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11.05.13 / Kasachstan zeigt Selbstbewusstsein / Nasarbajew sagt USA am Kaspischen Meer Nato-Stützpunkt zu − Russland irritiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-13 vom 11. Mai 2013

Kasachstan zeigt Selbstbewusstsein
Nasarbajew sagt USA am Kaspischen Meer Nato-Stützpunkt zu − Russland irritiert

Seit Kurzem ist Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew an einer intensiveren Zusammenarbeit mit den USA interessiert. Die Ankündigung, den Amerikanern den Hafen „Aqtau“ als Drehkreuz für Militärtransporte aus Afghanistan zur Verfügung zu stellen, lässt den bisherigen engen Partner Russland aufhorchen.

Kasachstan ist ein Land mit reichen Vorkommen an Bodenschätzen, die es aus eigener Kraft nicht gewinnen kann. Deshalb spielt die Suche nach einem finanzkräftigen Partner eine Schlüsselrolle in der kasachischen Politik. Dieser war in der Vergangenheit Russland, zu dem Nasarbajew, der das Land seit 1991 autoritär regiert, stets gute Beziehungen unterhielt.

Für Russland ist Kasachstan nicht nur wegen seiner Öl- und Gasvorkommen ein wichtiger Wirtschaftspartner, sondern auch geostrategisch wegen seiner Lage am Kaspischen Meer von Bedeutung. Der russische Konzern Gazprom investierte in Ölförderanlagen und baute ein Tankstellennetz. Weil Moskau aber nicht in Förderanlagen zur Gewinnung von Rohstoffen vom Grund des Kaspischen Meeres investieren will, suchen die Kaspi-Anrainer, allen voran Turkmenistan, andere Investoren.

Nasarbajew, dessen Politik bislang als ausgeglichen galt, scheint den Konflikt mit Russland nicht zu scheuen. Selbstbewusst begrenzt das durch Petrodollars reich gewordene Astana den Import von Ölprodukten aus Russland und lässt für den Transport nur noch kasachische Firmen zu. Zur Begründung heißt es, Russland zahle für kasachisches Öl weniger als es beim Weiterverkauf erhalte, streiche sich die Differenz ein, Geld, das dem kasachischen Haushalt fehle.

Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass Nasarbajew eine engere Zusammenarbeit mit dem Westen, vor allem mit den USA, anstrebt. Im April gab er bei einem Außenministertreffen zum Thema Afghanistan bekannt, dass er den USA den Hafen „Aqta“ als Drehkreuz für Militärtransporte zur Verfügung stellen wird. Zurzeit besucht eine Delegation von kasachischen Parlamentariern Washington und New York, um über eine Festigung der kasachisch-amerikanischen Beziehungen zu sprechen, die auch in wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht intensiviert werden sollen. Die kasachische Regierung sagte bei der Aufklärung des Boston-Attentats Hilfe zu. Zwei Kasachen wurden festgenommen, weil sie Beweismaterial vernichtet hatten. Ihnen drohen fünf Jahre Haft in den USA.

Nasarbajew fährt zurzeit mehrgleisig. Während er sich mit dem russischen Außenminister Sergej Schojgu traf, um eine erweiterte Zusammenarbeit in Sachen Raketenschutzschild zu vereinbaren, weilte Außenminister Jerlan Idrisow in Brüssel, wo er sich mit Anders Fogh Rasmussen traf, um mit dem Nato-Generalsekretär über ein Partnerschaftsprogramm zwischen Kasachstan und der Nato zu verhandeln. Welche Auswirkungen die Abfuhr an Gazprom und die Zugeständnisse an die USA für die Zollunion mit Weißrussland und Russland haben, ist noch ungewiss.

Russland zeigt sich irritiert. Experten glauben, dass, wenn Aqtau eine Basis des Pentagons wird, die Sicherheit im Kaspi-Raum bedroht wäre. Vor sieben Monaten fand in Aqtau eine internationale Konferenz mit dem Titel „Paradigmen der internationalen Zusammenarbeit am Kaspischen Meer“ statt. Vertreter der Kaspi-Anrainerstaaten besprachen, wie man eine Militarisierung am Kaspischen Meer verhindern könne, wie der Boden und das an Rohstoffen reiche Schelf aufzuteilen seien und wie die ökologischen Ressourcen des austrocknenden Sees geschützt werden könnten. Die Aufteilung des Kaspischen Meeres, bei der es vor allem um die Verteilung der Öl- und Gasvorkommen geht, war nach dem Zerfall der Sowjetunion lange ein Streitpunkt, eine endgültige Lösung fehlt bis heute. An den Streitigkeiten sind Aserbaidschan, Kasachstan, Tadschikistan, aber auch der Iran und Russland beteiligt, in deren geopolitischen Interessensbereich die Kaspi-Region fällt.

Die heutige Regelung des Grenzverlaufs basiert auf einer sowjetisch-iranischen Vereinbarung von 1921 und 1940. Demnach dürfen lediglich Boote von Kaspi-Anrainern den See befahren. Ebenso gibt es eine trilaterale Vereinbarung zwischen Russland, Aserbaidschan und Kasachstan über eine Zone, innerhalb derer die Anrainer auf dem Boden des Meeres mineralische Bodenschätze gewinnen dürfen. Der freie Zugang der Amerikaner zum Kaspischen Meer werde die Lage an Russlands Südgrenze verkomplizieren, weil Mos-kau nicht nur mit erheblichen wirtschaftlichen, sondern auch mit militär-strategischen Verlusten rechnen müsse, so Beobachter. Wenn die USA und die EU ihre Interessen an kaspischen und zentralasiatischen Ressourcen geltend machen, indem sie Länder wie Turkmenistan, die nur zu bereitwillig die Interessen der übrigen Kaspi-Anrainer ignorierten, zu einer Umgehung Russlands ermuntern, werde dies nur die Gefahr von militärischen Konflikten erhöhen. Es sei damit zu rechnen, dass Russland und der Iran, der den Kreml in dieser Frage unterstütze, mit mehr Militärpräsenz in der Region antworten würden.

Ob sich amerikanische Investoren finden werden, die Geld in Fördertechnik stecken wollen, die sich oft erst nach vielen Jahren amortisieren, bleibt fraglich. Kasachstan hatte auch deutsche Unternehmer gelockt, doch die zögerten. Manuela Rosenthal-Kappi


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