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18.05.13 / Sprich bloß nicht von Krieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-13 vom 18. Mai 2013

Sprich bloß nicht von Krieg
von Harald Tews

Von John Cleese, dem Darsteller der britischen Comedy-Gruppe Monty-Python, stammt das geflügelte Wort „Don’t mention the war“ – „Erwähne nie den Krieg“, wenn man mit Deutschen spricht. Eigentlich eine simple Regel, reagiert man hierzulande doch immer empfindlich, wenn Vergleiche mit Panzern, Blitzkriegen oder Gas­kammern angestellt werden.

Doch warum hält sich keiner an die Regel, warum treten ständig Politiker und jetzt auch Regisseure in diesen Riesen-Fettnapf? An der Düsseldorfer Rheinoper hat jüngst eine Aufführung von Richard Wagners „Tannhäuser“ zu einem Eklat geführt, weil Regisseur Burkhard Kosminski den Venusberg in eine Gaskammer verlegt hatte. Dabei mutierte die Liebesgöttin zu einer KZ-Aufseherin und Tannhäuser trat in NS-Uniform mit Hakenkreuz auf. Höhepunkt war eine brutale Erschießungsszene. Im Anschluss daran wurde einigen Premieren­gästen so speiübel, dass sie ärztlich versorgt werden mussten. Intendant Chris­toph Meyer zog daraufhin die Notbremse und setzte die Skandal-Inszenierung ab. „Tannhäuser“ wird seitdem nur noch konzertant aufgeführt.

Die Frage ist, warum Meyer nicht schon früher reagiert hat. Er hätte die Abnahme der Generalprobe verweigern und die Premiere verschieben müssen. So hat man für negative Schlagzeilen gesorgt, die wieder einmal den verkrampften Umgang mit der NS-Geschichte bestätigen. Wenn die Bewältigung nicht mit Pfiff und subtilem Humor gelingt – man denke an Roberto Benignis oscargekröntem Film „Das Leben ist schön“ –, dann wird mit dem Holzhammer draufgehauen, während man mit der anderen Hand, das „dumme“ Volk belehrend, den Zeigefinger hebt.

Und natürlich hat sich Kosminski, der sonst als Schauspieldirektor in Mannheim tätig ist und fürs Fernsehen so seichte Vorabendserien wie „Marienhof“ oder „Unser Charlie“ gedreht hat, mit Wagner ein leichtes Opfer ausgesucht. Es ist einfacher, Wagner-Opern durch den Kakao zu ziehen, an denen wegen Bayreuth bereits die braune Soße klebt, als beispielsweise Mozart oder Verdi, die schwerer vom Sockel zu heben sind. Die Gas­kammern hätten auch im Freimaurertempel der „Zauberflöte“ oder in der Grabkammer von „Aida“ Platz finden können. Aber da traut sich keiner heran.

Bei „Tannhäuser“ sollte auf primitive Art geschockt und provoziert werden. Wer das noch als künstlerische Freiheit verteidigt, der lässt es zu, dass der Blasphemie künftig kein Einhalt mehr geboten wird. Man darf kritische Fragen stellen, aber darf man auch die Gefühle des Publikums verletzen?

Dass Wagner-Musik prima als Effekthascherei zweckentfremdet werden kann, zeigte Francis Ford Coppolas Film „Apocalypse Now“ von 1979, in dem ein Hubschrauberangriff im Vietnamkrieg mit dem „Walkürenritt“ unterlegt ist. Aber Hände weg vom Zweiten Weltkrieg!


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