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04.05.13 / Erfolg durch Rückschlag / Mit der Weltraumstation »Skylab« schuf sich die Nasa ein neues Betätigungsfeld – Start vor 40 Jahren in Cape Canaveral

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-13 vom 04. Mai 2013

Erfolg durch Rückschlag
Mit der Weltraumstation »Skylab« schuf sich die Nasa ein neues Betätigungsfeld – Start vor 40 Jahren in Cape Canaveral

Nachdem das „Apollo“-Programm mit der Landung auf dem Mond sein primäres Ziel erreicht hatte und 1972 beendet worden war, starte am 14. Mai 1973 eine Saturn-V-Trägerrakete, um mit „Skylab“ die erste und bislang einzige Raumstation der Vereinigten Staaten ins Weltall zu bringen.

Hierzu nahmen die Ingenieure die dritte Stufe der Saturn-V-Rakete, die ursprünglich für die Mondlandefähre und den Treibstoff für den Mondflug vorgesehen war, und konstruierten daraus die „Skylab“-Station. Für den hinteren Teil sahen sie Schlaf- und Aufenthaltsabteile für die dreiköpfige Besatzung vor, Platz für wissenschaftliche Experimente und Vorratstanks. Weiter vorne platzierten sie den sogenannten Workshop mit weiteren wissenschaftlichen Geräten. Außen wurden zwei Paddel mit Solarzellen und eine Schutzschicht gegen Hitze und Mikrometeoriten installiert. Den Bug der Station nahm das Andockmodul für ein „Apollo“-Raumschiff ein. Dort befand sich ein weiteres Modul mit optischen Instrumenten und vier kreuzförmig angeordneten Solarflächen. „Skylab“ wirkte wenig futuristisch, im Gegenteil. Es erinnerte eher an eine fliegende Windmühle.

Der Flug begann mit einer folgenschweren Panne. 63 Sekunden nach dem Start entfaltete sich plötzlich der Meteoritenschild. Aber die Rakete hatte die irdische Lufthülle noch nicht verlassen. Der Luftzug riss den Schild ab und zog einen der beiden großen Solarpaddel aus seiner Verankerung. Das Paddel wiederum geriet in den Abgasstrahl der Korrekturtriebwerke und wurde ebenfalls abgerissen. Beinahe wäre die Mission bereits in diesem Stadium gescheitert, aber schließlich erreichte die Trägerrakete doch einen sicheren Orbit.

„Skylab“ war nun ohne Hitzeschutz und hatte nicht mehr die volle Energieversorgung. Die am 25. Mai gestartete Besatzung sollte als erstes die Schäden beheben. Aber bereits der Andockmechanismus versagte. So mussten die Astronauten Charles Conrad, Joseph Kerwin und Paul Weitz ihre Kapsel entlüften, dann aussteigen und ein paar Leitungen kurzschließen, damit ihr Raumschiff sicher ankoppeln konnte.

In den folgenden Tagen installierten Conrad und seine Crew ein improvisiertes Sonnensegel, damit die Station sich nicht zu stark aufheizte. Außerdem fuhren sie das blockierte zweite Sonnenpaddel aus. Die Besatzung blieb für 404 Erdumkreisungen bis zum 22. Juni 1973 im All.

Auch die zweite „Skylab“-Mannschaft musste noch Reparaturen durchführen. Sie startete am 28. Juli 1973 und blieb fast zwei Monate. Angeführt von Mond-Veteran Alan Bean, begannen Owen Garriot und Jack Loursma mit den wissenschaftlichen Projekten, für welche die Station eigentlich gedacht war.

Denn mit ihr unternahm die Nasa zum ersten Mal längere bemannte Wissenschaftsmissionen im All. An Bord des „Skylab“ sollte das Verhalten des menschlichen Körpers in Schwerelosigkeit untersucht werden. Wissenschaftler der Nasa und anderer US-amerikanischer Forschungseinrichtungen wollten herausfinden, ob Menschen auch über einen längeren Zeitraum im Weltraum leben und arbeiten können. Ernährung war eine wichtige Frage, ebenso die Reaktionen des menschlichen Körpers auf die Schwerelosigkeit. Der zweite Schwerpunkt war die Beobachtung der Sonne außerhalb der störenden Erdatmosphäre. Die Erdbeobachtung bildete den dritten Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit. Außerdem standen für alle Besatzungen längere Außenbord-Einsätze auf dem Programm.

Die Bean-Besatzung legte ein beeindruckendes Arbeitstempo vor, erledigte die meisten Projekte vor dem Zeitplan und bat die Nasa-Zentrale um mehr Arbeit. Soviel Fleiß sollte sich rächen, denn er weckte bei den Missionsplanern falsche Erwartungen an die Leistungsfähigkeiten einer Stationsbesatzung. Während der dritten „Skylab“-Mission kam es deswegen prompt zu Schwierigkeiten. Die Astronauten Gerald Carr, Edward Gibson und William Pogue flogen am 16. November 1973 zur Station und blieben 84 Tage, bis zum 8. Februar 1974 an Bord. Damit absolvierten sie den bis dato längsten Raumflug überhaupt. Erst sowjetische, später russische Kosmonauten sowie Besatzungen der Internationalen Raumstation (International Space Station, ISS) sollten länger im Orbit bleiben.

Allerdings beschwerte sich die Carr-Besatzung wiederholt über zu viel Arbeit und übermenschliche Erwartungen. In einigen Schilderungen der Mission scheint es, als habe es die erste Meuterei der bemannten Raumfahrt gegeben, aber an anderen Stellen ist nur davon die Rede, die Crew hätte sich zeitweise geweigert, noch mehr Aufgaben zu übernehmen.

Nach der Rückkehr der letzten Besatzung am 8. Februar blieb „Skylab“ in einem stabilen Orbit. Eigentlich hatte die Nasa geplant, die Station mit einer der ersten „Shuttle“-Missionen wieder in Betrieb zu nehmen, aber die Verzögerungen beim Bau der neuen Raumfähre verhinderten das. Auch ein Satellit, der das Raumlabor neu positionieren sollte, wurde gestrichen. Zudem ließ die erhöhte Sonnenaktivität die Erdatmosphäre anschwellen. Die wiederum bremste „Skylab“ stärker als erwartet. Die Station war nicht zu retten, und am 11. Juli 1979 ließ die Nasa sie kontrolliert abstürzen. Allerdings führten Rechenfehler dazu, dass Teile auf Australien fielen, die zum Glück niemanden verletzten. Alle anderen Trümmer stürzten in den Indischen Ozean.

Trotz der Probleme waren die „Skylab“-Missionen erfolgreich. Astronomen erhielten erstmals genaue Daten über die Sonnenaktivitäten. Zudem fotografierte die Crew immer wieder spektakuläre Sonnenfackeln und lieferte Bilder vom vorbeiziehenden Kometen Kohoutek. Die Beobachtung der Erde brachte Erkenntnisse für Geologie, Klimaforschung und Landwirtschaft, wobei die Astronauten selbst mit Notizblock und Kamera oft effektiver waren als die Instrumente. Auch stellten sich längere Aufenthalte im Weltraum als weit weniger problematisch heraus denn erwartet. Folgen wie Muskelschwund und Knochenabbau lassen sich beherrschen und auf der Erde therapieren. Zusammen mit den sowjetischen Stationen ebnete „Skylab“ den Weg zur heutigen ISS, an der neben den USA, Russland, Kanada, Japan, Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Schweden, der Schweiz und Spanien auch Deutschland beteiligt ist. Friedrich List


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