25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.05.13 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Asozial / Was uns Gauck vom Müllhaufen der Unwörter mitbringt, was wir wirklich von den Reichen wollen, und wie wir echten Ganoven helfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-13 vom 11. Mai 2013

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Asozial / Was uns Gauck vom Müllhaufen der Unwörter mitbringt, was wir wirklich von den Reichen wollen, und wie wir echten Ganoven helfen

Bums – und raus bist du! Raus aus der Gesellschaft, dem Volk, der Gemeinschaft der Leute, denen man die Hand gibt. Bundespräsident Joachim Gauck, den wir anfangs mit einem Freund der Freiheit verwechselten, hat Uli Hoeneß in der Gosse der Ausgestoßenen versenkt. Er sei „asozial“.

Das Wort hatten wir fast vergessen. Oder besser gesagt: Wir hatten es auf den stinkenden Haufen der Unwörter gekippt, wo es zusammen mit „Untermensch“ und „Klassenfeind“ auf ewig modern sollte.

Im Nationalsozialismus waren „Asoziale“ all die, die nicht ins Bild vom anständigen Volksgenossen passten. In der DDR hatte das Wort eine ähnliche Bedeutung, auch wenn die Konsequenzen für den so Etikettierten nicht so furchtbar waren wie im NS-Staat. In der jungen Bundesrepublik hatte man mit dem braunen Desaster im Rücken und dem roten vor Augen jedenfalls erst mal die Nase voll von dem Wort oder genauer gesagt: einen feinen Riecher dafür, was damit angerichtet werden kann.

Aus, vorbei. Der Bundespräsident höchstselbst hat im müffelnden Misthaufen gewühlt und den „Asozialen“ wieder hervorgezogen (mal sehen, welche Vokabel er als Nächstes da wieder rauszieht). Allerdings hat sich der Gebrauch ein wenig geändert: Heute sind Leute „asozial“, die dem immer gierigeren Staat ein Schnippchen schlagen wollen. Und nicht Gewaltkriminelle, Vergewaltiger oder ähnliches. Also aufgepasst: Wer einen jugendlichen Intensivtäter, der schon drei Dutzend unschuldige Menschen im Alter von neun bis 99 ins Krankhaus geprügelt hat, „asozial“ nennt, der hat ein Donnerwetter zu erwarten. Der Schläger ist nämlich ein „Produkt unserer Gesellschaft“, und – sofern seine Wurzeln im südlichen Ausland liegen – das „Ergebnis fortgesetzter Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen“ Er ist (mindestens!) ebenso Opfer wie seine Opfer. Wer so jemanden „asozial“ nennt, der macht sich schwerer Diskriminierung schuldig.

In der Auswahl dessen, was ein Staat in den Schlund der Verdammnis schleudert und was er eher mit Nachsicht behandelt, drückt er aus, was ihm wichtig ist. Gut, natürlich ist man auch erschüttert, wenn jemand in der U-Bahn totgeschlagen wird. Aber so richtig ernst wird es erst, wenn die Regierung das Geld nicht bekommt, das sie sich per Gesetz zugedacht hat. Dies lernen wir aus Gaucks moralischer Hoeneß-Hinrichtung.

Die Mehrheit des Volkes hat der Präsident womöglich hinter sich. 72 Prozent der Deutschen wünschen sich, dass die „Reichen“ stärker besteuert werden. Weisere Kritiker schütteln entnervt den Kopf vor solchen Zahlen. Sie fragen sich, ob die Leute denn nicht merken, dass das mit der stärkeren „Reichenbesteuerung“ nur eine Finte ist. Dass am Ende bei solchen Manövern immer die breite Mittelschicht dran ist, spätestens nach ein paar Jahren „kalter Progression“.

Andere gehen noch tiefer und wollen wissen, wann und wo es in der Geschichte den Armen jemals besser ging, weil man den Reichen das Fell über die Ohren gezogen hatte. Antwort: Niemals und nirgends, am Ende waren sogar die Ärmsten nur noch ärmer.

Venezuela war noch vor gut zehn Jahren im Vergleich zu seinen Nachbarn geradezu stinkreich. Dann kam Hugo Chávez, brachte die sozialistische Gerechtigkeit mit und machte seinen Staat zum neuen Traumland der internationalen Linken. Heute liegt das ölreiche Venezuela komplett am Boden und muss das Ausland um Lebensmittel anbetteln.

Ja, ja – das sind ja alles wunderbare Einwände. Aber leider haben uns die Klugschwätzer, die sie immer wieder vorbringen, einfach nicht verstanden. Was machte das verärgerte Volk zu allen Zeiten, wenn es den Palast gestürmt hatte, um die Maden im Speck auszuräuchern? Hat die wutentbrannte Masse der Armen und Geknechteten die vorgefundenen Preziosen etwa feinsäuberlich in Holzwolle gepackt und vorsichtig durchs Schlossportal davongetragen? Blödsinn: Sie haben alles kurz und klein gekloppt, die Seidenbetten aufgeschlitzt, die Scheiben eingeworfen und das Porzellan zerdeppert.

Es kommt uns nämlich gar nicht so darauf an, dass es uns selbst besser geht. Viel mehr Wonne bereitet uns die Aussicht darauf, dass es den Reichen, auf deren Wohlstand, deren tolle Klamotten und glamouröses Leben wir so lange mit so viel Neid blicken mussten, dass es denen einfach auch mal schlecht geht, richtig schlecht.

Und wenn sie trotzdem reich bleiben, wie dieser Hoeneß, sollen sie wenigstens leiden unter der öffentlichen Bloßstellung. Das hat doch was, einen prominenten Multimillionär von nun an ungestraft als „Asozialen“ verhöhnen zu dürfen, wenn man beim Gespräch mit dem Maler, der einem gerade für „bar auf die Kralle“ die Wohnung macht, auf Herrn Hoeneß und die reichen Säcke kommt, die ganz fies die Steuern hinterziehen.

Aus diesem Grunde ist es uns auch nicht so wichtig, was die Politiker mit dem Geld eigentlich machen. Gut, über Stuttgart 21, die von den Politikern grottenhaft ausgehandelten Verträge zur Elbphilharmonie oder das Fiasko um den Berliner Flughafen ärgern wir uns schon manchmal. Aber egal: Hauptsache, die müssen bluten. Da stört es nicht einmal, wenn die Staatsbeamten sich dafür mit Kriminellen verbünden und denen Millionen zahlen für in der Schweiz gestohlene „Steuer-CDs“.

Apropos: Haben die CD-Diebe und Hehler die Einnahmen aus den Deals mit dem deutschen Fis­kus eigentlich korrekt versteuert? Die Frage hat, wenn wir uns recht entsinnen, noch gar niemand gestellt. Vermutlich weil sie so lächerlich ist: Selbstverständlich haben sie das nicht getan! Seit wann zahlt die Unterwelt Steuern? Da halten wir uns lieber an Wurstfabrikanten oder bekannte Kunstmaler wie den nun ebenfalls der Steuerhinterziehung verdächtigen Georg Baselitz.

Schon verblüffend: Fabrikanten haben wir früher respektiert und Diebe verachtet. Heute ist der Dieb ganz offiziell Gehilfe und Geschäftspartner unseres Staates, während der Fabrikant in der Hölle unserer überlegenen Moral schmort.

Bisweilen muss die überlegene Moral allerdings ziemlich spitze Haken schlagen, um nicht aus der Spur zu fliegen. Nur langsam dämmert in der Debatte über Steuerhinterziehung eine Sache herauf, bei der wir uns bislang moralisch ganz und gar auf der richtigen Seite wähnten. Bislang sollen sich Menschen mit ausländischen Wurzeln, die hier geboren sind, nach einer Frist entscheiden, ob sie die deutsche Staatsbürgerschaft behalten wollen oder die ihrer Eltern. Beide beizubehalten soll nur in eigens begründeten Ausnahmefällen erlaubt sein.

Für jeden Multikulti-Visionär ist diese Regelung, die sogenannte „Optionspflicht“, eine rassistische Zumutung. Schon vor vielen Jahren sagte einer von ihnen, ideal seien nicht einmal zwei Staatsbürgerschaften, sondern am besten drei, vier oder gar fünf. Auf diese Weise würde es nämlich irgendwann überhaupt keine Völker mehr geben, sondern nur noch Weltbürger.

Nicht recht bedacht wurde bislang, was ein richtig professioneller Steuerhinterzieher aus solchen Möglichkeiten basteln könnte. Also nicht so ein wurstmachender Fußballfunktionär mit Zockerkonto in den Alpen, sondern einer, der das richtig drauf hat, der sich ein weltumspannendes Netz von Tarnfirmen knüpft, in dem sich selbst der schlaueste Fahnder verlieren muss.

Mit einem ganzen Strauß von (echten!) Pässen in der Tasche könnte der seine Masche zu nie erreichter Perfektion treiben. Aber so ist das eben: Dem ansonsten gesetzestreuen Bürger verzeihen wir keinen Fehltritt, es sei denn, wir sind es selbst. Dem ausgebufften Großganoven schlagen wir mit dem geforderten Multipass hingegen sogar noch einen weiteren Fluchtweg frei.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren