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29.06.13 / Sprachmuseum in unserem Kopf / Historiker beleuchtet Redewendungen nach ihrer Herkunft – Antike und Mittelalter sind gegenwärtig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-13 vom 29. Juni 2013

Sprachmuseum in unserem Kopf
Historiker beleuchtet Redewendungen nach ihrer Herkunft – Antike und Mittelalter sind gegenwärtig

Dass wir sprachlich nicht im luftleeren Raum agieren, wenn wir kommunizieren, ist klar. Dass man sich beim Sprechen aber in einer Art „historischem Museum“ befindet, erstaunt ganz gewaltig. Wer das Buch „Was tun, sprach Zeus“ zur Hand nimmt, legt es so schnell nicht wieder beiseite. Ist es doch als eine Art Museumsführer unserer Sprache zu betrachten. Georg Wagner, Historiker und Geschäftsführer der Deutschen Burgen-vereinigung, schaltet zum zweiten Mal das Licht an in unserem ureigenen Sprachmuseum.

Im Vorgängerband „Das geht auf keine Kuhhaut“ beleuchtete der Autor die Abteilung Redewendungen aus dem Mittelalter. Jetzt schauen wir uns in der Antike um und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Penatencreme auftragen, Musik machen, den Faden verlieren, Cerealien zum Frühstück essen, in Panik geraten, ein Schatten seiner selbst sein: Alles das hat seinen Ursprung in der Antike. Wer da glaubte, es gehe nur um verstaubte lateinische Sprüche, die sowieso kein Mensch mehr versteht und hören will, wird eines Besseren belehrt. Minuten und Sekunden, der berühmte „springende Punkt“ und der „Trumpf in der Hand“ entstammen ebenso dieser scheinbar versunkenen Welt wie das „notwendige Übel“ und – ganz besonders kurios – auch die Nike-Sportschuhe. Die Welt sagt „Naiki“ und rechnet nicht einmal damit, dass es sich dabei um eine griechische Siegesgöttin handelt.

Tagtäglich tummeln wir uns in Sprichwörtern und Redewendungen und haben keine Ahnung, welcher verbalen Mittel wir uns eigentlich bedienen. Das klassische Altertum hat massive Spuren hinterlassen. Grund dafür ist in der enormen Bedeutung zu sehen, die die großen Werke der griechischen und lateinischen Literatur für unsere Kultur hatten. Noch vor wenigen Jahrzehnten lasen Gymnasiasten die Texte von Herodot, Platon, Caesar und Cicero im Original. Ilias und Odyssee gehörten zur klassischen Bildung und junge Menschen eiferten Helden wie Odysseus nach, lange bevor man Raumschiffe in ferne Science-Fiction-Welten schickte und Spiderman sich an Wolkenkratzern entlanghangelte.

Natürlich haben auch unsere Klassiker, Schiller und Goethe, dazu beigetragen, die Sprache mit antiken Begriffen zu bereichern. Über die Bildung der höheren Schichten gelangten die Redewendungen in alle Sprachkreise. Heute sind sie so integriert, dass man den Ursprung nicht mehr erahnt. Selbst in bildungsfernen Nachmittagssendungen privater Fernsehsender geraten Menschen „in Panik“. Dennoch bekommen sie weder Ziegenfüße noch Hörner oder Bärte dabei, denn der griechische Hirtengott Pan stand Pate für diesen Begriff. Im 19. Jahrhundert kam der Begriff „Panik“, so wie wir ihn heute verstehen, über das Französische in die deutsche Sprache.

Eingeteilt in vier Kapitel, erläutert Wagner äußerst humorvoll über 200 Redewendungen aus der griechischen und römischen Mythologie und Geschichte. Der Autor wünscht sich, dass man nach dem Lesen vielleicht einmal wieder die klassischen Texte hervorholt und nach den eigentlichen Quellen sucht. Zu wünschen wäre es, denn lange wartet man schon darauf, der Abteilung „Sag es auf Englisch oder stirb“ ein wenig das Publikum zu entziehen. Silvia Friedrich

Gerhard Wagner: „Was tun, sprach Zeus. Redewendungen aus der Antike“, Theiss Verlag, Stuttgart 2013, 160 Seiten, 14,95 Euro


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