29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.07.13 / Mehr Hoffnung als Fakten / Trotz geringem Wachstum, steigender Löhne und drohender Bankenkrise setzen deutsche Firmen auf China

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-13 vom 06. Juli 2013

Mehr Hoffnung als Fakten
Trotz geringem Wachstum, steigender Löhne und drohender Bankenkrise setzen deutsche Firmen auf China

Schon jetzt wächst die chinesische Wirtschaft weniger als von Peking prognostiziert. Sinkende Auftragseingänge drohen nun zu offenbaren, wie fragil die Wirtschaft in dem Land ist, in dem Unternehmen aus aller Welt Gewinne machen wollen.

500000 US-Dollar hat Chip Starnes und seine Firma „Specialty Medical Supplies“ seine Freiheit gekostet, doch nun gingen Bilder um die Welt, die den glücklichen US-Amerikaner bei seiner Heimkehr in die USA zeigen. Für so manchen frustrierten chinesischen Arbeiter dürften diese Bilder ein Beweis dafür sein, dass sie im Ernstfall auch ihr Recht selbst in die Hand nehmen können. Denn Chip Starnes wurde gut eine Woche von rund 100 Arbeitern in seinem Werk in China festgehalten, weil die Mitarbeiter gehört hatten, er wolle die Produktion nach Indien verlagern. Laut Starnes, der in seinem Büro bei Wasser und Obst eingesperrt war und der mit Lärm und Licht am Schlafen gehindert wurde, so wie man es aus Folterverhören kennt, hatte er zwar nur einen Teil der Produktion verlagern wollen, und die Arbeiter hätten auch ihre Jobs behalten, trotzdem ließen ihn „seine“ Leute erst gehen, als er 500000 US-Dollar Abfindung zahlte. Interessant ist, dass sich die zuständigen chinesischen Behörden nicht einmischten, da die Ereignisse für sie einen normalen Arbeitskonflikt darstellten. Was übrigens nicht der erste dieser Art war. Schon so mancher ausländischer Firmenchef wurde bereits eingesperrt, bisher griff jedoch zumeist die Polizei ein.

Doch der Fall Chip Barnes scheint die deutsche Wirtschaft nicht abzuschrecken. Dabei ist Zwangsarrest neben steigenden Lohnkosten, geringerem Wachstum und drohender Bankenkrise nur eines von vielen Problemen, mit denen Unternehmen in China konfrontiert werden. Allerdings fehlen auch die Alternativen. Im weltweiten Vergleich verspricht China nun einmal das größte Wachstum, auch wenn dieses auf sehr tönernen Füßen steht. Aber die Erwartung in die kommunistische Regierung in Peking ist größer als ein kurzfristiges Hochschnellen des Interban­kenzinssatzes auf 28 Prozent. Auch wenn sich die Banken untereinander nur noch zu horrenden Zinsen Geld leihen, da jede bei der anderen eine baldige Pleite befürchtet, so setzt doch alle Welt darauf, dass Chinas Zentralbank im Notfall einspringt. Peking könnte sich eine derartige Rettung leisten, denn der Staat selbst ist nur mit 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) verschuldet, was im Vergleich zu Europa und den USA ein Traumwert ist. Allerdings sieht man auch am Beispiel Europas und der USA, wie wenig effektiv derartige Rettungsaktionen sind. Und so hofft Peking, dass die Wirtschaft weiter wächst und sich die Probleme doch noch von alleine lösen.

Derzeit sieht es aber nicht danach aus, denn viele Unternehmen melden den niedrigsten Auftragseingang seit gut acht Monaten. Und da alle chinesischen Unternehmen insgesamt schon mit dem Zweifachen der jährlichen chinesischen Wirtschaftsleistung in der Kreide stehen, haben viele keinerlei Reserven. Es drohen Insolvenzen in der Wirtschaft und in der Folge die der involvierten Banken. Staatlich verordnete Konjunkturprogramme werden tendenziell auch nicht helfen, zahlreiche Geisterstädte und andere nicht benötigte Bauprojekte, die infolge der Wirtschaftsflaute anlässlich der US-Bankenkrise in Auftrag gegeben wurden, künden von der Ineffizienz derartiger Rettungsmaßnahmen. Trotzdem wird Peking eingreifen müssen, zumal vieles dafür spricht, dass die niedrigeren Wachstumszahlen – gerechnet wurde mit einem Plus von 7,5 Prozent des BIP – auch noch geschönt wurden: So meldet Peking immer wieder höhere Exporte ins Ausland, als dieses Importe aus China verbucht.

Trotz allem will laut der jährlichen Umfrage der deutsch-chinesischen Handelskammer mehr als die Hälfte der befragten 2200 deutschen Firmen genauso viel oder sogar mehr in dem Land investieren. Rebecca Bellano


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren