24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.06.13 / Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth / Neues aus der Erziehungsanstalt / Wieder fehlte die Willkommenskultur / Harry Potter und die Häuptlinge der EU / Vorsicht: Roth lobt Merkel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-13 vom 08. Juni 2013

Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth
Neues aus der Erziehungsanstalt / Wieder fehlte die Willkommenskultur / Harry Potter und die Häuptlinge der EU / Vorsicht: Roth lobt Merkel

Flutsch sind sie futsch, als habe es sie niemals gegeben. Einfach so weg. Mir nichts dir nichts, Simsalabim und dreimal Schwarzer Kater! Schwarzer Kater? Ist das denn erlaubt? Ist das nicht rassistisch? Weil doch die meisten Bürger, die diesem Land abhandenkamen, gar nicht von hier, sondern Ausländer waren. Also nur irgendwie anwesend. Oder auch nicht. Jedenfalls sind sie nun weg. Da hat es uns wohl mal wieder an der notwendigen Willkommenskultur gemangelt. Typisch! Wir merken ja noch nicht mal, wenn uns 1,5 Millionen Bürger abhandenkommen.

Statistisch lebten überall ein paar Menschen mehr, als es der Wirklichkeit entsprach. Endlich wird der Ausspruch verständlich: Es gibt Menschen, die gibt es gar nicht. Bezeichnenderweise hatte man in Berlin den geringsten Überblick. Darüber kann man sich nicht mehr wirklich wundern. Die Berliner Klappe ist ja auch immer etwas größer, als es die Klappen anderenorts sind. Darauf ist der Berliner stolz. Und weil man mit einer großen Klappe den Mund immer etwas voller nehmen kann, ist Berlin auch „dat Größte“. Da kommen dann auch bei der Zahl der Einwohner ein paar Schaufeln drauf. Aber gleich fünf Prozent Luftnummern? Der Berliner gehörte bislang nicht in die Kategorie „Schaumgebäck“.

Mit der Statistik lässt sich bekanntlich alles beweisen. Einen richtig schönen Nachweis statistischer Beweiskraft lieferte das Institut der Deutschen Wirtschaft. Wo alles in Europa um uns herum leidet und darbt, leben die Deutschen speckfett. Für ein Paket Butter mussten wir vor zehn Jahren noch sechs Minuten arbeiten, heute sind wir in vier Minuten damit durch. Das ist doch tröstlich in einer Zeit, in der den Banken Milliarden zum Nulltarif zufließen und Sparer mit Negativzinsen um ihr Erspartes gebracht werden. Darum halten wir uns besser an die Erkenntnis: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hat. Dieser Satz wird Winston Churchill zugeschrieben, aber auch dem ist nicht zu trauen, wegen des Urhebers.

Doch nun soll alles besser werden, die Zeiten des Siechtums haben ein Ende. Europa startet durch. Angela Merkel und François Hollande haben es beschlossen. Sie wissen auch, wie es geht: Wir kriegen einen neuen Direktor. Jawoll, einen Direktor, der die Wirtschaft in Europa endlich mal auf Trab bringt. Das hat seinen Preis, denn der neue Direktor soll einen schönen Hauptjob kriegen. Er soll nicht mehr als Aushilfskraft quasi im Nebenjob wirken, wie das bisher die Vorsitzenden der Euro-Gruppe machen, die zuhause ihre Brötchen als Finanzminister verdienen müssen. Schluss damit, jetzt kommt endlich noch ein Häuptling. Vielleicht könnte der ja so durchschlagend wirksam sein wie Lady Catherine Ashton, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und Erste Vizepräsidentin der Europäischen Kommission. Kennen Sie nicht? Da sind Sie nicht alleine. Macht aber nichts, Führungspositionen bei der EU in Brüssel werden ohnehin nach Schlüsseln vergeben, deren wirres Geheimnis allenfalls Harry Potter lüften könnte. Da aber Briten mit dem Verein in Brüssel möglichst wenig am Hut haben möchten, reitet Harry Potter auch lieber auf dem Besen in die „Kammer des Schreckens“. Damit sind nun nicht die EU-Kommissare in Brüssel gemeint. Jedenfalls nicht direkt, nicht bei Harry Potter. Leser und Freunde des britischen Zauberlehrlings kennen aber auch das Buch „Harry Potter und der Stein des Weisen“. Da scheint es nun nahe zu liegen, dass die Handlung nicht in Brüssel spielt. Wie man sich doch täuschen kann. Blindes Huhn findet auch mal ein Korn. Oder hat die Nase voll. Offenbar war das bei Günther Oettinger der Fall. Der Mann sagte, was alle längst wissen, was an dieser Stelle oftmals beklagt wurde, ansonsten aber mit dem Mäntelchen des Schweigens umhüllt wird: Die EU ist ein Sanierungsfall. Selbstlos wie ein Kamikazeflieger hat der Oettinger vor der Deutsch-Belgischen-Luxemburgischen Handelskammer drauflos gewettert: „Mir macht Sorge, dass derzeit zu viele in Europa noch immer glauben, alles werde gut.“ Brüssel habe „die wahre schlechte Lage noch immer nicht genügend erkannt“. Statt die Wirtschafts- und Schuldenkrise zu bekämpfen, zelebriere Europa „Gutmenschentum“ und führe sich als „Erziehungsanstalt“ für den Rest der Welt auf.

Wie bitte, ist das ein EU-Kommissar, der da so wettert? Könnte es sein, dass ihm der Laden der Selbstgerechten stinkt? Allerdings muss man sich in Erinnerung rufen, wie Oettinger auf seinen überaus weich gepolsterten Posten in Brüssel kam. Er hat schon einmal das Falsche zur falschen Zeit gesagt, wenn er auch mit anderen geglaubt hatte, das Richtige zur richtigen Zeit zu sagen. Das war bei der Trauerfeier für den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger. Damals war Oettinger in dem gleichen Amt und sagte: „Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes.“ Das war es! Das durfte nicht wahr sein. Auch wenn es nachweisliche Hinweise für Verbindungen zum Widerstand gab. Filbinger war mit Bann belegt. Deshalb konnte Oettinger nach dieser Rede nicht länger Ministerpräsident bleiben. Versorgungstechnisch war das sein Schade nicht, die Entsorgung auf den Posten eines EU-Kommissars ist mehr als eine Entschädigung. Allerdings drängt sich dann umso mehr die Frage auf, warum dem Oettinger der Laden in Brüssel so zu stinken scheint. Da hat einmal ein Mann aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht: „Mir machen Länder Sorgen, die im Grunde genommen kaum regierbar sind: Bulgarien, Rumänien, Italien.“ Und: Frankreich brauche eine Agenda 2010 „mit Rentenreform, was in Wahrheit Rentenkürzung heißt, längere Lebensarbeitszeit, Staatsquote runter“. Frankreich habe eine Staatsquote von 57 Prozent, die Zahl der Staatsdiener sei doppelt so hoch wie im EU-Schnitt. Aber es gebe „keinen Mittelstand und wenig Innovation“.

Ja, mon Dieu, Freunde macht man sich mit solchen Aussprüchen nicht. Aber wer die Wahrheit sagt, der macht sich ohnehin selten Freunde. Auch Deutschland bekam sein Fett weg: „Deutschland ist auf dem Höhepunkt seiner ökonomischen Leistungskraft. Stärker wird Deutschland nicht mehr.“

Wir haben es vermutet. Aber die Begründung lässt dann doch aufhorchen: Das habe auch mit der Tatsache zu tun, dass in Berlin „mit Betreuungsgeld, Frauenquote, Mindestlohn und Nein zum Fracking die falsche Tagesordnung“ bearbeitet werde. Dadurch drohe „ein Teil dessen, was an Wettbewerbsfähigkeit und Agenda 2010 im Zuge der letzten Jahre erreicht worden ist“, wieder preisgegeben zu werden. Und was ist in den Medien von dieser Standpauke geblieben? Oettinger hält den Widerstand gegen das Fracking für falsch, er setzt sich für Fracking ein, lautete die Botschaft, die verbreitet wurde.

Von wegen, Deutschland sei auf dem Höhepunkt seiner ökonomischen Leistungskraft. Wenn der Mann sich da nur nicht gewaltig täuscht. Da geht noch was. Sogar eine ganze Menge. Man muss nur einmal die Kanzlerin fragen. Die hat so viele gute Ideen – bei der SPD entdeckt. Und weil sie das so prima findet mit höheren Mütterrenten und mehr Kindergeld, will sie das auch machen. Und die Mieten will sie auch deckeln. Es stimmt einfach nicht, wenn jetzt behauptet wird, Frau Angela kupfere ihre Wohltaten bei den Sozis ab. Die wollen schließlich mehr Geld bei uns einsammeln, um es dann wieder auszugeben. Davon ist bei der Kanzlerin kein Wort zu hören. Im Gegenteil, behutsam und diffus wird etwas von möglichen Steuersenkungen gelispelt. Und sparen will die Kanzlerin gleichzeitig auch. Schon jammern die ersten Hasenfüße in der eigenen Partei, alles zusammen sei nicht zu haben. Abwarten, Jungs, abwarten. Vor allem aber: nicht durch Nebensächlichkeiten ablenken lassen. Die wahren Gefahren lauern nämlich ganz woanders. Die Grüne Claudia Roth hat die Kanzlerin gelobt, ihr einen „freundlichen, ruhigen und bescheidenen Stil“ bescheinigt. Zudem sei die Kanzlerin „witzig und angenehm im persönlichen Umgang“. Was bahnt sich denn da an?

Hans Heckel ist nächste Woche wieder aus dem Urlaub zurück.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren