dass da wohl jemand „schwäbische Polit-Folklore im Interesse seiner Mittelständler und Weltmarktführer“ betreibe. Noch mehr Kritik erhielt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der es wagte, darauf hinzuweisen, dass es für Unternehmen nicht sinnvoll sei, Leiharbeiter, die noch eingearbeitet werden müssen, vom ersten Moment an genauso wie die Stammbelegschaft zu bezahlen. Der ansonsten beliebte Grünen-Politiker musste Buh-Rufe über sich ergehen lassen und mit ansehen, wie seine Partei gegen seinen Rat beschloss, nach einem Wahlsieg Leiharbeitern ab dem ersten Arbeitstag denselben Lohn zu zahlen wie den Festangestellten.

„Deutschland ist erneuerbar“ lautete das Motto der Grünen, die erstaunlicherweise im Ganzen mehr über Steuern und Soziales als über Umweltschutz oder eben erneuerbare Energien redeten. Auch das dürfte dafür gesorgt haben, dass SPD-Chef Gabriel während seines Besuchs nie richtig entspannt wirkte, wusste er doch, dass die Grünen auf einem Feld spielten, das in den letzten Jahrzehnten in mühevoller Kleinarbeit von seiner Partei bestellt wurde. Doch die Grünen fühlen sich offenbar auf dem Terrain so wohl, dass sie es bis in die kleinste Ecke mit eigenen Inhalten füllten. So fordern sie einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, geringere Bonuszahlungen für Manager, höhere Hartz-IV-Leistungen von 420 Euro, eine Garantierente in Höhe von 850 Euro, eine Verdoppelung der Erbschaftssteuer, eine Vermögensabgabe, eine allgemeine Bürgerversicherung und eine Anpassung der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge an die Höhe des individuellen Steuersatzes. Interessant war vor allem, dass die geplante Vermögensabgabe vor allem dazu dienen soll, Staatsschulden abzubauen. Gabriels SPD hingegen will Mehreinnahmen vor allem immer für mehr Umverteilung generieren, aber die steht bei den Grünen nicht ganz oben auf der Agenda. Schließlich sind ihre Wähler nicht so oft unter den Hartz-IV-Empfängern und in den unteren Lohnsegmenten zu finden, wie es bei den Sozialdemokraten der Fall ist. Grünen-Wähler sind gutverdienend und wollen eine bessere, nachhaltige Welt und sind dafür auch offenbar bereit zu zahlen, denn schließlich will die Partei den Besserverdienenden ans Portemonnaie.

Aber nicht nur beim Thema Umverteilung, auch beim Familiensplitting gehen die Positionen bei SPD und Grünen auseinander. Die Grünen wollen das System in Stufen abschaffen, um Kindergärten und ähnliches zu bauen, doch das dürfte mit der SPD so nicht machbar sein. Allerdings sind die Sozialdemokraten das schwache Glied in dem beabsichtigten rot-grünen Bündnis und werden sich, so es denn zu einer Regierungsbildung käme, sehr nach den Grünen richten müssen. Und obwohl Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin erst wenige Tage vor dem Parteitag bei einer Veranstaltung des Familienunternehmerverbandes war, und ihm dort die Gefahren, die in den Steuerplänen seiner Partei stecken, mit zahlreichen Beispielen belegt worden waren, hatte dieser sich unbeeindruckt gezeigt. Demzufolge ist davon auszugehen, dass auch ein Bitten, Flehen und Fluchen der SPD, hinter der schließlich auch die Gewerkschaften stehen, deren Hauptanliegen der Erhalt von Arbeitsplätzen ist, bei den Grünen nicht allzu viel bewirken dürfte.

Und während den Grünen immer wieder angedichtet wird, sie könnten auch mit der Union regieren, dachte vermutlich so mancher in der CDU/CSU an die Zeiten mit der SPD. „Insgesamt war Schwarz-Rot besser“, hatte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) der jetzigen schwarz-gelben Regierung erst vor Kurzem ins Stammbuch geschrieben. Rebecca Bellano


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