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01.06.13 / Linksruck zum Jubiläum / SPD: Linker Flügel bestimmt Kandidaten der Hauptstadt zur Bundestagswahl

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-13 vom 01. Juni 2013

Linksruck zum Jubiläum
SPD: Linker Flügel bestimmt Kandidaten der Hauptstadt zur Bundestagswahl

Berlins SPD-Landesspitze rückt nach links. Der als Nachfolger von Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gehandelte Parteilinke Jan Stöß besetzt gegen die bisherige Praxis freier Abstimmung die ersten acht Plätze der SPD-Landesliste zur Bundestagswahl vorab, und zwar vorwiegend mit Parteilinken.

Am vorvergangenen Mittwoch stimmte der Landesvorstand mit einer Mehrheit von 21 gegen zwei Stimmen bei zwei Enthaltungen der neuen Liste zu – grünes Licht für den Linksruck per Liste. Der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß und der SPD-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus Rahed Saleh werden bereits als „Wowereits Erben“ („Berliner Morgenpost“) gehandelt. Der Noch-Bürgermeister ist nach dem BER-Desaster schwer angeschlagen. Bei der jüngsten Stippvisite des neuen, noch ungekürten Führungsduos vom linken Flügel in Wien informierten sich beide über den sozialen Wohnungsbau. Das Signal war klar: Einer von beiden ist bald Bürgermeister einer auf soziale Themen zentrierten Berliner SPD. Zwar sitzt Wowereit offiziell bis 2016 im Amt, doch die übliche Amtsübergabe vor dem Wahltermin kann nicht mehr fern sein, so das Kalkül der zwei. Die SPD muss rechtzeitig einen Nachfolger küren, denn infrage kommende Kandidaten sind dem Wähler eher unbekannt, der Zorn auf Wowereit indes groß. Zudem birgt die große Koalition das Risiko eines vorzeitigen Ausstiegs des Partners CDU. Und so braucht die SPD neue Führungsgesichter, als die Wowereit Stöß und Saleh schon mit einem gemeinsamen Positionspapier geadelt hat.

Stöß droht nun Saleh ganz ohne den befürchteten Machtkampf links zu überflügeln. Den galt es zu meiden, stützen sich doch beide auf beinahe deckungsgleiche SPD-Kreise. Andererseits ist die SPD-Linke aktiver denn je: In der „Berliner Linken“ (BL) organisiert, versteht sie sich als „Teil der organisierten SPD-Linken auf Bundesebene (Forum DL/21)“. Stöß ist offiziell Sprecher der BL. Und die neue Linksausrichtung bringt die SPD auf Bundesebene bereits der Linkspartei näher. Die kündigte an, Peer Steinbrück als SPD-Kanzlerkandidaten bei einer Aufhebung der Agenda 2010, also der SPD-Sozial- und Arbeitsmarktpolitik der Kanzlerzeit Gerhard Schröders (SPD), zu unterstützen.

Für das Land Berlin ließe sich mit dem Aufstieg der SPD-Linken eine noch größere rot-rote Schnittmenge schaffen: Gegen Rente mit 67, für die Vermögenssteuer sowie höhere Unternehmens- und Erbschaftssteuern. All das, erweitert um soziale Wohnungspolitik, schwebt auch den Spree-Linken der SPD vor. Die Kandidatenliste vereint nun die Fäden in Stöß’ Händen, stiftet er doch den Kompromiss für das gemeinsame Auftreten der Berliner SPD bei der Bundestagswahl im Herbst. Der Verwaltungsrichter bezog dabei bewusst umstrittene Parteifreunde ein.

So steht Klaus Mindrup, der gern als linker Öko-Sozialist auftritt, für Pankow auf der Liste. Die „Prenzelberger Stimme“ legt ihm zur Last, in Mecklenburg als Investor mit Geschäftsfreunden wenig an der Umwelt interessiert gewesen zu sein. Gut 26 Hektar Land wurden demnach aus einem Naturschutzgebiet herausgelöst, nachdem Mindrups Freunde dort investieren wollten. Er selbst wirbt jetzt für seine Kandidatur zum Bundestag mit Geschäften aus der Zeit um 1995. „Also genau in jenem Jahr, in dem Klaus Mindrup mit seinen Firmen GeLaTec und Ilex Pleite ging“, so die Internetpublikation. Das angeschlagene Bild vom linken Macher hindert Mindrup nicht, sich einen Platz als Bundestagskandidat zu sichern. Bei der Direktkandidatenwahl in Pankow machte der Stöß-Mann jetzt das Rennen gegen die bundespolitisch erfahrenere Leonie Gebers, obwohl sich die Basis zuvor in einer Befragung genau anders entschieden hatte. Gebers war als Repräsentantin der Bürgerlichen allerdings chancenlos. Mindrup hingegen hatte im Januar bereits den Alt-Linken und Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse aus dem Rennen geworfen. Thierse nahm so nicht einmal am Entscheid um den Bundestagskandidatenplatz teil – gut für Stöß.

Auch sonst stehen auf Stöß’ Liste Linke, die im Bündnis mit ihm aufsteigen oder ihren Platz halten: Allen voran wird die Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss, Eva Högl, als „gläserne Abgeordnete“ (Eigenjargon) die Liste der SPD-Kandidaten anführen. Die als rau im Umgang geltende ehemalige Frauenbeauftragte der Charité, Mechthild Rawert, tritt für Tempelhof-Schöneberg an und ist ebenfalls eine Linke. Die Vorstandsreferentin bei Volkswagen Cansel Kiziltepe steht für Friedrichshain-Kreuzberg auf der Liste. Die unter anderem von der AG Migration Vorgeschlagene gibt den jüngst verstorbenen linken SPD-Sozialpolitiker Ottmar Schreiner als „Ziehvater“ an. Den Rechtspolitiker Fritz Felgentreu aus Neukölln nahm Stöß in seine Liste, weil er an dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der Berliner SPD kaum vorbei konnte. Neben Swen Schulz (Spandau/Charlottenburg Nord) ist er der einzige Nicht-Linke. Die Friedensaktivistin Ute Finckh-Krämer folgt auf Platz 7 und auf Platz 8 tritt Matthias Schmidt, Verwaltungsbeamter und Bezirkspolitiker aus Treptow-Köpenick, dort für die SPD gegen Gregor Gysi („Die Linke“) an. Schmidt hatte zuvor im Bezirk Reinhold Robbe, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und Kandidat des rechten Flügels, hinter sich gelassen. Sverre Gutschmidt


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