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27.07.13 / Springer und der Spion / Freund und Schwager des Verlegers war einst MI-6-Agent gewesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-13 vom 27. Juli 2013

Springer und der Spion
Freund und Schwager des Verlegers war einst MI-6-Agent gewesen

Die Engländer betrachteten den jungen Hamburger Verleger Axel Springer mit Wohlwollen. Zusammen mit John Jahr hat er von den Engländern die Lizenz zur Herausgabe der „Hörzu“ und der Frauenzeitschrift „Constanze“ bekommen. Kurz darauf erhielt er auch die Genehmigung, das „Hamburger Abendblatt“ zu verlegen. 1952 startete Springer die „Bild“-Zeitung mit einer Millionenauflage. Mit seinen Zeitungen konnte er die Meinung des Volkes beeinflussen, konnte bald mehr Macht ausüben als die Politiker in Bonn.

Während Springer zielgerichtet sein Imperium aufbaute, arbeitete Frank Lynder bei der Nachrichtenagentur Reuters – ausgestattet mit üppigem Gehalt. Lynder recherchierte über den Wiederaufbau des Landes in der Nachkriegszeit, seine Artikel wurden in unterschiedlichen Zeitungen veröffentlicht. Einen großen Namen machte er sich damit aber nicht. 1954 begann Lynder seinen Job bei Springer in Hamburg; der gut bezahlte Reuters-Journalist wechselte zur „Bild“-Zeitung als Comic-Texter, arbeitete nun jeden Tag an „Kommissar Schmidt und Schmidtchen“.

Schon in den ersten Wochen lernte er im Hamburger Springer-Haus die Schwester des Verlegers kennen. Ingeborg Springer hatte bei einem alliierten Bombenangriff auf die Hansestadt ihre beiden Töchter verloren. Lynder, selbst alleinerziehender Vater von zwei Töchtern, geschieden von seiner englischen Frau, schien der ideale Partner. 1957 wurde geheiratet. Ingeborg Springer nannte sich fortan in Aneinanderhängung von Namen und Pseudonym Leuwer-Lynder. Die Eheleute zogen nach London, wo Lynder fortan als England-Korrespondent für die „Bild“ arbeitete. Sie lebten in einer Villa – bezahlt vom großen Verleger.

In dieser Zeit begann eine enge Freundschaft zwischen dem Verleger und Lynder. Es ist nicht bekannt, ob Lynder gegenüber Springer je über seine Verbindung zum britischen Geheimdienst gesprochen hat. In den Fluren des Springer-Hochhauses ging aber das Gerücht um, er sei Mossad-Spion.

Anfang der 1970er Jahre trennten sich Ingeborg und Frank Lynder einvernehmlich, eine Scheidung gab es jedoch nie. Lynder befürchtete, dass Axel Springer nun das Interesse an ihm verlieren werde. Aber das Gegenteil war der Fall: Die beiden Männer verbrachten gemeinsame Urlaube in Norwegen.

Auf Geheiß Springers schrieb Lynder anonym ein Buch über die RAF, in dem er vor allem der SPD eine Mitschuld am Terrorismus gab, was ganz im Sinne Springers war, der sich von Regierung und Volk missverstanden fühlte. Die damals SPD-nahe „Zeit“ bezeichnete das Buch als „politische Pornografie“.

Damals hatte Lynder die Seiten gewechselt: Vom Agent des britischen Geheimdienstes zum loyalen Agenten des Verlegerkönigs.

Lynder starb 1984 in Schierensee, im Schloss des Verlegers. Als er beerdigt wurde, ließ Springer seinen Sarg mit roten Rosen überschütten. N.A.

Nils Aschenbeck ist Autor des Buches „Agent wider Willen. Frank Lynder, Axel Springer und die Eichmann-Akten“.


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