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15.06.13 / Im Netz der Lobbyisten / Verteidigungsministerium erweist sich erneut als kaum beherrschbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-13 vom 15. Juni 2013

Im Netz der Lobbyisten
Verteidigungsministerium erweist sich erneut als kaum beherrschbar

Wer letztlich die Schuld an dem Drohnen-Desaster trägt, lässt sich nach all den Jahren, wechselnden Ministern und dem Wirrwarr an Kompetenzen nicht mehr klären. Dabei geht es nicht nur um das Versagen von Personen, sondern auch um einen Systemfehler

Ein Minister fängt es an, der nächste führt es weiter und schließlich muss einer Verantwortung für jahrelange Verantwortungslosigkeit übernehmen. Damit steht Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière am Ende einer langen Reihe von Fehlleistungen – mit einer Entscheidung, deren Richtigkeit allerdings von niemandem angezweifelt wird. Es geht daher nur noch um die eine Frage, was er vor dem 13. Mai über die Probleme mit dem „Euro Hawk“ gewusst hat. Von der Antwort hängt es ab, ob er der Lüge oder der Unfähigkeit überführt ist. Ersteres ist schon längst trauriger Bestandteil politischer Realität geworden und bedarf daher keiner weiteren Betrachtung. Bei Letzterem geht es um die Frage, ob der Minister sein Haus im Griff hat.

Gerade das Bundesverteidigungsministerium gilt in diesem Punkt als heikles Terrain. Hier werden Entscheidungen über Rüstungsprojekte getroffen, die sich über Jahre entwickeln. Wie in keinem anderen Ressort prallen dabei die Partikular-interessen von Politikern, Beamten und Soldaten aufeinander. Zudem neigen große Behördenapparate dazu, sich zu verselbstständigen und ineffizient zu werden. Umso wichtiger ist hier die Dienstaufsicht, also die fachliche und rechtliche Kontrolle des nachgeordneten Bereichs. Sie ist Kernaufgabe auch eines Ministers. Gerade im Verteidigungsressort genügt es nicht, alles gutgläubig abzuzeichnen, was einem vorgelegt wird. Ein Minister, der sich nicht sachkundig hält und einen permanenten Informationsfluss einfordert, wird schnell am Nasenring durch die Manege geführt. Die Verantwortung dafür trägt er allein.

Die Industrie trifft an dem Drohnen-Debakel keine Schuld. Sie hat geliefert wie bestellt und fordert für Nachbesserungen weiteres Geld. Das ist ihr Geschäft. In den Sonntagsreden der Verteidigungspolitiker heißt das „Partnerschaft zu beiderseitigem Nutzen“. Dahinter verbirgt sich der militärisch-industrielle Komplex, ein Geflecht von Interessenverbindungen zwischen Politikern, Militärs und der Rüstungswirtschaft. Mit der Bundeswehr lässt sich viel Geld verdienen, politische Macht gewinnen oder erhalten und Vorsorge für die berufliche Zukunft treffen. In fast jedem Wahlkreis gibt es eine Militäranlage, einen Rüstungsbetrieb oder einen Zulieferer. Da haben alle am militärisch-politischen Komplex Beteiligten Interessen, die in einem Netzwerk zusammengeführt und durchgesetzt werden. So profitiert der eine durch Wiederwahl, der andere durch Aufträge und der nächste durch ein lukratives Jobangebot für den Fall des Ausscheidens aus dem Dienst. Politiker als Lobbyisten, Offiziere als Interessenvertreter und nachlässige Beamte. Das ist ein Systemfehler, an dem auch der durchsetzungsfähigste Minister nur durch einen Totalumbau seines Hauses und straffe Führung etwas ändern kann. Jan Heitmann


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