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18.05.13 / Die Marjellchen und Lorbasse vom Plachandertreff / Eine kleine »Ostpreußische Familie« in Parchim

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-13 vom 18. Mai 2013

Die Marjellchen und Lorbasse vom Plachandertreff
Eine kleine »Ostpreußische Familie« in Parchim

Sie sind nicht zu überhören, die älteren Damen und Herren im Café Würfel in Parchim Ecke Putlitzer Straße/Scharnhorststraße. Und es ist auch nicht zu überhören, dass das Idiom ihrer regen Gesprächstätigkeit nicht nach Mecklenburg weist, sondern in östliche Richtung: nach Ostpreußen. Nicht umsonst haben die Gründerinnen dieser lebhaften Runde ihr einmal im Monat stattfindendes Zusammensein „Plachandertreff“ betitelt.

Das war vor nunmehr 13 Jahren, und diesem Namen sind sie bis heute treu geblieben. Auch auf dem nun 155. Treffen wird geschabbert wie tohuus, werden alte Erinnerungen wach, wird an die Heimat gedacht, den vorgetragenen Geschichten und Gedichten gelauscht und das Ostpreußenlied gesungen. Nun gut, das geschieht auf allen Treffen, aber dieses in Parchim fällt doch aus dem Rahmen, weil es das zwanglose Zusammenfinden von Landsleuten ist, das sich lediglich an einem festen Termin orientiert: Der dritte Donnerstag in jedem Monat ist eingeplant für das Plachanderstundchen im Cafe Würfel. So wurde es von einer Handvoll vertriebener Landsleute beschlossen, als im Frühling des Jahres 2000 die BdV-Gruppe in Parchim aufgelöst wurde. Der Mitgliederkreis hatte sich gelichtet, die Zeit forderte wie überall ihren Tribut. Das war schmerzlich besonders für die Vertriebenen, die nach der „Wende“ froh gewesen waren, endlich über ihre Heimat reden und gemeinsame Erinnerungen austauschen zu können.

Zwei resolute Ostpreußinnen, Charlotte Meyer und Erika Gode, beschlossen: Dann machen wir eben alleine weiter! Sie legten jeden dritten Donnerstag im Monat als Festpunkt für ein „Plachanderstundchen“ fest und gaben auch nicht auf, als zum ersten Treffen im Café Scholz lediglich fünf Landsleute erschienen. „Aber dann mussten von Treffen zu Treffen immer mehr Gedecke aufgelegt werden“, so berichtete kürzlich eine Lokalzeitung über die 150. Plachanderrunde in Parchim. Seitdem ist die Gruppe weiter angewachsen, so dass zu den letzten Treffen rund 30 Frauen und Männer kamen, aus Parchim und Umgebung, aber auch aus entfernten Ortschaften.

Der Geräuschpegel steigt also weiter an, vor allem, wenn die Stimmung sehr heiter wird. Denn auch gute Laune als Kraftspender für den manchmal schwierig gewordenen Altersalltag will man hier auftanken, und da sind es vor allem die Vorträge von Werner Preß aus dem benachbarten Grambow, die jedes Treffen bereichern. Der Masure ist unermüdlich im Verfassen von Gedichten und Geschichten über Masuren und seine Menschen, erweckt immer wieder Erinnerungen an eine glückliche Kindheit in der Geborgenheit von Heim und Heimat. Er vermittelt sie seinen Schicksalsgefährten und widmet ihnen auch oft persönlich bezogene Verse. „Wir sind eben eine richtige ostpreußische Familie“, sagt der frühere Vertriebsstellenleiter, der nun ganz in der von ihm selbst gewählten Altersaufgabe aufgeht. Der Name Preß hat bei uns Ostpreußen einen guten Klang: Werners älterer Bruder Hans-Jürgen Preß wurde als Zeichner und Cartoonist berühmt, seine Bücher wurden in über 50 Sprachen veröffentlicht. Beim Ostpreußenblatt war der aus amerikanischer Gefangenschaft Heimgekehrte einer der Illustratoren der ersten Stunde. Seine große Kraftquelle war die Natur, deren Geheimnisse die Brüder in der Wald- und Wasser-Weite um ihr Heimatdorf Klein Konopken/Waldfließ auf ihren Streifzügen entdeckten und erforschten. Wurden sie für Hans Jürgen Press zur Basis seines künstlerischen Schaffens, so bestimmten und bestimmen sie noch immer die Lyrik des „Hobby-Dichters“ Werner Preß, dessen Schaffensfreude keine Altersgrenze kennt. Er konnte ja auch erst spät mit seinen Hymnen an die verlorene Heimat beginnen, denn in der DDR wäre das unmöglich gewesen. So begann er nach der Wende seine Liebe zu Masuren in Worte zu fassen, aber dann umso eifriger. Die „lieben Marjellchen und Lorbasse des Plachandertreffs“, wie der Mitachtziger gerne seine erwartungsvollen Zuhörer anredet, können sich ihre Runde nicht mehr ohne die Gedichte und Geschichten vorstellen, die der 85-Jährige in jedes Plachanderstundchen einbringt. Und immer wieder spielt in ihnen Masuren eine Rolle, denn es ist auch die Heimat seiner Frau. Edith Press stammt aus Freidorf bei Neidenburg, und natürlich hat er auch zur Erinnerung an ihre dort so glücklich verlebte Kindheit am Flüsschen Neide ein Gedicht verfasst. Es wäre aber zu kurz gegriffen, wenn man Werner Preß nur als „Hobbydichter“ bezeichnen würde. Er zeigt sich auch in seinen Prosabeiträgen als ein treuer Chronist seiner Heimat, vor allem in seinen Erinnerungen an die Jugendjahre in Lötzen und Waldfließ. Wobei ihm sein Heimatdorf eine Steilvorlage für seine Verse liefert, denn Waldfließ reimt sich ja so gut auf „Paradies“. Herzliche und heimatliche Grüße an die „kleine ostpreußische Familie“ von der „großen Ostpreußischen Familie“ zu ihrem nächsten Plachandertreff in Parchim! R.G.


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