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11.05.13 / Prag täuscht und trickst / Widerstand gegen die Restitution enteigneten Kirchenbesitzes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-13 vom 11. Mai 2013

Prag täuscht und trickst
Widerstand gegen die Restitution enteigneten Kirchenbesitzes

Seit Juli 2012 besteht das tschechische Gesetz zur Rückgabe von enteignetem Kirchenbesitz. Am 1. Januar 2013 trat es in Kraft, zeigte aber bis jetzt keine Wirkung, wofür Petr Stovicek, Chef des Staatlichen Katasteramts, eine karnevaleske Begründung vorbringt: „Oft sind die Dokumente deutsch verfasst, in Schwabacher oder Kurrentschrift, die kaum jemand lesen kann“.

Ähnlich gehe es den Kirchen, so Joel Ruml, Präsident des Ökumenischen Kirchenrats. Sie brächten die für Entschädigungen nötigen Dokumente kaum zusammen, so gehe alles sehr langsam. Dabei ist das Gesetz knapp und präzise: Kirchenbesitz wird rückerstattet, der zwischen dem 25. Februar 1948 und dem 1. Januar 1990 enteignet wurde. In den kommenden fünf Jahren betrifft das Wälder, Äcker und Immobilien im Gesamtwert von 75 Milliarden Kronen (knapp drei Milliarden Euro). Nicht rückgabefähiger Besitz wird finanziell entgolten, wofür der Staat binnen 30 Jahren 59 Milliarden Kronen (2,3 Milliarden Euro) aufbringen wird. Im Gegenzug werden Staatszuwendungen für Kirchenarbeit, Gehälter und so weiter so heruntergefahren, dass „die Kirchen nach 17 Jahren völlig unabhängig von Staat und Staatshaushalt sind“.

Hinter dem Datum 25. Februar 1948, dem Tag der kommunistischen Machtübernahme in Prag, witterte der damalige Staatspräsident Václav Klaus eine Vorlage für die Ansprüche deutscher Vertriebener, denen ab 1945 alles genommen worden war. Premier Petr Necas beruhigte ihn brieflich im September 2012, es gehe um Wiedergutmachung kommunistischen Unrechts, zuvor enteigneter Besitz stehe nicht zur Disposition. Andere, wie der Wiedergutmachungsexperte Tomas Temin, schauen dagegen genauer hin: Natürlich hätten Beneschs „Konfiskationsdekrete“ Nr. 12 und 108/1945 deutschen Ordensgemeinschaften allen Besitz weggenommen, aber damals hätten auch Tschechen gelitten, zumal Enteignungen oft erst in den 1950er Jahren in Grundbüchern eingetragen worden seien. Damaliges Chaos ist bis heute spürbar und „die letzte Entscheidung werden Gerichte fällen müssen“, sagt der Abgeordnete Marek Benda. Vlastimil Tlusty, ehedem Finanzminister, und andere fürchten, dass mit neuen Prozessen alte Ansprüche von Sudetendeutschen auf den Tisch kommen könnten. Der „Kompromiss“, Benesch-Enteignungen seien unter „demokratischen Verhältnissen“ erfolgt, wird brüchig, da tschechische Kirchen bereits 1947 durch die Bodenreform Verluste erlitten. Da helfen auch Propagandalügen nichts, wonach Grundbesitz der katholischen Kirche die Beute von „Hexenprozessen in vorwiegend deutschen Gebieten“ gewesen sei.

Eile ist geboten, denn bis zum 2. Januar 2014 müssen 16 betroffene Kirchen ihre Ansprüche anmelden, damit diese bis Ende 2016 befriedigt werden können. Seit Januar 2013 trafen 156 Anträge auf Rückgabe von 8676 Ländereien und 23 Gebäuden ein. Weitere Forderungen auf 30000 Hektar Acker, 142000 Hektar Wald, 900 Gebäude und weiteren Grundbesitz folgen. Noch wurde kein einziges Grundstück zurück­gegeben. Das Verfassungsgericht berät eine Klage von drei Abgeordneten, in der Politik macht eine linke Koalition gegen die Wiedergutmachung als „Diebstahl des Jahrhunderts“ mobil und der Waldwirtschaft verfallen die Holzpreise, da mit der Restitution von elf Prozent aller Waldbestände die staatlichen Subventionen wegfallen. W.O.


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