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01.06.13 / Erhalten, gestalten, weiter entwickeln / In Allenstein nahmen 26 Frauen vom 45. bis zum 83. Lebensjahr an der zwölften Werkwoche der AGDM im Haus Kopernikus teil

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-13 vom 01. Juni 2013

Erhalten, gestalten, weiter entwickeln
In Allenstein nahmen 26 Frauen vom 45. bis zum 83. Lebensjahr an der zwölften Werkwoche der AGDM im Haus Kopernikus teil

„Erhalten, gestalten, weiter entwickeln“ – unter diesem Motto fand im Haus Kopernikus der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit (AGDM) die zwölfte Werkwoche der Landsmannschaft Ostpreußen in der Woiwodschaft Ermland-Masuren statt. 26 Frauen aus verschiedenen Gesellschaften der deutschen Volksgruppe nahmen daran teil.

„Das Motto lehnt sich an die ungeschriebenen Gesetze Gestalten – Bewahren – Erhalten an, nach denen Frauen früher ihr Leben einrichteten“, so Uta Lüttich, die Bundesvorsitzende der ostpreußischen Frauenkreise, in ihrer Rede bei der Eröffnung der Ausstellung der Werke der Teilnehmerinnen der Werkwoche, „ihre Rolle in der Geschichte und bei der Überlieferung der Traditionen wird gerne vergessen.“ Deshalb organisierte sie auch diesmal wieder gemeinsam mit den Werklehrerinnen Gudrun Breuer und Liesa Rudel die Handarbeitswerkstatt, die seit der Entstehung der Organisationen der deutschen Volksgruppe alle zwei Jahre im südlichen Ostpreußen veranstaltet wird, um die ostpreußischen Traditionen auch hier weiterzugeben. Von vielen Mitgliedern der Handarbeitskreise in den deutschen Gesellschaften wird sie lange vorher herbeigesehnt, können sie doch hier ihr Wissen auffrischen, ihre Fingerfertigkeit trainieren und Neues dazulernen. Dass dabei das Durchschnittsalter in diesem Jahr niedriger war, also jüngere Frauen in die Weitergabe der Traditionen einbezogen wurden, freute Uta Lüttich ganz besonders.

Das Spektrum der Handarbeiten, mit denen sie und ihre Kolleginnen die Frauen zum ersten Mal oder wieder bekannt machten, reichte von Weben über Knüpfen, Stricken und Sticken bis zum Häkeln. Alle diese Techniken erfordern Konzentration und Ruhe – und Fleiß. Wer jemals etwa eine Weißstickerei genauer betrachtet hat, weiß, warum Elzbieta Kowko aus Allenstein mit Brille und einer großen Lupe über ihrem Stoff saß: „Manche Stiche sind so winzig, dass man mit dem bloßen Auge gar nicht genau genug arbeiten kann.“ Geholfen habe darüber hinaus das sonnige Wetter der zweiten Maiwoche: „Es kam viel Licht durch die Fenster, künstliche Beleuchtung war kaum nötig.“ Dass es manchmal trotzdem schwer war, gab Charlotte Przybyłek aus Bartenstein zu: „Ich bin nicht ganz zufrieden. Mit 82 wollen die Hände einfach nicht mehr so recht. Aber daheim sitzen und nichts tun, das kann ich schon gar nicht.“ Dasselbe gilt für Edith Kaminski aus Osterode, die seit 20 Jahren kaum eine Werkwoche ausgelassen hat: „Ich habe schon viele schöne Sachen geschaffen, auf die ich stolz bin. Doch selbst wenn ich abends vor dem Fernseher sitze, muss ich mit meinen Händen etwas machen.“

Ähnlich zeitintensiv wie Weißstickerei ist das für Ostpreußen typische Doppelweben. Diese Technik wurde auf der aktuellen Werkwoche nicht gezeigt, der Transport des dazu nötigen Webstuhls war nicht möglich. Trotzdem präsentierte Uta Lüttich zur Eröffnung der Ausstellung einen Läufer, der auf diese Weise angefertigt wurde und blau auf beige in fünf Bildern die Geschichte Ostpreußens von seiner Besiedlung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zeigt. „Hier war die Webkunst zuhause. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde auf vielen Feldern Flachs angebaut, der verarbeitet und im Winter gesponnen wurde. Dichte Lein­wand­rollen für die Aussteuer der Töchter wurden daraus gewebt“, schildert Uta Lüttich den Verdienst der Frauen. Das Wissen um diese Handarbeitskunst will sie mit der Werkwoche weitergeben, doch alle Frauen kann sie nicht erreichen: „Wir können hier Anstöße geben, die Teilnehmerinnen sehr gut schulen, aber das Weitergeben vor Ort ist dann Sache der Handarbeitskreise, der einzelnen Gesellschaften.“ Nebenbei förderte das Projekt dank des gemeinsamen Arbeitens die Gemeinschaft der Frauen untereinander; die Werkwoche wird zum Tauschforum für Sorgen und Freuden und letztendlich zu einem Stück Heimat. Die finanzielle Unterstützung der Landsmannschaft Ostpreußen und für die abschließende Ausstellung außerdem vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen ist also gut angelegt. Uwe Hahnkamp


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