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29.06.13 / In einem Antiquitätengeschäft auf Usedom entdeckt / Krallenkette gehört zum Bückeburger Brautschmuck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-13 vom 29. Juni 2013

In einem Antiquitätengeschäft auf Usedom entdeckt
Krallenkette gehört zum Bückeburger Brautschmuck

Die schönen Bernsteinbilder in Folge 23 haben großes Interesse in unserer Leserschaft gefunden. Es kamen Anrufe und Zuschriften mit Belegen aus der Fachliteratur, aus denen hervorgeht, dass es sich bei der gezeigten Kette mit den großen Bernsteinstücken einwandfrei um den Brautschmuck der Bückeburger Tracht handelt. Als solche hatte sie Frau Iris Gugath, die diese Kette in einem Antiquitätengeschäft auf der Insel Usedom entdeckte, auch bezeichnet, allerdings mit Fragenzeichen. Ich hatte einige Zweifel, weil mir aus alten Zeiten bei verschiedenen Besuchen in der Staatlichen Bernsteinmanufaktur in Königberg, und später auch in ihrem Hamburger Haus mit den geretteten Stücken längere Ketten in Erinnerung geblieben waren, auf diesen Halsschmuck mit wenigen, aber riesigen Bernsteinstücken ich mich allerdings nicht besinnen konnte. Ich danke allen, die nun dazu geholfen haben, diesen Schmuck, der zu einer der schönsten und kostbarsten deutschen Trachten gehört, nun richtig zuzuordnen.

Einwandfrei beschrieben und abgebildet sind die Ketten in dem Buch „Bernstein“ von Jens Grzonkowski. Ihre Geschichte führt in das Jahr 1811 zurück, als nach Verpachtung des staatlichen Bern­steinregals das „Gold der Ostsee“ auch für die Bevölkerung erschwinglich wurde „Nun interessierten sich breitere Bevölkerungsschichten für den Bernstein, begüterte Bauern und wohlhabendes Bürgertum entdeckten ihn für ihre Repräsentationszwecke. Besonders gefragt waren schwere Bernsteinketten, für die vorzugsweise polierte dunkle, klare Stücke verwendet wurden. Mit einem aufwendigen und kostbaren Facettenschliff versehen waren die Bückeburger Brautketten oft einige Kilogramm schwer und stellten den Reichtum einer Frau augenscheinlich dar.“ Die Abbildung einer Bückeburger Krallenkette aus facettiertem klarem Bernstein mit einem Schloss aus Silber ergänzt in dem Buch diese Ausführungen. Wie auf dem in Folge 23 veröffentlichten Bild sind die Initialen der damaligen Eigentümerin eingraviert. Nun ist der Bernstein als fossiles Baumharz ja ein „leichter Stein“, für die angegebene Menge müssten die Ketten erheblich größer sein. Also hat es auch lange Ketten gegeben, wie der Autor in der Unterschrift zu der abgebildeten Bückeburger Halskette bestätigt: „Solche Bernsteinbänder und -ketten bis zu 120 Zentimeter Länge kamen bei reichen Bauern und Bürgern in Mode.“ Es sind diese langen Ketten, die mir in Erinnerung geblieben sind.

In dem Buch „Rote Röcke, Trachten und Brauchtum im Schaumburger Land“ sind sie allerdings auf keiner der Trachtenbilder in solcher Länge zu sehen. Frau Seggebruch hat uns dieses Standardwerk der Schaumburger Trachten zugesandt, ich danke ihr sehr dafür. Sie war erstaunt, eine „Krallenkette“ in der Ostpreußischen Familie zu finden: „An diesem Beispiel wird mir deutlich, dass es in meinem Leben zweimal ,Wurzeln‘ gibt: Ostpreußen fünf Jahre und seit 1945 Schaumburg-Lippe.“ Da haben wir mit der Abbildung der Bernsteinkette bei Frau Seggebruch voll ins Schwarze getroffen. Das Buch enthält die Geschichte dieser nicht nur schönen, sondern auch kostbaren Trachten aus dem Schaumburger Land bis zum heutigen Tag, denn noch immer wird zwischen Weserbergland diese Tradition gepflegt, wenn auch nur zu besonderen Anlässen. Wie sich die Ältesten noch erinnern, begleitete die Tracht ihre Trägerinnen und Träger durch alle Lebensalter vom Säugling bis zum Greis. Weil sie sich den persönlichen Lebensumständen und Gegebenheiten anpassen musste, entwickelte sie eine kaum glaubliche Vielfalt, besonders in der Frauentracht. Die größte Prachtentfaltung zeigt die Bückeburger Festtagstracht, zu der die verheirateten Frauen ihre Bernsteinketten tragen. Die silberne Schließe der Kette ist meistens herzförmig und trägt die Initialen des Brautpaares, oder ist rechteckig und nur mit den Initialen der Braut versehen. Rechts und links der Schließe befinden sich Wollpompons oder Kunstblumen – solche sind auch auf der von Frau Gudath entdeckten Kette ersichtlich. Die Krallenkette wird von dem drei Meter langen, in Wellen gelegten weißen Kragen, der über Wams und dem reich mit Perlen bestickten Tuch getragen wird, fast verdeckt. Halsketten mit besonders großen Bernstein­stücken zeichnet die Lindhorster Tracht im nördlichen Schaumburg aus. Einen Einblick in diese vielseitige, je nach Anlass – wie Taufe, Konfirmation, Hochzeit, Abendmahl – variierende Tracht gibt die Trachtenkarte aus Lindhorst, die auch die wunderschönen Stickereien erkennen lässt, mit denen selbst der riesige Kragen verziert ist. Übrigens enthält die Vitrine des Usedomer Antiquitätengeschäftes drei Brautketten, wie mir Frau Iris Gugath noch mitteilte! R.G.


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