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20.07.13 / Ein gescheiterter deutscher Ford / Vor 50 Jahren starb Carl Friedrich Wilhelm Borgward – Die Zerstörung seines Lebenswerks überlebte er nur kurz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-13 vom 20. Juli 2013

Ein gescheiterter deutscher Ford
Vor 50 Jahren starb Carl Friedrich Wilhelm Borgward – Die Zerstörung seines Lebenswerks überlebte er nur kurz

Zeitweise war Carl F. W. Borgwards Auomobilkonzern der größte Arbeitgeber Bremens, sein „Leukoplastbomber“ das nach VW „Käfer“ und Opel „Rekord“ meistzugelassene Auto der Bundesrepublik und jedes vierte Nutzfahrzeug im Deutschen Reich einer seiner „Goliaths“. Vor 50 Jahren starb der gebürtige Preuße in Bremen.

Carl Friedrich Wilhelm Borgward ist schließlich tragisch gescheitert. Nichtsdestoweniger besaß er mit technischem Sachverstand und Geschäftstüchtigkeit gute Voraussetzungen für eine Karriere als Autobauer. Beide Eigenschaften zeigten sich bereits frühzeitig bei dem Ingenieur und Geschäftsmann. Der sprichwörtliche goldene Löffel im Mund war ihm versagt. Die Verhältnisse, in denen der am 10. November 1890 im damals preußischen Altona geborene Kohlenhändlersohn mit einem Dutzend Geschwistern aufwuchs, werden als bescheiden beschrieben. Seine Berufsausbildung begann mit einer Schlosserlehre. Es folgte der Besuch der Maschinenbauschule im nahen Hamburg. Eine anschließende Berufstätigkeit in Hannover nutzte er zum Besuch der dortigen Technischen Hochschule. 1913 war er Oberingenieur. Die technische Ausbildung war damit vor dem Ersten Weltkrieg abgeschlossen.

Nach dem Krieg begann die Karriere des Bremer Unternehmers Borgward. 1919 wurde er Teilhaber der „Bremer Reifenindustrie GmbH“. Bereits kurze Zeit später stellte er die Produktion auf Kühler und Kotflügel um und der Miteigentümer Ernst Bairold schied aus. Doch das war nur der erste Schritt. Nach Inflation und Währungsreform begann das Unternehmen, das mittlerweile „Bremer Kühlerfabrik Borgward & Co.“ hieß, mit der Produktion von dreirädrigen Kleinlieferwagen. Dem 1924 auf den Markt gebrachten „Blitzkarren“ folgte bereits ein Jahr später der ebenfalls dreirädrige „Goliath“. Bis zum Ende des Jahrzehnts war bereits jedes vierte Nutzfahrzeug im Deutschen Reich ein „Goliath“. Für das nötige Kapital hatte Wilhelm Tecklenborg gesorgt, der 1925 10000 Reichsmark in das Unternehmen mit eingebracht hatte, das nun entsprechend der Umstellung der Pro­dukt­palette „Fahr­zeug­werke Borgward & Co. GmbH“ hieß. Doch auch dieses blieb nur eine Episode. Der Name des erfolgreichen Dreirades wurde in den Firmennamen aufgenommen und so entstanden 1928 die „Goliath-Werke Borgward & Co.“ Die Gewinne aus dem „Goliath“-Verkauf ermöglichten Borgward den Kauf der benachbarten und in der Weltwirtschaftskrise ins Straucheln geratenen „Hansa-Lloyd-Werke“, die er mit seiner alten Firma zur „Hansa-Lloyd und Goliath-Werke Borgward & Tecklenborg“ verschmolz. Kompliziertheit zieht sich wie ein Faden durch die Geschichte von Borgwards Automobilimperium, was ihm Übersicht, Kontrolle, stringente Führung und Ausrichtung auf ein gemeinsames Unternehmensziel nicht unbedingt erleichtert hat.

Ein weiteres Problem war sein durch keine Selbstzweifel getrübter tollkühner Vorwärtsdrang. Er ließ ihn Gefahren verkennen und unnötige Risiken eingehen. Auch Tecklenborg war Borgwards Expansionsstreben zu stürmisch. Ihm war das Risiko als persönlich haftender Gesellschafter zu groß und so wurde mit vier weiteren Bremer Kaufleuten 1936 die Aktiengesellschaft „Hansa-Lloyd-Goliath Werke“ gegründet. Um freie Hand zu haben, trennte Borgward sich jedoch von seinen Mitaktionären und es entstanden 1938 die „Carl F. W. Borgward Automobil- und Motorenwerke“.

Andererseits wäre ohne Borgwards tollkühnen Vorwärtsdrang diese Aufbauleistung innerhalb von nur einer Generation bei all den Widrigkeiten wohl kaum möglich gewesen. 1931 fing er mit der Produktion von Personenwagen an. Den Anfang machte der dreirädrige „ Goliath Pionier“. Später kamen die Modelle der Marke „Hansa“ hinzu. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden bei Borgward auch Torpedos und Kettenfahrzeuge produziert. Borgward wurde Wehrwirtschaftsführer.

Durch den Zweiten Weltkrieg wurde der Unternehmer gleich doppelt getroffen. Zum einen wurden die Produktionsstätten durch Bombenangriffe zu 80 Prozent zerstört. Zum anderen galt er als Wehrwirtschaftsführer als belastet und wurde entsprechend von den Kriegssiegern behandelt. Bis 1948 zog sich seine Entnazifizierung hin, war ihm die Leitung seines Unternehmens untersagt. Trotzdem konnte er an die Vorkriegserfolge anknüpfen. Und wieder wird die Unternehmensgeschichte kompliziert. Um mehr Rohstoffzuteilungen zu erhalten, nahm er 1949 eine Teilung seines Unternehmens in die GmbHs „Carl F. W. Borgward Automobil- und Motoren-Werke“, „Goliath-Werk“ und „Lloyd Maschinenfabrik“ vor, die Fahrzeuge der Marken „Borgward“, „Hansa“, „Goliath“ und „Lloyd“ herstellten.

Bereits das erste Modell, der 1949 auf dem Genfer Automobilsalon präsentierte Hansa 1500, ist als erstes deutsches Fahrzeug mit Pontonkarosserie eine Innovation. Ein Jahr später folgte der unterhalb des VW „Käfers“ angesiedelte Kleinwagen Lloyd LP 300, der als „Leukoplastbomber“ bundesdeutsche Automobilgeschichte schrieb. Diverse weitere Modelle folgten, deren Qualität und Attraktivität die Fähigkeiten des Automobilkonstrukteurs Borgward widerspiegelten und das Borgward-Konsortium zum wichtigsten Arbeitgeber Bremens machten.

Allerdings führte diese Freude Borgwards am Konstruieren auch zu einer Verzettelung der Modellpalette und gehört sicherlich zu den diversen Gründen für das schließliche spektakuläre Scheitern als Unternehmer. Durch einen Zahlungsengpass sah sich der ambitionierte, immer vorwärtsdrängende Aufsteiger 1961 gezwungen, sein Imperium entschädigungslos dem Bundesland Bremen zu überlassen, in dessen Obhut es noch im selben Jahr in Konkurs ging. Borgward überlebte das Ende seines Lebenswerkes nur kurz. Er starb am 28. Juli 1963 an Herzschwäche. Manuel Ruoff


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