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06.07.13 / Pelze und Immobilien machten ihn reich / Der Multimillionär John Jacob Astor kam vor 250 Jahren als Johann Jakob Astor in Walldorf bei Heidelberg zur Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-13 vom 06. Juli 2013

Pelze und Immobilien machten ihn reich
Der Multimillionär John Jacob Astor kam vor 250 Jahren als Johann Jakob Astor in Walldorf bei Heidelberg zur Welt

Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, lockte ab der Mitte des 18. Jahrhunderts bis in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg Millionen Deutsche über den großen Teich. Nicht alle Auswanderer fanden das erhoffte Glück. Einer, Johann Jakob Astor aus Walldorf bei Heidelberg, kam aber durch Pelzhandel und Immobiliengeschäfte zu märchenhaftem Reichtum.

Der am 17. Juli 1763 geborene Gründer der Astor-Dynastie wuchs als Metzgerssohn in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Brüder Georg Peter und Johann Heinrich hatten dem Elternhaus schon früh den Rücken gekehrt und waren nach England beziehungsweise Amerika ausgewandert. Als 16-Jähriger schlug sich Johann Jakob Astor nach London durch und ging bei seinem Bruder Georg Peter, der Holzinstrumente und Klaviere fertigte, in die Lehre. Nach zwei Jahren hatte Johann Jakob genug Geld gespart, um eine Schiffspassage nach Amerika bezahlen zu können. Im Spätherbst 1783 schiffte er sich in Southampton ein.

Die stürmische Reise an Bord der „North Carolina“ endete zwischen Eisschollen vor Baltimore. Das Schiff saß fest, Johann Jakob trat den gefährlichen Weg übers Eis bis zur Küste an. Am 24. März 1784, ein Jahr nach Ende des Unabhängigkeitskriegs, erreichte er New York, wo sein Bruder Johann Heinrich lebte. Im Jahr darauf heiratete er Sarah Todd, die Tochter einer schottischen Einwandererfamilie, die bereits in der besseren Gesellschaft New Yorks etabliert war.

Der junge Ehemann fuhr zunächst die Backwaren eines deutschen Bäckers aus, immer sein großes Ziel vor Augen: Er wollte reich werden, sehr reich. Mit dem Import und Verkauf von Musikinstrumenten seines Bruders aus London legte er den Grundstock zu seinem Vermögen. „Die ersten 100000 Dollar zu verdienen war hart. Aber danach wurde es immer leichter“, soll Astor später gesagt haben.

Ein Gedanke ließ ihn seit seiner Überfahrt mit der „North Carolina“ nicht los. Ein Passagier hatte ihm von einem äußerst lukrativen Geschäft erzählt: dem Pelzhandel mit Indianern. Den Aufstieg Astors zum größten Pelzhändler Amerikas hat der Schriftsteller Washington Irving in der Biografie „Astoria“ begeistert beschrieben. Allerdings handelte es sich um eine Auftragsarbeit, die Astor bezahlte. Bei seinem Siegeszug durch den „Wilden Westen“ bis hin zum Pazifik kannte Astor keine Skrupel. Während die staatlichen Fellhandelstationen indianische Jäger und Fallensteller mit Hausgeräten und Pflügen „bezahlten“, lieferte Astor ihnen Waffen. Den Tausch gegen Feuerwasser soll er abgelehnt haben, weil betrunkene Indianer keine guten Jäger wären, allerdings gibt es Berichte, wonach Agenten der 1808 von Astor gegründeten American Fur Company in Indianerdörfern Pelze gegen Whisky tauschten. Über das britische Montreal lieferte die Fur Company Pelze bis nach Kanton. Ihre Schiffe kamen mit Seide, Tee, Sandelholz und wohl auch mit Opium zurück. Den Vorwurf, mit diesem Rauschgift gehandelt zu haben, konnte der Finanzmogul nie entkräften.

Der Name Astor ist eng mit der Entwicklung New Yorks zur Weltmetropole verbunden. Mit Weitblick erkannte Johann Jakob, nun der US-Bürger John Jacob, die zunehmende Bedeutung New Yorks, das bei seiner Ankunft den Cha­rakter einer Kleinstadt hatte. Noch war Land billig zu erwerben. Und Astor griff zu, kaufte Grundstück um Grundstück. In der Regel verpachtete er den Baugrund auf 21 Jahre. Danach sollten die Pachtverträge erneuert oder die Grundstücke samt Häusern in seinen Besitz zurückfallen. Durch einen

Deal mit Thomas Jeffersons Vizepräsidenten Aaron Burr, der dringend Geld brauchte, fiel ihm ein riesiges Areal in Manhattan für die Summe von 65000 Dollar zu. Astor verkaufte die American Fur Company und widmete sich gemeinsam mit seinem zweiten Sohn William Backhouse Astor – sein ältester Sohn John Jacob Astor II. war geistig behindert – der Verwaltung und Mehrung des Immobilienbesitzes.

Seine letzten Lebensjahre verbrachte Astor auf seinem Landsitz und auf Reisen durch seine alte Heimat Europa. Ob er seinen Geburtsort Walldorf besuchte, ist nicht bekannt. Als er am 29. März 1848 im Alter von 84 Jahren in New York starb, hinterließ er ein Vermögen von 20 Millionen US-Dollar, eine ungeheure Summe für die damalige Zeit. Als reichster Mann Amerikas und „Mr. Manhattan“ war er weltweit bekannt geworden. Seine Person war umstritten. Kritiker warfen ihm vor, dass er nur Geld gescheffelt, aber nichts für die Armen in New York getan habe. Der Schriftsteller Charles Dickens (1812–1870) widmete ihm ein spezielles literarisches Andenken. Die Figur des raffgierigen Geizhalses Ebenezer Scrooge in dem Roman „A Christmas Carol“ soll deutliche Züge des Johann Jakob Astor tragen. Und wie am Ende des Romans Scrooge sich in einen Menschen verwandelt, der Gutes tut, bestimmte auch Astor einen Teil seines Vermögens, 400000 Dollar, für soziale Zwecke. Er stiftete „zur Förderung nützlichen Wissens“ die Astor Bibliothek, seit 1895 ein Teil der „New York Public Library“, sowie ein Waisen- und Altersheim in Walldorf.

Die Nachkommen Johann Jakob Astors lieferten mit Streit und Hass untereinander immer wieder Stoff für Schlagzeilen. Ihren Höhepunkt erreichte die Familienfehde nach dem Tod von William Vincent Astor, des kinderlosen Sohnes des stilvoll mit der „Titanic“ versunkenen John Jacob Astor IV. Die Verwaltung des Familienvermögens fiel nach Vincents Tod 1959 seiner zweiten Ehefrau Brooke zu, die im Alter an Demenz erkrankte. Brookes Sohn Anthony Marshall und der Enkel Philipp stritten von Gericht um das Sorgerecht für die hilflose Frau, wobei es ihnen, so berichteten amerikanische Medien, wohl eher um das Erbe ging. Brooke Astor starb 2007 im Alter von 105 Jahren. Sie galt als letzte würdige Repräsentantin der Astor-Dynastie.

An Johann Jakob Astor erinnern das nach seinem Tod von der Familie Astor erbaute Luxushotel Waldorf Astoria, die nach ihm benannte Kosmetikserie Astor, die gleichnamige Zigarettenmarke, die 1906 in Deutschland auf den Markt kam, und schließlich der Waldorfsalat, kreiert von einem Koch des Waldorf Astoria. Klaus J. Groth


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