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29.06.13 / Aufatmen in den Flutgebieten / Einigung zwischen Bund und Ländern verspricht Hochwasseropfern schnelle Hilfe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-13 vom 29. Juni 2013

Aufatmen in den Flutgebieten
Einigung zwischen Bund und Ländern verspricht Hochwasseropfern schnelle Hilfe

Der Streit um die Fluthilfe zwischen Bund und Ländern ist beigelegt. Brandenburg hat Millionenbeträge für den Hochwasserschutz und für betroffene Unternehmen vorgestreckt, nun übernimmt der Bund und finanziert komplett vor. Flutgeschädigte könnten somit doch noch zügig Geld erhalten. Die Einigung macht zudem den Weg frei für den EU-Fiskalpakt in Deutschland.

Das Wasser ist zurückgegangen in der Mark, die Notdeiche großenteils abgebaut und die betroffenen Regionen machen sich für den sommerlichen Tourismus fit. Während der Flut fanden privat organisierte Helfer mitunter schneller zum Einsatzort als die Profis, das Internet machte es möglich. Trotz vieler Helfer sind die Schäden enorm. Auch wenn jüngste Flutgebiete Brandenburgs nun von der winzigen Kriebelmücke geplagt werden, so bringt zumindest die Einigung der Politik in Sachen Fluthilfe den Betroffenen Gutes.

Lange sah es so aus, als könnten sich der Bund und die betroffenen Länder nicht einigen: Die Länder wollten die Fluthilfe über den bereits bestehenden „Fonds Deutsche Einheit“ auszahlen, was das Bundesfinanzministerium ausschloss. Der Bund wiederum fand mit seiner Idee der Vorfinanzierung und Ausgabe von Anleihen kein Gehör bei den Ländern. Der Streit sorgte für Unsicherheit bei den Betroffenen, ob Hilfszahlungen schnell und in Form einer spürbaren Unterstützung geleistet würden.

So hatte Brandenburgs Finanzministerium vor der Einigung angekündigt, noch dieses Jahr 20 Millionen Euro extra für den Hochwasserschutz bereitzustellen. Rund 35 Millionen waren hierfür bereits vor der Flut eingeplant gewesen. Das Landwirtschaftsministerium geht von 40 Millionen Euro Schaden allein für die märkischen Landwirte aus. Das Wirtschaftsministerium des Landes stellte vergangene Woche zwei Millionen Euro Soforthilfe für Gewerbetreibende und Freiberufler in Aussicht, auszahlbar möglichst schnell.

Mit diesen Hilfszusagen aber stößt das Land bereits an seine Grenzen. Dabei gilt es, gerade vor der umsatzstarken touristischen Sommersaison aufzuräumen: Die Landesmarketinggesellschaft Tourismus-Marketing Brandenburg (TMB) hat bereits ein Filmteam organisiert, das Urlaubern die Scheu vor einem Aufenthalt nach der Flut nehmen soll. Die Aufnahmen sollen zeigen, dass die Prignitz „erlebbar“ sei und die Situation an der Elbe sich Schritt für Schritt normalisiere. Bilder von intakter Natur, geöffneten Hotels und Gaststätten sind jetzt wichtig für das Land, denn nach dem Kampf mit den Wassermassen beginnt nahtlos der um die Feriengäste. Besonders in der Prignitz sollen noch dieses Jahr neue Deiche entstehen. Viele der touristisch wichtigen Radwege laufen in der Mark auf oder entlang von Deichen und sind jetzt entsprechend beeinträchtigt.

Auch die Versicherungsfrage macht Brandenburg abhängiger von rascher Hilfe als andere Bundesländer an Elbe und Oder: Dort sind dank Altverträgen aus DDR-Zeiten meist auch Elementarschäden abgedeckt. In Brandenburg verfügen nur knapp 28 Prozent der Bürger über passende Verträge. In Sachsen und Thüringen sind dagegen gut 40 Prozent der Bürger entsprechend abgesichert.

Die Einigung von Bund und Ländern komme daher gerade rechtzeitig, findet auch der Deutsche Städtetag. Dessen Hauptgeschäftsführer, Stephan Articus, zeigt sich nach der Einigung erleichtert: „Die Menschen in den von der Flut betroffenen Städten brauchen dringend Hilfe, ebenso wie viele der betroffenen Städte selbst. Nachdem mit dem Rückgang des Hochwassers mehr und mehr dramatische Schäden sichtbar werden, können nun die dringend notwendigen Reparaturen gerade auch an der kommunalen Infrastruktur zügig in Angriff genommen werden.“

Alle Soforthilfen und Maßnahmen der Länder werden nun über den als Fluthilfetopf eingesetzten „Fonds Deutsche Einheit“ abgerechnet. Steuererhöhungen wegen der Flut seien definitiv vom Tisch, verspricht Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU). Mögliche Hochwasserhilfen der EU sollen ebenfalls direkt in den Fördertopf fließen.

Der Bund übernimmt von den rund acht Milliarden Euro Gesamtkosten alle Kosten für Bundesinfrastruktur. Die Länder haben so statt vier nur noch 3,25 Milliarden zu übernehmen, die sie zudem binnen 20 Jahren bei zwei Prozent Zins zurückzahlen können. Der Bund wird das Geld über Anleihen beschaffen und somit neue Schulden machen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) muss daher einen Nachtragshaushalt für 2013 vorlegen.

Der Bund will zudem sogenannte Entflechtungsmittel, das sind Zuschüsse, die unter anderem für den Nahverkehr und den Wohnungsbau gezahlt werden, bis 2019 weiter in bisheriger Höhe von jährlich 2,6 Milliarden Euro gewähren. Ursprünglich plante Berlin, diese Zahlungen zurückzufahren.

Der daraus entstandene Streit zwischen Bund und Ländern führte dazu, dass Deutschland den EU-Fiskalpakt noch nicht umgesetzt hat. Auch hierfür ist jetzt der Weg frei. Für die vom Städtetag angemahnte Verbesserung der kommunalen Infrastruktur könnte die Einigung indes gerade in der Mark zu wenig bewirken, denn hier fehlt weiter Geld. Sverre Gutschmidt


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