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27.07.13 / Sarrazin zu Unrecht abgestempelt / Völkerrechtler Tomuschat übt vernichtende Kritik am Votum des UN-Antirassismus-Ausschusses

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-13 vom 27. Juli 2013

Sarrazin zu Unrecht abgestempelt
Völkerrechtler Tomuschat übt vernichtende Kritik am Votum des UN-Antirassismus-Ausschusses

Die Entscheidung des UN-Antirassismus-Ausschusses im Fall Thilo Sarrazin ist juristisch haltlos. Das weist der angesehene Völkerrechtler Christian Tomuschat nach. In Deutschland wurde zudem das abweichende Votum des amerikanischen UN-Ausschussmitgliedes und Harvard-Professors Carlos Manuel Vazquez verschwiegen. Vazquez sieht keinen Verstoß Deutschlands gegen die UN-Antirassismus-Konvention.

Der UN-Antirassismus-Ausschuss hatte Deutschland gerügt, weil es das frühere Vorstandsmitglied der Bundesbank Sarrazin wegen Äußerungen in einem Zeitschriften-Interview im Jahr 2009 nicht strafrechtlich verfolgt hat. Damit habe Deutschland die UN-Antirassismus-Konvention verletzt. Der Ausschuss bewertete Aussagen Sarrazins über Türken und Araber als rassistisch und forderte von Deutschland Maßnahmen, damit solche Äußerungen künftig bestraft werden können. Innerhalb von 90 Tagen musste Deutschland berichten, wie es die Forderungen des Ausschusses umzusetzen gedenke. Die 18 Mitglieder des Ausschusses stammen teils aus Diktaturen, etliche sind keine Juristen und bis auf ein Mitglied versteht niemand Deutsch. Die hiesigen Gegner Sarrazins, darunter das steuerfinanzierte „Deutsche Institut für Menschenrechte“, das dem UN-Ausschuss für sein Votum fleißig soufflierte, begrüßten die Entscheidung freudig. Jetzt war Sarrazin sogar gleichsam mit UN-Prüfsiegel als Rassist abgestempelt.

In der Antwort der Bundesregierung an den Ausschuss hieß es jetzt, dessen Votum sei den Gerichten und Staatsanwaltschaften übermittelt worden. Man habe die Staatsanwaltschaft Berlin gebeten, die Einstellung der Ermittlungen gegen Sarrazin nochmals zu überprüfen. Die Bundesregierung überdenke derzeit die deutsche Gesetzgebung zur „Strafbarkeit rassistischer Äußerungen im Lichte des Ausschuss-Votums“. Die Berliner Staatsanwaltschaft teilte inzwischen aber mit, „die Sach- und Rechtslage“ auf Bitte des Bundesjustizministeriums noch einmal geprüft zu haben; es bleibe aber bei der Einstellung des Verfahrens. Dies wurde vom Türkischen Bund Berlin-Brandenburg, der die Beschwerde gegen Deutschland bei dem UN-Ausschuss eingereicht hatte, sogleich heftig kritisiert.

Völlig verschwiegen wurde in Deutschland das sechsseitige Sondervotum des Vertreters der USA im UN-Ausschuss, Carlos Manuel Vazquez. Der kubanischstämmige Jurist lehrt an der Georgetown-Universität in Washington und in Harvard. Vazquez erklärte, Deutschland habe keineswegs die UN-Antirassismus-Konvention verletzt, indem es Sarrazin nicht bestrafte. Dessen Interview enthalte zwar „bornierte und beleidigende Äußerungen“, doch verlange das Übereinkommen keine strafrechtliche Verfolgung „aller bornierten und beleidigenden Äußerungen“. Vazquez erklärte auch: „Die entsprechenden Beamten des Vertragsstaates beherrschen die betreffende Landessprache weitaus besser als die Mitglieder dieses Ausschusses und können die wahrscheinlichen Auswirkungen der Äußerungen im sozialen Kontext des Vertragsstaats weitaus besser einschätzen.“

Nur Vazquez bewertete die Äußerungen Sarrazins angemessen differenziert. Es sei nicht willkürlich von Deutschland, wenn es in ihnen „keine sich auf die Überlegenheit einer Rasse gründenden Ideen“ erkenne. Das Recht auf freie Meinungsäußerung gelte auch für Äußerungen, die in scharfe und sarkastische Worte gefasst seien. In den Aussagen Sarrazins, die der Ausschuss als „Aufreizen zur Diskriminierung“ werte, äußere dieser lediglich Ideen für eine mögliche Gesetzgebung. „Der Begriff des Aufreizens zum Erlass einer bestimmten Gesetzgebung“, erklärte Vazquez geradezu spöttisch, „ist meines Wissens in der Tat neu“.

Der Völkerrechtler Christian Tomuschat hat in der Juni-Ausgabe der „Europäischen Grundrechte Zeitschrift“ (EuGRZ) die Entscheidung des UN-Ausschusses einer vernichtenden Kritik unterzogen. Das erste vom Ausschuss herangezogene Zitat Sarrazins weise eine „gravierende Fehlübersetzung“ auf. Sarrazin werde so wiedergegeben, als sollten die von ihm als unproduktiv kritisierten „Unterschichten“ „disappear over time“, was als Aufruf zur gezielten Verdrängung dieser Menschen aus Berlin zu interpretieren wäre. In Wahrheit habe Sarrazin gesagt: „Dieser Teil muss sich auswachsen“, was nichts anderes als – so Tomuschat – Ausdruck der Erwartung sei, dass die bisher von staatlichen Wohlfahrtsleistungen lebenden Menschen sich durch „natürliche Wachstumsprozesse“ in das Wirtschafts- und Sozialleben eingliedern würden. Sarrazin habe sich dabei nicht nur auf die in Berlin lebenden Immigranten bezogen, sondern auf die gesamte Bevölkerungsschicht, einschließlich der Deutschen.

Die Entscheidung des Ausschusses werde juristisch-handwerklich völlig ungenügend begründet. Insbesondere fehle eine Abwägung bezüglich der Meinungsfreiheit. Der Ausschuss habe mit dieser Entscheidung nicht nur sich selbst diskreditiert, sondern auch „insgesamt dem Gedanken des Menschenrechtsschutzes durch internationale Sachverständigengremien schweren Schaden zugefügt“. Michael Leh


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