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20.07.13 / Hungertod eines Ufa-Stars / Leben und Tod des Schauspielers Heinrich George wurde verfilmt – Schimanski-Darsteller Götz George spielt den eigenen Vater

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-13 vom 20. Juli 2013

Hungertod eines Ufa-Stars
Leben und Tod des Schauspielers Heinrich George wurde verfilmt – Schimanski-Darsteller Götz George spielt den eigenen Vater

Im September 1946 starb Heinrich George in sowjetischer Haft im Lager von Sachsenhausen. Weil er als Schauspieler während des Kriegs arbeiten wollte, verstrickte er sich mit dem NS-Regime. Das wurde ihm nach dem Krieg zum tödlichen Verhängnis. Am 22. Juli auf Arte und am 24. Juli in der ARD geht das Doku-Drama „George“ der Schuldfrage des Schauspielers nach. In der Hauptrolle: Heinrich Georges Sohn Götz.

Am 22. Juni 1945, während der vierten Verhaftung durch die Sowjetische Besatzungsmacht in Berlin innerhalb von sechs Wochen, rief der berühmte Schauspieler Heinrich George seiner voller Angst zurückbleibenden Familie zu: „Ich bin bald wieder da!“ Das aber war eine trügerische Hoffnung: George starb zu Tode gehungert am

25. September 1946 im Alter von nur 52 Jahren im Speziallager Nr. 7 von Sachsenhausen bei Berlin, einem von den Sowjetrussen übernommenen und bis 1950 weitergeführten Konzentrationslager der Nationalsozialisten.

Heinrich George war schon in der Weimarer Republik ein bekannter Schauspieler, der 1921 seinen ersten Film drehte, dem Jahr um Jahr weitere folgen sollten. 1931 glänzte er in der Döblin-Verfilmung von „Berlin – Alexanderplatz“. Die Nationalsozialisten nutzten seinen Ruhm für ihre Zwecke, dem sich George nicht entzog. Er wollte immer nur schauspielern, weshalb er ein Bündnis mit dem Teufel einging und in Propagandafilmen auftrat wie „Hitlerjunge Quex“, dem antisemitischen Machwerk „Jud Süß“ oder „Kolberg“, der die kriegsmüden Deutschen zum Durchhalten bewegen sollte. Doch in dieser Zeit tauchte er auch in Filmen mit russischen Themen auf wie „Stjenka Rasin“ und „Der Postmeister“ nach Puschkin. Hier wie auch im Film „Der Biberpelz“ zeigte er seine große Begabung jenseits aller Ideologien.

Heinrich George, am 9. Oktober 1893 als Georg Schulz in der pommerschen Hauptstadt Stettin geboren, nahm, nachdem er die Oberrealschule vor dem Abitur verlassen hatte, Schauspielunterricht in Stettin und bekam seine erste Rolle im Sommer 1912 im pommerschen Kolberg. Nach weiteren Stationen in Bromberg in der preußischen Provinz Posen und im mecklenburgischen Neustrelitz nahm er als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und wurde im Winter 1915 schwer verwundet. Als er den Krieg überstanden hatte, trat er der Kommunistischen Partei bei und spielte Rollen unter Erwin Piscator und Bertolt Brecht. Nach 1933 hatte er zunächst Spielverbot, wurde dann aber in die Ufa-Filmindustrie eingebunden bis zum Kriegsende. So wurde er auch Intendant des Schiller-Theaters in Berlin, wo er auch politisch „unerwünschte“ und verfolgte Künstler unter Vertrag nahm. Noch 1933 hatte er die Schauspielerin Berta Drews geheiratet, mit der er zwei Söhne hatte: Jan (geboren 1931) und Götz (geboren 1938).

Während der Schlacht um Berlin floh er mit Frau und Kindern im Ruderboot über den Kleinen Wannsee und kam nach einer Woche zurück in die einstige Reichshauptstadt. Zwischen dem 14. und 26. Mai wurde er dreimal festgenommen und wieder freigelassen, bekam sogar von den Russen Lebensmittelkarten ge­schenkt, weshalb er auch die durch Denunziation verursachte vierte Verhaftung für ein pures Missverständnis hielt: Sie nahm ein tödliches Ende. Erst 1994 wurden seine sterblichen Überreste in einem Waldstück bei Sachsenhausen gefunden und auf dem Städtischen Friedhof von Berlin-Zehlendorf beigesetzt.

Jetzt ist das Leben des Schauspielers Heinrich George, dem die Deutsche Bundespost 1993 zum 100. Geburtstag eine Briefmarke widmete, verfilmt worden. Die Titelrolle in „George“ wurde mit seinem Sohn Götz besetzt, der mit seiner Rolle als Kommissar Horst Schimanski ein krimibegeistertes Publikum fand. Georges Frau Berta Drews spielt Muriel Baumeister. Regisseur ist der Dokumentarfilmer Joachim Lang, der die Geschichte für den Südwestrundfunk in Stuttgart filmisch in Szene gesetzt hat. Heinrich George wurde nach der Verhaftung in den Kellern des Gefängnisses Berlin-Hohenschönhausen, das heute wegen seiner Stasi-Vergangenheit Ge­denkstätte ist, von NKWD-Offizieren verhört. Die Protokolle dieser Verhöre sind erhalten geblieben und bilden eine der Grundlagen dieses Films.

Außer den Filmen gibt es eine Fülle von Material über George, das die beiden Söhne in einem Archiv aufbewahrt haben, mit dessen Hilfe auch mehrere Biografien, darunter „Heinrich George. Mensch aus Erde gemacht“ (1998) von Werner Maser, entstanden. Außerdem gibt es die Erinnerungen der Witwe Berta Drews „Wohin des Wegs“ (1986).

Es wird Zeit, diesen exemplarischen Lebenslauf von den Legenden zu befreien, die ihn seit 1945 überwuchert haben. Der Arzt Dr. Schumann, der in Sachsenhausen den Tod des Schauspielers zu bestätigen hatte, verweigerte sich schon damals der Legendbildung. Er lehnte es ab, als Todesursache anzugeben, George wäre „an den Folgen einer Blinddarmoperation“ verstorben. Vermutlich starb der einst füllige Schauspieler entkräftet an den Folgen eines Hungerödems. Jörg Bernhard Bilke


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