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20.07.13 / Einsame Spuren im Dünensand / Jörn Pekrul nimmt uns mit auf eine Nehrungswanderung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-13 vom 20. Juli 2013

Einsame Spuren im Dünensand
Jörn Pekrul nimmt uns mit auf eine Nehrungswanderung

An diesen warmen Sommertagen bekommt die Erinnerung Flügel. Sie bringt die Älteren unter uns zurück in die Kindertage, die in Sand und See verspielt wurden, an irgendeinem der weißen Strände unserer Heimat. Zurück an das Wandern im flirrenden Dünensand mit dem Blick auf die endlos scheinenden Wasserweiten von See und Haff. Das Sommerparadies meiner Kindheit ist für mich wieder lebendig geworden in Bild und Wort, denn es ist noch immer da, und unser Leser Jörn Pekrul hat es eingefangen und lädt uns zu einer Wanderung über die Kurische Nehrung ein. „Darf ich bitten?“, fragt er, und ich folge ihm nur zu gerne und nehme unsere Ostpreußische Familie mit. Sie führt zu einem kleinen Nehrungsdorf, das zwischen Grenzen und Zeiten zu liegen scheint: nach Pillkoppen. Wir erkennen es in den niedergeschriebenen Empfindungen des Verfassers wieder:

„Wir fahren auf der alten Poststraße die Nehrung hinauf nach Pillkoppen. Dort biegen wir zur Haffseite ab. Die Weiße Düne kündigt sich schon durch die ersten Bepflanzungen und Festsetzungen an, jedoch lässt im weiteren Verlauf auch diese spärliche Vegetation nach, und wir sehen nur noch den weißen Sand, den weiten, blauen ostpreußischen Himmel mit seinen Wolkengebirgen, die ihn wie eine große Kathedrale erscheinen lassen. Es ist Mittag und uns umgibt – bis auf einen fernen Möwenschrei – eine Stille und eine Langsamkeit, wie sie in bewohnten Gegenden nicht mehr zu finden ist. Das Leben, das hier existiert, zeigt sich lediglich in den Spuren einiger Vögel in einer feuchten Sandstelle oder in einer zurückgelassenen Feder. Diejenige, die ich aufhebe, kommt von einem Storch. Wir steigen immer weiter die Düne hinauf. Die Schuhe haben wir längst ausgezogen, und wir spüren den weichen, warmen Sand unter unseren Füßen. In Sichtweite blitzt das Wasser des Haffes auf, das heute still wie ein Spiegel liegt. Ansonsten nur die Dünen, die Ferne, die Einsamkeit, die Stille. Je weiter man die Düne hinan steigt, desto stärker wird das Gefühl, dass die irdischen Beschwerlichkeiten abfallen, und wir erreichen einen Zwischenzustand, der uns im Übergang von Erde und Himmel zum Zentrum unseres Selbst führt, der den ganzen Menschen wieder in sein Lot rückt. Auf der Höhe der Düne ist es sehr windig. Der feine Sand, der hier verweht, wirkt wie feine Nadelstiche auf der Haut. Das Haff liegt nun weit unter uns. Das Gefühl für Raum und Zeit geht verloren. Wir kommen zur Ruhe.

Im Nachhinein überlegte ich mir, dass andere Menschen an anderen Orten viel Geld bezahlen, um sich diese Ruhe auf irgendwelchen, für sie glaubhaft wirkenden maßgeschneiderten Experimenten zu erkaufen, um sie dann letztendlich doch nicht zu finden oder nur als kurzfristigen Effekt. Hier auf der Kurischen Nehrung bekommen wir die Ruhe umsonst. Doch es sind nicht nur die sicht- und spürbaren Gegebenheiten der Natur, die uns diese Ruhe schenken, es kommt noch ein Wesentliches hinzu: die Vertrautheit mit und ein Verwurzelt sein in diesem Land, Eigenschaften, die wir in uns tragen. Beide haben in uns die Keime für die Liebe und Fürsorge gelegt, die wir ihm widmen, wo wir auch sind – vor Ort oder in der Ferne, seien wir dort noch geboren oder über die ihre Heimat bewahrende Familie hineingewachsen. Damit gehen auch eine gewisse Demut und eine liebevolle Fürsorge einher gegenüber diesem Land, seiner Geschichte und seinem Geschick. So gewinnen wir die Einsicht, dass wir nicht alles in die Hand nehmen, jedoch aus dem, was möglich ist, das Wahrhaftigste und das Beste machen können. Und man kann dies noch bei Menschen ostpreußischer Wesensart noch ergänzen mit ,das Beste machen wollen‘. Beides schenkt uns nicht nur den Lohn für unsere Tätigkeiten, sondern noch mehr einen inneren Frieden, den wir, die wir mit diesem Land und seinem Geschick verbunden sind, brauchen. Und dies in unsere Zeit transportiert, lässt uns auch mit freundlicher Anteilnahme auf die Menschen sehen, die heute dort leben und ihr Geschick mit Mitgefühl verfolgen.“

Dies sind die gedanklichen Spuren, die der Nachgeborene einer altpreußischen Familie auf seiner Nehrungswanderung hinterlassen hat, sie werden bei uns nicht verwehen. Wir danken Jörg Pekrul sehr dafür wie auch für die wundervollen Aufnahmen. Wobei im Hinblick auf Pillkoppen noch eine Frage im Raum steht: Wurden die Gedenktafeln an die ehemaligen „Bewohner von Pillkoppen“, die vor kurzem entfernt wurden, inzwischen wieder aufgestellt? R.G.


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