28.03.2024

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13.07.13 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-13 vom 13. Juli 2013

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

solch ein Anruf kann auch den grauen Regentag erhellen, an denen dieser Sommer weiß Gott nicht arm ist. Er kam von jener Ursula Brandenburg, die wir auf ihrem Kinderbild in Folge 24 sahen, Hand in Hand mit ihrem jüngeren Spielgefährten Werner Mai vom Königsberger Tragheim. Der nun im Seniorenalter nach ihr gesucht und im zweiten Anlauf sie auch gefunden hat. Nach 68 Jahren gab es ein Wiederhören am Telefon, ein Wiedersehen soll es im Herbst geben, wie mir Ursula Brandenburg mitteilte. Noch immer ist sie ganz erfüllt von der Gewissheit, dass ihr kleiner Freund sie immer gesucht hatte, auch wenn lange Jahrzehnte erfolglos verstrichen waren. Erst über unsere Ost­preußische Familie geschah dann dieses Wunder – und auch als solches bezeichnet es Frau Ursula, die längst einen anderen Namen trägt, und die heute im niedersächsischen Vlotho wohnt. Das ist natürlich sehr weit entfernt von Malching in Oberbayern, vor allem, wenn man nicht motorisiert ist. Aber da will die Tochter von Frau Ursula helfen und sie zu ihrem Jugendfreund fahren, irgendwann im Herbst soll das Wiedersehen stattfinden. „Und wir werden der Ostpreußischen Familie davon berichten!“, versprach die Königsbergerin aus Vlotho, und dafür wird auch der wieder gefundene Spielgefährte sorgen.

Denn Herr Werner Mai ist sehr fleißig im Suchen und Schreiben, zumal positive Ergebnisse immer Nachwuchs bekommen. Und so steuert er jetzt auf Erfolg Nr. 3 zu, denn auch die Nachkommen einer im gleichen Königsberger Haus wohnenden Familie hatte er erfolgreich gesucht, bevor er „Ulla“ fand. Allerdings dürfte die Suche jetzt schwieriger sein, weil er weder die Namen noch die damalige Wohnanschrift nennen kann. Aber immerhin sind es doch einige konkrete Angaben, die weiterhelfen könnten. Das liest sich in dem neuen Schreiben von Werner Mai so:

„Als die Bombennächte von Königsberg vorbei waren, kam ich mit meiner Mutter nach Metgethen zu einer Frau mit zwei Töchtern und einem Sohn. Der Junge hatte sich an beiden Füßen die Zehen verletzt. Die Mutter war sehr streng. Ihrem Siedlungshäuschen schloss sich ein gepflegter Garten an, in dem ein kleiner Hund mit uns herumtollte. Vor der Siedlung lag die Erich Koch Wiese - so benannt nach dem damaligen Gauleiter und Oberpräsidenten, auf der wir Kinder spielten und Drachen steigen ließen. Einmal kam der Namensgeber persönlich vorgefahren und wollte mit seinem Söhnchen einen übergroßen Drachen steigen lassen. Andächtiges Staunen unsererseits, doch der Start missglückte: Ein kleiner Hopser, dann ein harter Absturz, Leistenbruch, Totalschaden! Steppke mit Drachenresten, Papa Koch und uniformierter Wagenlenker stiegen ein und weg war der Spuk. Schlimm war der Tag, an dem am Wäldchen oberhalb der Wiese Soldaten auftauchten. Wir Kinder nix wie hin, doch die Vordersten erkannten an den roten Sternen an der Uniform, das es Russen waren. Zurück so schnell, wie wir konnten und Bescheid gesagt. Meine Mutter packte unsere Sachen zusammen, wir verabschiedeten uns und ab zum Bahnhof. Dort stand tatsächlich ein Zug unter Dampf, der sofort abfuhr und uns nach Königsberg zurück brachte. Gerettet – aber wie erging es den Dagebliebenen?“ Das ist nun die Frage, die Herr Mai stellt. Gibt es Jemanden unter unseren Lesern, der Auskunft darüber geben kann, wie der Familienname der Frau mit den drei Kindern aus der Siedlung lautete und wie ihr Schicksal war? Anhaltspunkte bieten die Lage und vielleicht auch die Fußverletzungen des Sohnes. „Nur der Ostpreußischen Familie, der ich so dankbar bin für die Erfolge, traue ich es zu, auch hier etwas für mich erreichen zu können“, so beschließt Herr Mai seinen dritten Suchwunsch. Vielleicht hat er ja Erfolg abonniert, und es gibt auch diesmal ein positives Ergebnis – so hoffen wir. Nicht ganz ohne Eigennutz, denn eine Triade hatten wir ja noch nie! (Werner Mai, Bürgermeister-Bals-Straße 8 in 82216 Maisach-Malching.)

Manchmal kommt der Erfolg gänzlich unerwartet und ist dann umso beglückender. So erging es jedenfalls unserem „nachgeborenen Landsmann“ Jörn Pekrul aus Frankfurt, der uns immer wieder mit großartigen Fotos aus dem heutigen Ostpreußen überrascht und damit zur Aktualisierung unserer Kolumne beiträgt. Im vergangenen Jahr berichteten wir, dass Jörn Pekrul mit neuen Extra-Fotos aus Königsberg gekommen war und uns die schönsten und interessantesten Aufnahmen mit einer Schilderung seiner Wanderungen durch Nordostpreußen übergeben hatte. Danach meldete sich bei ihm ein Namensvetter, und es zeichnete sich bereits ab, dass es sich um einen Verwandten aus seiner väterlichen Linie handeln könnte. Das hat sich inzwischen bestätigt, und was daraus geworden ist, teilt uns Jörn Pekrul nun mit: „Mittlerweile hat der Kontakt stattgefunden und auch eine persönliche Begegnung. Es handelt sich tatsächlich um einen Vetter meines Vaters, der früher mit seiner Familie „weit im Westen“, nämlich in der Nähe von Graudenz, wohnte. Wir gingen in unserer Familie immer davon aus, dass unsere „Westverwandtschaft“ die Flucht nicht überstanden hatte und was sich auch, wie wir nun erfahren haben, für einen Teil, der auf der ,Wilhelm Gustloff‘ war, leider bestätigt hat. Doch andere Familienmitglieder sind durchgekommen und darunter eben auch der nette und liebenswürdige Ben Pekrul, für den ich sofort eine tiefe Sympathie und verwandtschaftliche Vertrautheit empfunden habe. Der aus meiner Kindheit vertraute Dialekt – hier war er wieder in seiner reinsten Form und klang wie Musik in meinen Ohren. Mein Vater hat sich ebenfalls sehr über diese Begegnung gefreut, und wir wollen die Kontakte noch vertiefen. In Gesprächen mit meinem nun aufgefundenen Onkel erfuhr ich Angaben zu Besonderheiten, die in unserer Familiengeschichte bisher noch mit Fragezeichen versehen waren. Insofern konnten wir nicht nur das Heute, sondern auch das Gestern mit interessanten Begebenheiten ausleuchten. Welch ein unerwarteter Erfolg – dank der Ostpreußischen Familie!“ Und Jörn Pekrul übersendet uns sein persönliches Dankeschön in Form einer Serie von wundervollen Fotos der Kurischen Nehrung und Cranz’, die er mit einer einfühlsamen Schilderung seiner Wanderung durch diese einmalige Landschaft ergänzt. Für sie ist hier und heute leider kein Platz, aber mit Sicherheit in einer unserer nächsten Folgen. Eine allerdings doch sehr bedrückende Aufnahme ist in unserem Extra-Beitrag zu sehen: Sie zeigt ein vollkommen verwahrlostes Haus an der einst so gepflegten Cranzer Strandpromenade!

Einige gut erhaltene Aufnahmen aus alter Zeit sandte uns Frau Sigrid Matthee-Kohl aus Rohrbach zu. Ihre Freundin fand sie im Nachlass ihrer Mutter, die diese Aufnahmen während ihrer Studienzeit in Königsberg gemacht hatte, sie müssen also um 1932 entstanden sein.

Allerdings zeigen nur zwei Fotos Königsberger Motive (Speicher und Fischmarkt), die anderen Aufnahmen entstanden in verschiedenen ost- und westpreußischen Städten. Leider sind die Aufnahmen unbeschriftet, eine Zuordnung dürfte aber aufgrund der darauf abgebildeten profanen und kirchlichen Bauten möglich sein. Hierbei taucht von Seiten der Einsenderin die Frage auf: Steht in Marienwerder noch der Hermann-Balk-Brunnen? Der langen Rede kurzer Sinn: Wer möchte diese Privatfotos haben? Ein Bild, das einen einsamen Bauernhof in der weiten Landschaft unserer Heimat zeigt, soll unsere heutige Kolumne beleben – als Erinnerung an die ostpreußischen Sommer von einst, die noch Sommer waren!

Eure Ruth Geede


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