29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
13.07.13 / Haben Goldanleger auf Sand gebaut? / Zwar ist der Preis gesunken, doch an einer verbesserten Lage der Weltwirtschaft kann es nicht liegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-13 vom 13. Juli 2013

Haben Goldanleger auf Sand gebaut?
Zwar ist der Preis gesunken, doch an einer verbesserten Lage der Weltwirtschaft kann es nicht liegen

Gold- und Silber-Anleger sind nach den jüngsten dramatischen Kurseinbrüchen der Edelmetalle zutiefst verunsichert. Nie seit 1920 sei der Preis von Gold in so kurzer Zeit so stark eingebrochen wie in diesem Jahr, berichten Analysten.

Wie kam es zum Einbrechen des Goldpreises? War das bloß die Folge kurzfristiger Spekulation? Oder wurde Gold als Antwort auf die Währungskrise, auf politische und wirtschaftliche Verwerfungen gar überschätzt, weil die Probleme gar nicht so groß sind, wie wir dachten? Und wie geht es weiter?

Vor allem die letzte Frage spaltet die Analysten in zwei Lager. Beide verweisen auf Erfahrungen der jüngeren Geschichte, streiten sich nur darüber, welche Epoche mit der heutigen am besten vergleichbar wäre. Die Pessimisten meinen, die 80er Jahre dürften sich wiederholen: 1980 erreichte das gelbe Metall seinen bis dahin höchsten Wert. Danach fiel es nach einem mehrere Jahre dauernden Auf und Ab in eine Lethargie, die bis zur Jahrtausendwende andauerte. Sollte sich das wiederholen, müssen sich die Goldanleger auf viele magere Jahre einstellen und die, die zu spät (also relativ teuer) eingekauft haben, gar mit herben Verlusten abfinden. Es sei denn, die Optimisten haben recht: Die sehen in den jüngsten Einbrüchen vor allem Parallelen zu den 70er Jahren: Von 1971 bis 1974 war der Goldpreis von 35 US-Dollar pro Unze (gut 31 Gramm) auf rund 200 Dollar gestiegen, bevor er sich in den zwei Folgejahren wieder halbierte. Ähnlich wie heute schrieben Banken und Medien das Metall damals tot, da komme nichts mehr.

Was sie nicht wussten: Ab 1976 setzte Gold erst richtig zum Sturm an und verachtfachte sich im Preis bis zum Ende des Jahrzehnts. Um die zwischenzeitliche Geldentwertung bereinigt stand es mit 850 US-Dollar auf seinem bis heute nicht mehr erreichten Allzeithoch. Zwar hatte es 2011 einen Preis von 1920 US-Dollar erklommen, doch die waren nach Abzug der Teuerung seit 1980 weit weniger wert als die 850 US-Dollar damals.

Wer hat Recht? Die Pessimisten fußen ihre negative Aussicht für das gelbe Metall auf positive Ausblicke zur Währungskrise und der wirtschaftlichen Entwicklung: Der Chef der US-Notenbank Fed, Ben Bernanke, hat angedeutet, die Ausweitung der Geldmenge durch massiven Ankauf von Schuldtiteln der US-Regierung (Staatsanleihen) bald zurückfahren zu wollen. Mit den Käufen pumpte er bisher Geld in den Umlauf, um die lahmende Wirtschaft in Schwung zu bringen.

Der Haken: Wächst die Geldmenge stärker als die Wirtschaftsleistung, kann dies die Geldwertstabilität schwächen, was wiederum die Anleger veranlasst, zum Gold auszuweichen, um ihre Guthaben zu sichern vor dem schwachen Papiergeld der Notenbanken. Tritt Bernanke auf die Bremse bei der Geldproduktion, hätte dies den umgekehrten Effekt, Gold verliert. Die Frage ist, ob die Fed den Ankündigungen jemals Taten folgen lässt. Daran haben Experten erhebliche Zweifel, denn die Entwicklung in der Wirtschaft, am Arbeitsmarkt und in den Staatsfinanzen der USA bleibe schlecht. Und Bernanke sagte, erst wenn sich die Lage deutlich bessere, würde er mit dem „Gelddrucken“ aufhören.

Der zweite Grund für die negative Aussicht für Gold ist die Annahme, dass sich die Konjunktur in Europa, aber auch in anderen Staaten wie Japan bald aufhellen wird und die Euro-Krise damit an Dramatik verlieren würde. Die Euro-Krise war ein wesentlicher Treiber für die Flucht ins Gold. Jüngste Meldungen aus Portugal, Italien, Griechenland und sogar Frankreich deuten indes darauf hin, dass der Optimismus ziemlich verfrüht war. Statt einer Entspannung der Euro-Krise scheint vielmehr eine heftige Verschärfung ins Haus zu stehen, was dem Goldpreis bald wieder Rückenwind verschaffen könnte.

Die Anzeichen deuten eher darauf, dass die Euro-Krise sich mit Macht zurückmeldet und auch wichtige Märkte wie Japan, China oder bedeutende Schwellenländer wie Indien vor äußerst heiklen Zeiten stehen. Dass Gold dann trotzdem fallen könnte, hängt auch mit bloßer Spekulation zusammen. Die geschieht beispielsweise über „Optionsscheine“ (Option: Möglichkeit), die an der Börse gehandelt werden. Dabei handelt es sich um Wetten: Wer etwa von steigenden Kursen ausgeht, kann für einen überschaubaren Geldbetrag die Option erwerben, Gold zu einem festen Datum in der nahen Zukunft für einen festen Preis zu kaufen, etwa 950 Euro. Steigt der Preis zu dem Datum auf 1250 Euro, kann er dann für 950 Euro kaufen und einen Moment später für die jetzt gültigen 1250 Euro wieder verkaufen, ein Bombengeschäft! Und ein herber Verlust für denjenigen, der ihm diese Option seinerzeit verkauft hat, denn der muss umgekehrt am Einlösetag (Verfallstag) die Unze für 1250 Euro am Markt kaufen, um sie dem Optionsinhaber für die vereinbarten 950 zu verkaufen.

Die Anbieter solcher Optionen sind große Finanzdienstleister wie Banken oder Hedgefonds, die in diesem Geschäft als „Stillhalter“ bezeichnet werden. Die Stillhalter aber haben dem kleinen Anleger gegenüber einen gewaltigen Vorteil: Sie verfügen über gewaltige Marktmacht und können die Preise beeinflussen. Fällt der Preis aber unter 950 Euro, verfällt die Kaufoption und die „Stillhalter“ können die Optionsgebühr behalten.

In der jüngeren Vergangenheit überschlugen sich Banken-„Experten“ mit positiven Aussichten für den Goldpreis, derweil sie kräftig Kaufoptionen verkauften. Als der Preis nun fiel, verfielen all diese Optionen und die Banken konnten die Kaufgebühr behalten. Ein Grund, den Prognosen der Großbanken skeptisch gegenüberzutreten. Kritiker halten ihnen nämlich vor, Anleger mit solchen Prognosen absichtlich auf die falsche Fährte zu locken, um so viel Geld mit Optionsscheinen zu verdienen, die dann – durch das Handeln der Banken selbst – im Orkus landen.

Derzeit prognostizieren die Banken fast durchweg einen weiter fallenden Goldpreis – und bieten Optionen (diesmal Verkaufsoptionen) an, mit denen die Anleger auf einen fallenden Goldpreis wetten sollen. Hierbei läuft alles entgegengesetzt zu den Kaufoptionen: Steigt der Goldpreis, verlieren die Anleger in diesem Falle und die Banken sind abermals die Nutznießer.

Für den Langfristanleger sind solche Spielchen indes unerheblich: Er orientiert sich an seiner Einschätzung vor allem der Währungsstabilität. Hält er die für gegeben, ist Gold kaum das Richtige für ihn. Hat er hinsichtlich der Festigkeit von Dollar, Euro, Yen und Pfund hingegen Bedenken, bleibt Gold attraktiv. Hans Heckel


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren