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20.07.13 / Konkurrenz für Hamburg / Wien will mit Transsib dem Hafen Kunden abspenstig machen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-13 vom 20. Juli 2013

Konkurrenz für Hamburg
Wien will mit Transsib dem Hafen Kunden abspenstig machen

Per russischer Breitspurbahn von Wladiwostok bis nach Wien – zumindest die Grundlagen für ein derartiges Verkehrsprojekt sind nun in Österreichs Hauptstadt gelegt worden. Bahnchefs mehrerer Länder haben ein Absichtspapier mit ersten Plänen zur Verlängerung der russischen Transsib-Breitspurbahn bis nach Wien unterzeichnet. Die Gesamtkosten für das Projekt, das auf Seiten Russlands hohe Priorität genießt, werden auf sechs Milliarden Euro geschätzt. Teil des Vorhabens: Im Großraum Wien soll am Endpunkt der Verbindung auf 200 Hektar ein Güterterminal entstehen. Kalkulierte Kosten allein dafür: 800 Millionen Euro.

Dem Chef der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), Christian Kern, schwebt vor, dass Wien damit wie ein „Hamburg am Festland“ wird, „ein Trockendock, ein Hub, zur Güterverteilung über Europa“. Die Ausgangsbedingungen, die Wien dafür mitbringt, sind gut: Die Stadt ist Kreuzungspunkt von drei wichtigen europäischen Bahnlinien. Zum Anschluss des Güterzentrums sollen rund 20 Kilometer Breitspur ab der slowakisch-österreichischen Grenze gebaut werden. In der Slowakei kämen noch einmal 400 bis 500 Kilometer an Neubaustrecke hinzu. Bisher endet die russische Breitspur im Osten des Landes.

Indem sich die Slowakei auf die Verlängerung einlässt, scheint Preßburg [Bratislava] auf den ersten Blick einen Standortvorteil aus der Hand zu geben. Durchaus denkbar wäre es gewesen, das Fracht-Großterminal in der Slowakei zu planen. Tatsächlich soll das Land aber von der jetzt geplanten Lösung, einer Verlängerung der bestehenden Breitspurbahnverbindung bis Wien, mit profitieren. In der Slowakei soll ein Sub-Terminal für Fracht entstehen, auch beim Bau und Betrieb der Bahn hoffen die Slowaken zum Zuge zu kommen. Im Blick haben die Bahnchefs mit dem Projekt die Wachstumsmärkte in Fernost. Zentraleuropa soll per Breitspur nicht nur mit dem Transsib-Endpunkt Wladiwostok am Pazifik verbunden werden, sondern auch über den bereits bestehenden Abzweig mit der chinesischen Metropole Schanghai.

Die Rechnung könnte aufgehen: Schiffe brauchen von Schanghai nach Europa 30 Tage, die Bahn könne dies in zehn Tagen schaffen, so ÖBB-Chef Kern. Negativ zu Buche schlagen die Kosten: Derzeit kostet ein Bahncontainer etwa das Dreifache dessen, was für einen Containertransport auf dem Seeweg von Asien nach Europa verlangt wird. Obendrein wäre das nun vorgestellte Projekt nicht einmal Vorreiter auf dem Gebiet. Bereits seit Herbst 2011 transportiert ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn für BMW sieben Mal in der Woche Zulieferteile von Leipzig bis an eine Fertigungsstätte an der Ostküste Chinas. Der sogenannte China-Zug nutzt ebenfalls zum Teil die Transsib-Strecke. Bei der Deutschen Bahn gilt das Projekt als Erfolg, obwohl die Container wegen unterschiedlicher Spurweiten bisher unterwegs umgeladen werden müssen. Für das nun angeschobene Verlängerungsprojekt der Transsib soll schon bis Jahresende das Ergebnis einer Projektstudie vorliegen, eine Entscheidung über den Bau wollen die beteiligten Bahnchefs bereits im Jahr 2014 fällen. N.H.


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