28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.06.13 / Reformation in Preußen und Livland / Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung tagte in Göttingen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-13 vom 29. Juni 2013

Reformation in Preußen und Livland
Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung tagte in Göttingen

Die aus dem Programm „Reformationsjubiläum 2017“ des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderte Veranstaltung stand unter dem Rahmenthema „Livland und Preußen im Zeitalter der Reformation“ und wurde als gemeinsame Jahrestagung mit der Baltischen Historischen Kommission an der Universität Göttingen veranstaltet. Die Tagung eröffnete Matthias Thumser, der Vorsitzende der Baltischen Historischen Kommission, der im Anschluss daran neue Forschungen zur baltischen Geschichte vorstellen ließ.

Den ersten der insgesamt drei „Werkstattberichte“ dieses Vortragsblocks erstattete der Theologe Meelis Friedenthal (Dorpat) zu dem Thema „Onomatologie in frühneuzeitlichen philosophischen Disputationen“. Gottfried Etzold (Wolfenbüttel) stellte im Anschluss daran Johann Wilhelm von Krause als Praktiker der Aufklärung im Livland des 18. Jahrhunderts vor. Im letzten der drei Beiträge sprach Lars Fredrik Stöcker (Reval) über oppositionelle Netzwerke im Ostseeraum: „Politische Kontakte zwischen Exil und Heimatland am Beispiel der Estnischen SSR“.

Anschließend stellte der 1. Vorsitzende der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, Arno Mentzel-Reuters, die Mitte April erschienene Edition „Das Elbinger Kriegsbuch (1383 – 1409). Rechnungen für städtische Aufgebote“, bearbeitet von Dieter Heckmann unter Mitarbeit von Krzysztof Kwiatkowski (Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz, 68), als gelungenes Ergebnis einer fünfjährigen deutsch-polnischen Zusam­menarbeit vor.

Vor Beginn der ersten Sektion, die livländischen Themen gewidmet war, würdigte die Botschafterin der Republik Estland, Kaja Tael, in ihrer Begrüßungsrede die jahrzehntelange länderübergreifende wissenschaftliche Kooperation der Tagungsteilnehmer als vorbildhaft. Anschließend führten Klaus Neitmann und Arno Mentzel-Reuters in die Thematik ein.

Im ersten Vortrag der Sektion ordnete Stefan Doneker (Wien und Greifswald) am Beispiel von Riga die Reformation im städtischen Raum ein und stellte die von der französischen Sozialwissenschaft geprägten Begriffe „Spatial Turn“ und „Urban Anthropology“ zur Diskussion. Danach trug Juhan Kreem (Reval) seine Beobachtungen zur Religionsfrage in den livländischen Landtagsrezessen 1522 – 1559 vor. Den livländischen Landtagsteilnehmern ging es dabei vor allem darum, den Status quo möglichst lange zu wahren und Entscheidungen auf das oft angekündigte allgemeine Konzil zu verschieben. Im Anschluss daran sprach Thomas Lange (Hamburg) zu dem Thema „Zwischen Allianz und Konfrontation: Die Reformation in Riga im Spannungsfeld zwischen der Stadt und ihren Herren“. Mit Letzteren sind der Deutsche Orden und der Erzbischof von Riga gemeint, die den von Preußen in die Stadt hineingetragenen Reformationsbestrebungen unterschiedlich begegneten. Die Sektion beschloss Inna Pöltsam-Jürio (Reval) mit einem quellennahen Vortrag über die Reformation in der livländischen Kleinstadt Neu Pernau, die ohne Duldung des örtlichen Deutschordenskomturs nicht hätte umgesetzt werden können.

Die „preußische Sektion“ am zweiten Veranstaltungstag eröffnete Bernhart Jähnig (Berlin) mit einem Überblick über die Entstehung einer preußischen Landeskirche unter Herzog Albrecht, wobei er die Predigten Osianders in Nürnberg von 1522 als ausschlaggebend für die Hinwendung Albrechts zur neuen Lehre herausstellte. Der Vortrag des Rechtshistorikers Dariusz Makilla (Warschau) zu den Kirchenordnungen Herzog Albrechts führte drastisch vor Augen, mit welchen moralisch-erzieherischen Maßnahmen die preußische Obrigkeit in das Alltagsleben der Menschen eingriff. In seinem Referat über „Herzog Albrecht und die Hexen. Hexenprozesse im Herzogtum Preußen 1525 – 1568“ machte Jacek Wijaczka (Thorn) deutlich, auf welche Weise Reste heidnisch-prußischer Opferriten und die von den Einwanderern aus dem Westen importierten Vorstellungen von Magie und Zauberei aufeinandertrafen.

Die Tagung endete mit einem Vortrag von Marie-Luise Heck­mann (Potsdam) mit dem Titel „Wehrhafte Reformation: Das Kriegsbuch Herzog Albrechts“. Sie konnte davon überzeugen, dass das Buch aus einer älteren und einer jüngeren Kriegsordnung von 1555 entstanden ist. Die um 1544 begonnene ältere Kriegsordnung bewertete sie als bedingtes Selbstzeugnis des ersten preußischen Herzogs, das zeitweise den Charakter eines Arcanums (Geheimprojekts) angenommen habe.Dieter Heckmannn


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren