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15.06.13 / Nur bedingt ein Vorbild / Schweden ist keineswegs eine stabile Muster-Volkswirtschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-13 vom 15. Juni 2013

Nur bedingt ein Vorbild
Schweden ist keineswegs eine stabile Muster-Volkswirtschaft

Werden Vorbilder gesucht, wenn es darum geht, wie Krisenländer aus eigener Kraft wieder auf die Beine kommen können, wird regelmäßig ein Beispiel genannt: Schweden. Erst 20 Jahre ist es her, dass sich das skandinavische Land kurz vor dem Ruin sah. Eine kostspielige staatliche Umverteilungspolitik kombiniert mit einer geplatzten Spekulationsblase am Immobilienmarkt hatte das Land Anfang der 1990er Jahre hart an den Abgrund gebracht. Wie sich Schweden mit Reformen aus der damaligen Immobilien- und Bankenkrise herausgearbeitet hat, gilt mittlerweile als Musterbeispiel erfolgreicher Sanierungspolitik. Die Sozialausgaben wurden zurückgefahren, Steuern angehoben und Staatsbetriebe privatisiert.

Recht wenig Lehren scheint man indessen aus der damaligen Immobilienkrise gezogen zu haben. In Schweden wächst nämlich nun die Sorge, dass sich der Immobilienmarkt erneut als Krisenauslöser entpuppen könnte. Entstanden ist eine explosive Mischung, die bereits aus Ländern wie Irland und Spanien bekannt ist: hochverschuldete Privathaushalte kombiniert mit einem überhitzten Häusermarkt. Dass inzwischen auch schon der Internationale Währungsfonds (IWF) vor den drohenden Gefahren dieser Entwicklung warnt, hat gute Gründe. Auf der Höhe der schwedischen Bankenkrise im Jahr 1990 waren die Privathaushalte „nur“ mit 135 Prozent des verfügbaren Einkommens verschuldet – im Jahr 2012 war diese Quote auf 173 Prozent angestiegen. Damit zählen Schwedens Privathaushalte in Europa zu denjenigen, die am stärksten verschuldet sind. Zudem lassen sich die Schweden bei der Rückzahlung ihrer Immobilienkredite extrem lange Zeit – im Durchschnitt über 140 Jahre, so die Kritik des IWF.

Wegen der hohen Immobilienpreise herrscht ein Mangel an Wohnungen. Laut dem staatlichen Bauamt müssten in dem neun Millionen Einwohner zählenden Land jährlich bis zu 60000 Einheiten neu erstellt werden, um die Nachfrage zu befriedigen. Tatsächlich werden aber nicht einmal 20000 Wohnungen pro Jahr gebaut. Weitere Gründe hierfür sind neben den hohen Immobilienpreisen komplizierte Bewilligungsverfahren für Neubauten und eine starke Marktregulierung, die Mietwohnungen als Investitionen unattraktiv machen.

Trotz der bestehenden Nachfrage gilt ein Krach auf dem Immobilienmarkt aufgrund der Verschuldungssituation inzwischen als eine echte Gefahr. Neben der Krise der Euro-Zone stellt der Immobilienmarkt inzwischen das größte Risiko für Schwedens Wirtschaft dar, so der IWF.

Bei dem Versuch, den Preisauftrieb zu bremsen, steckt die schwedische Riksbank allerdings in einem Dilemma. Die Entwicklung ist so weit fortgeschritten, dass eigentlich notwendige Maßnahmen wie abgesenkte Beleihungsgrenzen auf Immobilien, also höhere Mindestanzahlungen, schnell zum Auslöser eines abrupten Preisverfalls und damit letztendlich zum Kri-

senauslöser werden könnten. Die Folgen könnten laut IWF weitreichend sein. Angesichts der hohen Privatverschuldung wäre sowohl der Konsum als auch erneut der Bankensektor betroffen. Zunehmen könnten sowohl die Kreditausfälle als auch die Arbeitslosigkeit. Zudem haben die Unruhen in Schweden gezeigt, dass trotz aller Reform- und Sanierungserfolgen der letzten 20 Jahre, die Jugendarbeitslosigkeit in Schweden weiter auf 25 Prozent geklettert ist.  Norman Hanert


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