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13.07.13 / Aufpoliertes Juwel / Schon Goethe war gerührt von Schloss Wörlitz, das jetzt etappenweise renoviert wird

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-13 vom 13. Juli 2013

Aufpoliertes Juwel
Schon Goethe war gerührt von Schloss Wörlitz, das jetzt etappenweise renoviert wird

Ende März fand auf Schloss Wörlitz ein beachtenswerter Festakt statt. Anlass war das Erreichen eines wichtigen Etappenziels bei der schrittweisen Restaurierung des Hauptbaus der Wörlitzer Anlagen. Jetzt sind die Arbeiten mit der Beendigung der Außensanierung zu einem weiteren Abschluss ge­kommen.

Das bei Dessau liegende Wörlitzer Schloss war von 1769 bis 1773 unter Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) errichtet worden. Für die imposante Einweihung dieses ersten klassizistischen Bauwerks in Deutschland vor 240 Jahren hatte der Kapellmeister des Fürsten, der in Wörlitz geborene Fried­rich Wilhelm Rust, eine Festkantate komponiert. Das Libretto verfasste der anhalt-dessauische Prinzenerzieher und Literat Wolfgang Behrisch. Die Kantate wurde bereits im September 2012 in der Wörlitzer St.-Petri-Kirche als „Zweite Welturaufführung am Originalschauplatz“ vom Concert du Soleil, Leipzig, unter Leitung von Sven Schreiber aufgeführt. Die CD der Tonaufnahme ist in allen Läden des Gartenreichs Dessau-Wörlitz (www.gartenreich.com) erhältlich. Die „Zweite Enthüllung“ des Portikus im März 2013 war dagegen ein vergleichsweise schlichter Akt.

Der Gründungsbau des deutschen Klassizismus stellt eine revolutionäre baukünstlerische Leistung dar. Hier wurde kein dynamisch gegliederter barocker Baukörper mit geschwungenen Linien und reicher plastischer Dekoration mehr geschaffen, sondern ein Gebäude, das die einzelnen Bauteile wieder klar begrenzt, die Wände als Flächen betont und Dekoration nur noch in Maßen zulässt. Die hohe kunsthistorische und architektonische Bedeutung des fürstlichen Landhauses war ein wichtiger Grund für die Aufnahme des Gartenreiches Dessau-Wörlitz in die Welterbeliste der Unesco.

Sein Baumeister Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736–1800) war ein Freund des Fürsten und hatte zeitweise mit seinem Landesherren Europas relevante Kulturlandschaften gemeinsam ausgiebig bereist und gründlich studiert. Die vielfältigen Eindrücke dieser Reisen, vor allem von Bauten, Landschaften und Gärten in England und Italien, wurden in die Heimat übertragen. Vom Fürsten wird berichtet, er habe sich das Land seiner Träume, England, auf diese Weise nach Anhalt geholt – hatte Friedrich II. von Preußen ihm doch ausdrücklich untersagt, nach England auszuwandern und dort eine bürgerliche Existenz aufzubauen.

Den Blick in die Ferne hatte der Fürst jedoch nicht verloren. Und die Sehnsucht auch nicht. So ließ er 1783, zehn Jahre nach der Fertigstellung, auf sein Schloss ein Belvedere setzen, das nur über einen Aufgang in Form einer Schiffstreppe begehbar ist. Diese führt in einen Saal mit 36 hölzernen Palmen zwischen den Fenstern und darüber auf eine Aussichts- und Sonnenterrasse, die an ein Schiffsdeck erinnert und das Herz eines jeden Kreuzfahrers höher schlagen lässt.

Immerhin konnte der Fürst von hier aus die einmalige Aussicht über die Wörlitzer Anlagen und die Elbauen bis hin zum Kirchturm von Coswig genießen. Denn wie formulierte es Goethe: „Hier ists jetzt unendlich schön. Mich hats gestern Abend wie wir durch die Seen, Kanäle und Wäldchen schlichen sehr gerührt, wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben, einen Traum um sich herum zu schaffen.“

Seit dem Jahr 2000 wird Schloss Wörlitz restauriert. Bis dato wurden insgesamt mehr als acht Millionen Euro in seine Wiederherstellung investiert. Bis zur geplanten Fertigstellung 2018 werden noch einmal etwa sieben Millionen Euro nötig sein, um insbesondere die Arbeiten im Erdgeschoss abzuschließen und die Innenausstattung inklusive der noch vorhandenen Möblierung zu komplettieren. Dann sollen alle Räume für die Besucher zugänglich sein.

Damit wird Schloss Wörlitz mit all seinen Nebenräumen vom Souterrain bis unters Dach so komplett saniert und zu besichtigen sein wie kaum ein anderer vergleichbarer Bau. Doch schon heute lohnt der Besuch. Wüsste man es nicht besser, könnte man die Restaurierung des so prachtvoll wie praktisch ausgestatteten Landsitzes bereits für abgeschlossen halten. Das Schloss ist nur im Rahmen von Führungen zu be­sichtigen Helga Schnehagen


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