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27.07.13 / Glanz und Elend eines Sachsenschlosses / Schloss Hubertusburg erstrahlt wieder in alter Pracht – Jahre zuvor wurde die Residenz der Sachsenkönige zweckentfremdet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-13 vom 27. Juli 2013

Glanz und Elend eines Sachsenschlosses
Schloss Hubertusburg erstrahlt wieder in alter Pracht – Jahre zuvor wurde die Residenz der Sachsenkönige zweckentfremdet

Das zwischen Leipzig und Dresden gelegene Schloss Hubertusburg hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Ursprünglich als königliche Jagdresidenz gedacht, fungierte es in dunkleren Jahren als Lazarett, Besserungsanstalt und sogar als Gefängnis. Jetzt wird es aufwendig saniert und weist in einer Ausstellung auf ruhmreichere Zeiten hin wie auf den Hubertusburger Frieden von 1763.

Wie ein Vorwurf wirken die verrotteten Wände im Inneren des Rohbaus von Schloss Hubertusburg. Mit ihm erwuchs im frühen 18. Jahrhundert eine der größten Schlossanlage des Rokokos in Deutschland. In Dresden kam der repräsentative Umbau der Renaissance-Anlage zu einer zeitgemäßen Residenz nicht voran, da der Nordische Krieg die Bautätigkeit bis 1710 lähmte. Schließlich entwickelte sich aus einem bescheidenen Vorgängerbau in der Nähe von Wermsdorf zwischen 1727 und 1743 Stück für Stück eine imposante Anlage, ähnlich wie beim Dresdner Zwinger, der nach und nach aus dem Hausgarten der Kurfürstin zwischen den Festungswällen zu einer festlichen Prunkarchitektur ohne Beispiel auswuchs.

In Hubertusburg verband die Hauptachse eines Lustgartens den Zentralbau über die Jagdschneisen des nahegelegen Wermsdorfer Waldes mit den Weiten der Umgebung. Die gerühmte Dresdner Hofkapelle fand in einem eigens dafür eingerichteten Opernhaus eine Spielstätte und das Jagdgefolge in den weitläufigen Nebengebäuden eine Unterkunft. Ein springender Rehbock steht als Wetterfahne auf dem Dachreiter des Zentralbaus.

Mit Versailles wollte sich Hubertusburg messen und teilt damit die Absichten vergleichbarer Bauvorhaben, die in Schönbrunn, Würzburg, Mannheim und Pommersfelden zur gleichen Zeit Gestalt annahmen. Der Siebenjährige Krieg tilgte dann den Ort von der Landkarte des fürstlichen Prunks und schrieb ihn dafür als Symbol eines Friedenschlusses in die Geschichtsbücher ein.

In seiner „Geschichte Friedrichs des Großen“ beschreibt Franz von Kugler das Ende: „Sorgfältig hatte Friedrich bis jetzt für den Schutz der königlichen Schlösser in Sachsen gewacht ... Jetzt aber hatte ihn die Plünderung des Charlottenburger Schlosses ... aufs tiefste empört …“ So gab Friedrich den Befehl, das Jagdschloss Hubertusburg, welches „das Herzblatt des Königes von Polen“ genannt wurde, zu plündern. „Der Kopf der großen Herrn“, so sagte er, „fühlt es nicht, wenn den Untertanen die Haare ausgerauft werden: man muss sie da angreifen, wo es ihnen selbst wehtut.“

Die regulären Heerführer General von Saldern und von Marwitz weigerten sich, die Ehre ihrer Truppen durch eine solche Barbarei zu besudeln und hatten entsprechende Nachteile dafür hinzunehmen. Das Freikorps des eilig beförderten Majors Quintus Icilius räumte schließlich das Schloss aus. Der Holzschnitt den Adolph von Menzel zu dieser Episode in Kuglers Werk entwarf, zeigt, wie riesige Packwagen der Plünderer die Fassade des ausgeräumten Schlosses verdecken.

Die Qualität des Baues, seine zweckmäßige Einrichtung zur Unterbringung eines zahlreichen Jagdgefolges, lud später zu anderen Nutzungen ein, sicherte aber den Bestand. Nur so konnte sich der riesige Gebäudekomplex in dörflicher Abgeschiedenheit erhalten.

Bis vor 20 Jahren wurde er noch als Landeskrankenhaus genutzt. Zuvor war das Schloss Irrenanstalt und Gefängnis. Unter anderem die Sozialdemokraten August Bebel und Wilhelm Liebknecht saßen hier ein. Geblieben ist auch die Erinnerung an den Frieden von Hubertusburg, der einen ersten transkontinentalen Krieg beendete. Eine Medaillenprägung von 1763 erinnert an einen geflügelten Fanfarenbläser, der über der Schlossfassade schwebt, darüber steht „NVNCIA PACIS“ (Friedenskünder).

In der Schau ist nun auch die Friedensurkunde aus dem sächsischen Hauptstaatsarchiv zu sehen. Ein Friedenstuch aus dem Schlesischen Museums Görlitz zeigt in Stickerei Weiß auf Rot: „Zwey Kayser und drey Könige sind nun des Krieges müde. Drum machen sie auf Gottes Winck mit Preußen Friedrich steten Friede.“

Nach einer künstlerisch glanzvollen, aber politisch glücklosen Epoche, die mit August dem Starken eingeleitet wurde, war nun Sachsen endgültig aus der großen europäischen Politik ausgeschieden. Mit dem „sächsischen Judas“ Kurfürst Moritz, der in der großen Machtpolitik zwischen Protestanten und Kaiser taktierte, und mit dem Erzmarschall des Heiligen Römischen Reiches Johann

Georg II. als „sächsischem Mars“ an vorderster Linie im Abwehrkampf gegen die Osmanen war das Kurfürstentum Sachsen lange eine bestimmende Kraft gewesen. Sein Niedergang bedeutete zugleich den Aufstieg Brandenburg-Preußens. Vom Wortführer der protestantischen Partei im Reich wurde Sachsen zum Prügelknaben der Herren der Geschichte. Als ungleiche Bündnispartner Napoleons wurden die Sachsen 1809 in Tirol von Hofers Leuten übel zugerichtet und zahlten für Österreichs Sache in Königgrätz einen hohen Blutzoll. Was schließlich noch geblieben war vom sächsischen Heer, geriet als 94. Infanteriedivision „Sachsenschwerter“ vor 70 Jahren in den Kessel von Stalingrad.

In Dresden hatte man sich beizeiten daran gewöhnt, große Fassaden der Vergangenheit aufzuführen. So erinnert die Ausstellung neben dem Friedensschluss von 1763 vor allem an die jagdliche Festkultur des sächsischen Hofes, die hier für wenige Jahre eine einsame Höhe erreichte, bis der Herrscher vor den preußischen Truppen nach Warschau floh. In sechs Räumen des weitgehend unsanierten Rohbaus der Beletage richteten die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden diesen Sommer aus Anlass des Jubiläums die Ausstellung „Die königliche Jagdresidenz Hubertusburg und der Frieden von 1763“ ein. Im Vergleich mit der Mannheimer Anlage, die durch den nahen Eisenbahnverkehr beeinträchtigt wurde, oder dem Dresdner Marcolinipalais, auf dessen Park das städtische Krankenhaus errichtet wurde, ist das landschaftliche Umfeld von Hubertusburg verhältnismäßig wenig beeinträchtigt. Selbst der unvermeidliche private Wohnhausbau orientierte sich einigermaßen an der Ausrichtung der Anlage.

Außer der Fassade ist es vor allem die katholische Schlosskapelle mit dem Figurenschmuck des Lorenzo Matielli, wo sich ein starker Eindruck der einstigen Bestimmung erhalten hat. Hier ist das größte barocke Deckengemälde Sachsens zu sehen. Im Kultursaal des Schlosses werden außerdem Ausschnitte aus der unter anderem hier in den 1980ern gedrehten sechsteiligen Defa-Produktion „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ vorgeführt. Dazu sind die Originalkostüme aus den Babelsberger Filmstudios zu sehen. Sebastian Hennig


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