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13.07.13 / Sowjet-Symbolik auf dem Hansaplatz / Politik in Königsberg entscheidet zugunsten der Veteranen − Umstrittene Skulptur erinnert an Kriegsbeginn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-13 vom 13. Juli 2013

Sowjet-Symbolik auf dem Hansaplatz
Politik in Königsberg entscheidet zugunsten der Veteranen − Umstrittene Skulptur erinnert an Kriegsbeginn

Sechs Jahre lang hielt die teils hitzig ausgetragene Diskussion darüber, womit die Siegessäule auf dem Königsberger Hansaplatz gekrönt werden solle, an. Nun wurde die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen gestellt: In der Nacht zum 22. Juni, dem 72. Jahrestag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion, wurde der Siegesorden der Sowjetunion auf die Spitze gesetzt.

Nachdem 2007 auf dem Hansaplatz in Königsberg die 25 Meter hohe Siegessäule aufgestellt worden war, begann schon bald eine Diskussion darüber, welches Symbol die Spitze zieren solle. Diese Diskussion ist nun beendet. Die zuvor eingereichten Vorschläge waren vielfältig: eine Skulptur der Siegesgöttin Nike wurde angeregt, ein Engel, der ein Kreuz in den Händen hält, ein Storch, ein Stern, die Skulptur Georgs des Siegreichen oder eben der Favorit der Veteranenverbände, der Siegesorden. Ein Teil der Bevölkerung war dafür, dass ein Objekt auf der Säule auf irgendeine Weise an den Sieg erinnern solle, andere Königsberger waren eher geneigt, die Säule so zu belassen. Viele Bewohner der Pregelmetropole bezeichneten die Säule als Phallussymbol und meinten, dass sie ohnehin fehl am Platze sei.

An der Entscheidungsfindung waren neben dem Gouverneur auch der Königsberger Bürgermeister, der Kulturrat beim Gouverneur sowie die Gesellschaft der Architekten und Veteranenverbände beteiligt. Schließlich wurde am Vorabend des Jahrestags des Beginns des Deutsch-Sowjetischen Krieges am 22. Juni 1941 auf der 25 Meter hohen Säule der Siegesorden angebracht. Da die Aufrichtungsarbeiten in der Nacht erfolgten, sahen viele Königsberger die Zierde erstmals am frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit.

Die Ordensdarstellung wurde aus Weißrussland importiert, wo sie auch hergestellt worden ist. Die Fertigungskosten betrugen umgerechnet 212000 Euro. Mit der Herstellung wurden weißrussische Künstler beauftragt, weil sie als sehr erfahren gelten. Als Vorbild für die Königsberger Ordensdarstellung diente das Werk des Bildhauers Viktor Kopatsch auf dem Siegesplatz im Zentrum von Minsk.

Stadtoberhaupt Alexander Jaroschuk begründete die Entscheidung: „Es gab viele Fragen beim Kulturrat und den Architekten, aber wir hatten den Veteranenverbänden ein allgemeines Versprechen gegeben, der Gouverneur und ich haben diese Verantwortung übernommen, und nun haben wir sie erfüllt!“

Viele Königsberger Architekten halten diese Art der Gestaltung einer Säule für unglücklich, denn aus ihrer Sicht gehört auf eine Säule immer eine Skulptur, ein flacher Orden dagegen sähe unnatürlich aus.

Ebenso wie die vorangegangenen Diskussionen fielen auch die Reaktionen der ersten Passanten widersprüchlich aus. Valentina, eine Studentin der Königsberger Technischen Universität meinte, dass die Nachbarschaft der sowjetisch-stalinistischen Symbolik mit den Kreuzen auf der orthodoxen Kathedrale ein Widerspruch sei. Die Siegessäule mit dem Orden hätte vielleicht im Park neben dem Denkmal der „1200 Gardisten“, wo die Soldaten der Roten Armee begraben sind, die an dem Sturm auf Königsberg beteiligt waren, einen würdigeren Platz gefunden. Eine Rentnerin schimpfte laut: „Anstatt uns ruhig zu stellen, hätten sie sich lieber mit Wohnungsreparaturen für die noch lebenden Veteranen und mit der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen beschäftigen sollen.“

Wassilij, der in Königsberg Verwandte besuchte, zog einen Vergleich zu dem Siegesplatz in Minsk: „In der weißrussischen Hauptstadt trägt der Siegesplatz seinen Namen zu Recht, dort gibt es ein ewiges Feuer, eine große Skulpturenkomposition, die mit den Kriegsereignissen zu tun hat, aber hier ist ringsherum nichts dergleichen, nur einige Einkaufs- und Unterhaltungszentren, Parkplätze, auf denen ich eine Radfahrerversammlung sah: Das ist also eher ein Handelsplatz denn ein Siegesplatz. Jeder trifft sich hier, bloß Veteranen habe ich noch keine gesehen. Vielleicht wäre Merkur, der Gott des Handels, ein besseres Symbol für die Säule.“

Eine Frau, die mit Einkaufstaschen schnell den Platz überquert, sagte nach einem kurzen Blick auf die Säule: „Mir gefällt’s“. Jurij Tschernyschew


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