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01.06.13 / Authentizität gefährdet / Haus Doorn soll in ein Museum über den Ersten Weltkrieg umgewandelt werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-13 vom 01. Juni 2013

Authentizität gefährdet
Haus Doorn soll in ein Museum über den Ersten Weltkrieg umgewandelt werden

Die befürchtete Schließung des Hauses Doorn steht nun wohl doch nicht bevor. Es soll stattdessen im Grunde zu einer Ausstellung über den Ersten Weltkrieg umfunktioniert werden. Das Schloss in der Nähe der niederländischen Stadt Utrecht, in dem der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. von 1920 bis zu seinem Tod 1941 im Exil gelebt hat, bekam von der niederländischen Regierung seit Anfang dieses Jahres nur noch die Hälfte der jährlichen Subvention zugesprochen. Das sollte jedoch nicht reichen, um es weiterhin als für Besucher öffentlich zugängliches Museum zu betreiben. Die Hälfte des Personals inklusive des Direktors musste aus Kostengründen bereits entlassen werden und damit schien das Ende des Museums so gut wie besiegelt. Doch den Niederländern liegt die Einrichtung sehr am Herzen. Es fanden sich 150 Freiwillige, die als ehrenamtliche Mitarbeiter tätig sein wollen und die Besucherführungen und Pflege des Anwesens mit seinen weitläufigen Parks übernehmen.

Inhaltlich werde sich aber einiges ändern, so der kommissarische Verwalter Herman Sietsma. Bislang war Haus Doorn eine sehr originalgetreue Ausstellung über den letzten Wohnsitz Kaiser Wilhelms II. mit nur wenigen Veränderungen, um ihn besuchertüchtig zu gestalten. Nach der Konzeptänderung soll es vor allen Dingen Ausstellungen über den Ersten Weltkrieg geben, um laut Sietsma die „Zeitgeschichte erfahrbar zu machen“. Dadurch werden mehr Besucher als zurzeit jährlich etwa 25000 erhofft, da die Ausstellung ein allgemeineres Thema darstellt. Es ginge vor allen Dingen um die Darstellung der Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf unser heutiges Europa und um die Auseinandersetzung mit europäischen Werten wie Toleranz, Freiheit und Demokratie, wie sie sich während der Zeit des Ersten Weltkrieges bildeten. Finanziell unterstützt wird das Projekt unter anderem von der deutschen Botschaft. Zusätzlich sind Wander­ausstellungen und Lehrbriefe als Bildungsmaterial für niederländische Schulen geplant, um während der europaweiten Gedenkjahre von 2014 bis 2018 besonders vielen Menschen aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges vor Augen zu führen.

Obwohl das Bestehen des Hauses Doorn durch die Konzeptänderung gesichert scheint, erheben sich Zweifel über die Wahl dieses einzigartigen Anwesens, um allgemeineuropäische Aspekte des Ersten Weltkrieges zu veranschaulichen. Haus Doorn, das als Gebäude selbst und mit seiner Einrichtung das eigentliche Ausstellungsstück über Kaiser Wilhelms II. Leben im Exil darstellt, besitzt eine große Authentizität. Das Leben und Wirken des Kaisers bestand aus mehr als den vier Jahren des Krieges und wird nun aber möglicherweise auf diese beschränkt werden. Und das, obwohl der Kaiser sich stark gegen den Krieg aussprach. Umgekehrt besteht auch die Befürchtung, dass die Darstellung des Krieges in Gegenwart der Habe Wilhelms II. sehr stark auf ihn bezogen wird und andere wichtige Akteure des Krieges in den Hintergrund stellen könnte. Eine zu starke Fokussierung wäre dann keine neutrale Veranschaulichung des Ersten Weltkrieges. Es wird schwierig, einen passenden Mittelweg zu finden. Am 21. September werden die Gedenkprogramme im Haus Doorn durch eine internationale Konferenz eröffnet. Bis dahin wird sich hoffentlich entschieden haben, wie man die Sachen neutral angeht. Melinda Heitmann (Siehe Kommentar Seite 8)


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