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20.07.13 / Viele Fragen offen / Moskauer Staatsanwaltschaft wirft Botschaften Einmischung vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-13 vom 20. Juli 2013

Viele Fragen offen
Moskauer Staatsanwaltschaft wirft Botschaften Einmischung vor

Seit Inkrafttreten des neuen Registrierungsgesetzes für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Russland hat die Moskauer Staatsanwaltschaft die Büros zahlreicher Organisationen gefilzt und zigtausende Seiten an Dokumenten beschlagnahmt. Jetzt legte Generalstaatsanwalt Jurij Tschajka Präsident Putin seinen Bericht zur Überprüfung der NGOs vor.

Tschajka listet 215 nichtkommerzielle Organisationen als ausländische Agenten auf, von denen ein Teil Geld aus dem Ausland annehme. Die Mittel aus dem Ausland hätten sich im Zeitraum von 2010 bis 2013 auf mehr als 140 Millionen Euro belaufen. Zum Vergleich: 358 NGOs seien von der russischen Regierung mit insgesamt 154 Millionen Euro gefördert worden. Die übrigen 1868 der insgesamt 2225 Organisationen hätten 567 Millionen Euro aus anderen Quellen erhalten. Einigen NGOs wirft Tschajka vor, sie seien vom Ausland gesteuert: „Entgegen den Auflagen der Wiener Konvention von 1969 werden 17 politisch tätige Organisationen direkt von den Botschaften der USA, Großbritanniens, Belgiens, der Niederlande und der Schweiz finanziert, was nach Ansicht des Außenministeriums eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten unseres Landes und somit eine Verletzung der allgemein anerkannten Völkerrechtsnormen dargestellt“.

Internationale Menschenrechts-organisationen wie Memorial und die Moskauer Helsinki-Gruppe, aber auch lokale Bewegungen wie das Levada-Zentrum, die Rechtsschutzorganisation Agora oder die Bewegung Golos (Stimme) haben jetzt die Möglichkeit, Mittel aus dem Fonds des Präsidenten zu beantragen. Einerseits verhindert die Regierung so die Einflussnahme des Auslands, andererseits könnte sie die Unabhängigkeit der Organisationen untergraben, befürchtet Grigorij Melkonjanz, zweiter Vorsitzender der Bewegung Golos.

Tschaijkas Bericht rief bei den Botschaften der beschuldigten Länder Unverständnis hervor. Der Schweizer Botschafter Pierre Helg wies die Vorwürfe zurück und forderte das Innenministerium zu einer Stellungnahme auf, die ihm diese mit dem Verweis darauf, dass keine Details vorlägen, nicht geben wollte.

Gegenüber den NGOs weigert sich die Staatsanwaltschaft, eine Liste der Organisationen, denen ein Fehlverhalten vorgeworfen wird, zu veröffentlichen. Deshalb wurden diese selbst aktiv. Sie eröffneten die Webseite „Sakrytoe obschtschestwo“ (Geschlossene Gesellschaft), auf der die Organisationen angeben können, welche Vorwürfe gegen sie erhoben werden.

Auch Sergej Tscherkasow, Vorsitzender von Memorial, glaubt, dass an dem Bericht Tschajkas etwas nicht stimmen könne. Tschajka spreche darin von hunderten Millionen Euro, die die Organisationen erhalten haben sollen, jedoch ohne Quellen zu nennen und auf wessen Konten so viel Geld gefunden wurde. Auch Experten bemängeln, dass der Bericht der Generalstaatsanwaltschaft viele Fragen offen lässt. Jelena Topolewa-Soldunowa, Mitglied im Menschenrechtsrat beim russischen Präsidenten, beklagt widersprüchliche Informationen seitens der Staatsanwaltschaft bezüglich der Überprüfung der NGOs. Sie sagte, die Vertretungen anderer Länder widmeten sich seit jeher legal gemeinnützigen Tätigkeiten, und die gemeinnützigen Organisationen hätten auch niemals ihre Beziehungen zu den Botschaften verheimlicht. M. Rosenthal-Kappi


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