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22.06.13 / Freie Meinung in Gefahr / Moskau erlässt Gesetze gegen Homosexuelle und Gotteslästerung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-13 vom 22. Juni 2013

Freie Meinung in Gefahr
Moskau erlässt Gesetze gegen Homosexuelle und Gotteslästerung

Gleich zwei umstrittene Gesetze verabschiedete dieser Tage die Staatsduma in Moskau: das über die „Homosexuellen-Propaganda“ und das über „Gotteslästerung“.

Wer in Zukunft in Gegenwart von Kindern über Homosexualität spricht, wird mit Geldstrafen bis zu umgerechnet 5000 Euro belegt. Laut einer Umfrage der staatlichen Meinungsforschungsanstalt WZIOM sind 88 Prozent der Bevölkerung für das Gesetz, das prophylaktischen Charakter haben soll, indem es vor allem dem Schutz Minderjähriger diene. Wie es aus dem Kreis der Duma-Abgeordneten verlautete, würden mit dem Gesetz nicht homosexuelle Neigungen grundsätzlich unter Strafe gestellt oder verboten, sondern es gehe vielmehr darum, die „Propaganda nicht-traditioneller Beziehungen“ in der Öffentlichkeit zu unterbinden. Was genau mit „nicht-traditionellen Beziehungen“ gemeint ist, führt der Text nicht aus. Gemeint ist aber im Grunde: Wer homosexuell ist, darf dies ruhig sein, er soll es aber für sich behalten.

Kritiker halten dem entgegen, dass dies die in einer freien, demokratischen Gesellschaft übliche Toleranz verhindere und so Hass unter gesellschaftlichen Gruppen geschürt werde. So kam es in Mos-kau während einer Protestaktion von Schwulen und Lesben und ihrer Unterstützer zu einer Jagd auf die Demonstranten, bei der ein Homosexueller von nationalistischen Gegnern zusammengetreten wurde. In Wolgograd und Nischnij Nowgorod gab es je eine Tötung, bei der die Homosexualität der Opfer zumindest eine Rolle gespielt haben soll.

Im Gegensatz zu Verstößen gegen das Gottslästerungsgesetz werden positive Äußerungen über Homosexualität bislang nur mit Bußgeldern bestraft. Das Gesetz gegen Gotteslästerung stellt „öffentliche Handlungen, die eine Respektlosigkeit gegenüber den religiösen Gefühle Gläubiger offen zum Ausdruck bringen“ unter Strafe. Auch wer öffentlich religiöse Symbole oder Literatur für den Gottesdienst oder Gegenstände der Gottesverehrung verunglimpft, wird zur Verantwortung gezogen. Es drohen Bußgelder bis zu 12500 Euro oder bis zu drei Jahren  Haft. Auch hier lässt der Gesetzestext offen, was unter „Verletzung religiöser Gefühle“ fällt.

So wie der Galerist Andrej Jerofejew fürchten viele, dass beide Gesetze den Behörden die Möglichkeit zu willkürlichen Entscheidungen geben. Menschenrechtler und Bürgerintiativen wittern Zensur und Verbote. Sie sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr, wie der Bevollmächtigte für Menschenrechte, Wladimir Lukin, der sogar mit weiteren Menschenopfern und Tragödien wegen des Homosexuellen-Paragrafen rechnet. Wie das Gesetz über die Registrierung „ausländischer Agenten“ und russischer Nichtregierungsorganisationen gezeigt habe, würden auch die dehnbaren Formulierungen der beiden neuen Gesetze behördlicher Willkür Tür und Tor öffnen.

Obwohl Umfragen zufolge nur für 34 Prozent der Russen religiöse Werte wichtig sind und nur 3,3 Prozent aktiv am Gemeindeleben teilnehmen, hält Moskau auch trotz der Kritik aus dem Westen an seinem Sonderweg fest. Manuela Rosenthal-Kappi


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