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01.06.13 / Zahnloser Tiger / Friedensmissionen: Seit 65 Jahren entsendet die Uno Blauhelme in Krisengebiete

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-13 vom 01. Juni 2013

Zahnloser Tiger
Friedensmissionen: Seit 65 Jahren entsendet die Uno Blauhelme in Krisengebiete

Der afrikanische Kontinent wird immer wieder von blutigen Konflikten geschüttelt und wird so zum Demonstrationsobjekt, wie wenig die UN-Friedenssicherung auszurichten vermag. Unlängst forderte Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon beim Sicherheitsrat in New York die Entsendung von weiteren 1126 Soldaten für die seit Jahren krisengeschüttelte Grenzregion Abyei im Südsudan an. 4000 Blauhelme sind dort bereits stationiert, doch das Morden geht trotzdem weiter.

Der sogenannte Ausrottungsfeldzug im Südsudan forderte von 1955 bis 1972 rund eine Million Tote, der Massenmord in Biafra von 1967 bis 1970 zwei Millionen, die Kriege im Kongo von 1960 bis 1964 und der grauenvolle Völkermord von April bis Juni 1972 kosteten allein 100000 Opfer. Es brodelte in Uganda, an der Elfenbeinküste, es herrscht Krieg in Somalia und Piraten verseuchen Afrikas Ost- und zunehmend auch Westküste, in Nigeria morden Islamisten. Die Liste scheint endlos. Und der Einsatz der Uno-Soldaten in diesen Gebieten ist manchmal nur ein Ausdruck von Hilflosigkeit, wie etwa an der Elfenbeinküste, wo 8000 Blauhelme 2011 ohnmächtig zuschauten, wie sich verfeindete Parteien gegenseitig niedermetzelten. In Darfur mordeten und vergewaltigten die Milizen trotz einer Repräsentanz von zeitweise bis zu 26000 Soldaten weiter. Denn die Blauhelme dürfen bei ihren „Peacekeeping Operations“ nur begrenzt Gewalt anwenden (Kapitel IV der UN-Charta). Demnach ist sie nur erlaubt, wenn die Truppe selbst attackiert wird.

Grund dafür sind rechtliche und praktische Probleme. Was die Soldaten und Polizisten wirklich dürfen, hängt vom jeweiligen konkreten Mandat ab, das ihnen vom Sicherheitsrat erteilt wird. Zu den Aufgaben zählen beispielsweise das Überwachen von Wahlen, das Räumen von Minen, die Beobachtung von Konflikten wie auf den Golanhöhen zwischen Israel und Syrien, die Ausbildung lokaler Sicherheitskräfte und der Schutz von Zivilisten. Gerade aber das gelingt oft nur ungenügend.

Gegenwärtig sind weltweit 112000 Blauhelme bei 19 Friedensmissionen in Aktion. Insgesamt gab es 65 solcher Missionen. Erstmals erfolgte 1948 ein Einsatz unbewaffneter Militärbeobachter im notorischen Dauerbrandherd Palästina. 1956 im Gefolge der Suezkrise wurde dann eine bewaffnete Truppe ins Feld geschickt. Im Krisengebiet Kaschmir zwischen Indien und Pakistan befindet sich die Uno im Dauereinsatz, ohne den Konflikt lösen zu können.

Trotzdem verloren zahlreiche Soldaten bei den Einsätzen ihr Leben. So wurden bis 2009 etwa 2500 Mitglieder von Friedensmissionen getötet. Immer wieder kommt es, wie jetzt an den Golanhöhen, auch zu Entführungen und Geiselnahmen.

Die Armen sterben und die Reichen zahlen, so lässt sich die derzeitige UN-Politik deuten. Bangladesch hat 8826 Soldaten im Einsatz, Pakistan 8521, Indien 7812, Äthiopien 6514, Ruanda 4695, Nigeria 4741, das winzige Nepal 4456, Ghana 2829, die Bundesrepublik Deutschland 300. Die Kosten tragen mit 27 Prozent die USA, mit 12,5 Prozent Japan, knapp unter oder über acht Prozent Großbritannien, Deutschland und Frankreich, die Militärmacht China nur 3,9 Prozent.

Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit sieht das Hauptproblem nicht bei den UN und ihren Blauhelmen, sondern beim Egoismus der UN-Mitgliedsstaaten: „Man darf die Uno nicht daran messen, was sie theoretisch kann, sondern daran, was man sie machen lässt.“

Der Haupteffekt des Einsatzes ist im besten Fall ein deeskalierender. Damit wurden auch Erfolge erzielt, etwa in Ost-Slawonien oder in Osttimor. In diesen Fällen erwiesen sich die Blauhelme als brauchbares Instrument des Krisenmanagements – allerdings kein perfektes. Soll in Zukunft eine Wirkung erzielt werden, sind dringend Reformen notwendig. J. Feyerabend


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