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18.05.13 / Lady von der traurigen Gestalt / Catherine Ashton enttäuscht als EU-Außenbeauftragte und als Chefin des Europäischen Auswärtigen Dienstes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-13 vom 18. Mai 2013

Lady von der traurigen Gestalt
Catherine Ashton enttäuscht als EU-Außenbeauftragte und als Chefin des Europäischen Auswärtigen Dienstes

Nicht nur ein interner Bericht des EU-Parlaments attestiert der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton eine schlechte Bilanz, auch die EU-Mitgliedsstaaten sind unzufrieden. Die Unzufriedenheit ist sogar derart groß, dass die EU sich auf einen Schritt bezüglich des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) geeinigt hat, der sonst in Brüssel undenkbar ist: eine Generalrevision samt Reform.

Wenn es nach ihrem Sprecher geht, dann ist die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik ein hochemotionaler Mensch. Mal ist Lady Ashton „erschrocken“, „beunruhigt“, „besorgt“, aber auch voll des Lobes und „erfreut“. Sehen tut man davon jedoch nur wenig, denn das Mienenspiel der 1999 wegen ihres friedensbewegten und sozialen Engagements geadelten Baroness Ashton of Upholland ist sehr überschaubar bis nicht existent. Allerdings wird auch die Bilanz der Arbeit der 1956 geborenen britischen Labour-Politikerin in ihrer Funktion als EU-Außenbeauftragte als überschaubar bezeichnet.

Immerhin konnte Ashton Mitte April ein Erfolgserlebnis verbuchen. Als „historischer Coup“, der auf ihrem Verhandlungsgeschick und ihrer Ausdauer basiert, wurde das Abkommen zwischen dem Kosovo und Serbien in den Medien gefeiert. Serbien hatte sich endlich mit dem Kosovo, das sich 2008 von Serbien losgesagt hatte, auf gemeinsame Punkte einigen können. Ashton hatte sich dafür zehnmal mit dem Kosovaren Hashim Thaci und dem Serben Ivica Dacic getroffen, einige der Treffen dauerten über 14 Stunden. Doch derzeit zeichnet sich ab, dass die Einigung nicht das Papier wert ist, auf dem sie steht, denn Verhandlungspartner haben über den Kopf der im Nordkosovo lebenden Serben hinweg deren Schicksal beschlossen. Das wollen diese nicht hinnehmen, drohen mit Widerstand und haben sich sogar hilfesuchend an den Kreml gewandt (siehe Meldung oben links).

Abgesehen von diesem kleinen Beinahe-Erfolg hagelt es für Ashton nur Kritik und zwar von allen Seiten über all ihre Funktionen. Egal ob als EU-Außenbeauftragte, Chefin des EAD oder Vizepräsidentin der EU-Kommission; in allen Fällen wirft man ihr vor, keine Visionen zu haben und wenig ambitioniert zu sein. Zwar hatten sich die EU-Mitgliedsstaaten für Ashton als EU-Außenbeauftragte entschieden, weil für sie die wenig charismatische Britin der kleinste gemeinsame Nenner war, auf den man sich einigen konnte, doch hatte man erwartet, dass sie wenigstens eine fleißige Arbeiterin sei. Aber selbst das Alltagsgeschäft arbeitet sie nur unbefriedigend ab. Zwar hat Ashton angesichts der vielen Kritik schon langfristig Konsequenzen gezogen und angekündigt, im Sommer 2014 nicht erneut für ihre Ämter zur Verfügung zu stehen, aber bis dahin ist es noch ein Jahr.

Nachdem die EU-Außenminister im März etwas beschlossen haben, was für Brüssel schon einer Revolution gleich kommt, nämlich eine Generalrevision des EAD mit einer dazugehörigen Reform, lieferte das EU-Parlament im April Schützenhilfe. In einem internen Parlamentsbericht wird die Unzufriedenheit am EAD detailliert in Worte gefasst, so dass sich hieraus theoretisch, so Brüssel denn wirklich will, die ersten Reformen erarbeiten lassen. So wird der erst Ende 2009 gegründeten EU-Behörde vorgeworfen, sie sei viel zu kopflastig. Vor allem in der 1500 Mitarbeiter umfassenden Zentrale in Brüssel gebe es zu viele Direktoren auf zu wenig Untergebene, wobei bei ganz vielen Stellen, aber auch ganzen Abteilungen nicht eindeutig sei, was eigentlich der jeweilige Aufgabenbereich sei. Aber nicht nur die Aufgabenbereiche, auch die Entscheidungswege sind nebulös, was zu Doppelstrukturen und langen Reaktionszeiten führe. Hilfsorganisationen hätten sich schon mehrfach darüber beklagt, dass, wenn sie mit einem Anliegen an den EAD herantreten, sie dort keinen Ansprechpartner finden würden, da einfach nicht geklärt sei, wer in der Behörde was entscheiden dürfe. Hatten sich vor allem kleinere EU-Staaten erhofft, der EAD würde in seinen Außenstellen in bisher immerhin 140 verschiedenen Staaten den EU-weiten

Konsulardienst übernehmen, damit EU-Bürger auch im Ausland im Notfall einen Pass, ein Rückflug- ticket oder Rechtsbeistand erhalten können, so ist dies noch nicht einmal geplant. Was die 2000 EAD-Diplomaten im Ausland genau machen, ist daher ungewiss. Denn da es Ashton selten gelingt, die 27 EU-Staaten auf eine einheitliche Position einzuschwören, spricht weiterhin jedes Land mit einer eigenen Stimme. Die EAD-Diplomaten beklagen, sie seien zudem schlecht informiert, da weder Brüssel noch die Kollegen vor Ort in den nationalen Botschaften der EU-Mitgliedsstaaten sie mit Informationen beliefern würden. Und so sitzen sie in den jeweiligen Hauptstädten, wissen von nichts, können nichts Offizielles aus Brüssel verkünden – und sind zum Teil trotzdem eine Fehlbesetzung.

„Ein Flugzeug ohne Flügel fliegen, gleichzeitig fliegen und die Tragflächen bauen. Nun, da wir das Flugzeug haben, müssen wir sicherstellen, dass es tatsächlich fliegen kann“, beschrieb Ashton vor wenigen Wochen selbst den Aufbau des EAD. Wenig später sagte sie: „Es gibt Menschen, die Dinge“ mit dem EAD „machen können, die ich wahrscheinlich nicht machen kann“. Doch egal ob nun der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski, Schwedens Chefdiplomat Carl Bildt oder jemand ganz anders im nächsten Jahr Ashtons Job übernimmt, selbst mit einem von Grund auf neu strukturierten EAD dürfte er an einem Aspekt scheitern: der Unfähigkeit der derzeit 27 Mitgliedsländer, sich auf eine gemeinsame Außenpolitik zu einigen. Merkwürdigerweise sind die nationalen Hauptstädte bereit, in vielen sensiblen Themen ihre Hoheitsrechte an die EU abzugeben, doch bei der Außenpolitik folgen sie alle ihren jeweiligen historisch gewachsenen Interessen. Grundsätzlich wäre dagegen nichts einzuwenden, doch dann muss man sich keinen teuren, überflüssigen EAD mit über 3500 Mitarbeitern nebenbei leisten. Rebecca Bellano


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