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27.07.13 / Rätsel um das Ende der »Stuttgart« / Warum wurde sie auf eine Weise versenkt, die eine Bergung unmöglich machte?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-13 vom 27. Juli 2013

Rätsel um das Ende der »Stuttgart«
Warum wurde sie auf eine Weise versenkt, die eine Bergung unmöglich machte?

Anfang der 20er Jahre gab die Reederei Norddeutscher Lloyd die Dampfer „München“ und „Stuttgart“ für den Transatlantikverkehr in Auftrag. Vor 90 Jahren lief die „Stuttgart“ bei der Vulkan Werft Stettin vom Stapel und verkehrte zunächst regelmäßig auf der nach der Beendigung des Ersten Weltkrieges wiederaufgenommenen Strecke zwischen Bremerhaven und New York. Bereits 1926 wurde sie auch für erste Mittelmeer- und Polar-Kreuzfahrten eingesetzt. Nach einem Zwischenspiel als Berufsschule für Seeleute in Bremerhaven wurde sie ab 1935 an die Deutsche Arbeitsfront (DAF) verchartert und für KdF-Reisen genutzt. Nach der spektakulären Heimkehr der Legion Condor, die im spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatte und durch die KdF-Flotte mit der „Stuttgart“ aus Spanien abgeholt worden war, warf schon der nächste Krieg seine Schatten voraus.

Bereits im Sommer 1939, also noch vor dem Kriegsausbruch, wurde die „Stuttgart“ zu einem „Großen Lazarettschiff“ umgerüstet. Lazarettschiffe wurden durch die Genfer Konvention international geschützt und waren durch ihren weißen Anstrich mit einem eineinhalb Meter breiten grünen Streifen gekennzeichnet. Auf den Schornsteinen prangte das Rote Kreuz. Es gab Unterbringungs- und Behandlungskapazitäten für 190 Schwerkranke und 295 Leichtkranke, während des Krieges wurden allerdings bis zu 600 Patienten gleichzeitig betreut. Ab dem 25. August 1939 lag die „Stuttgart“ in Pillau und brachte bis Oktober insgesamt 1477 Kranke und Verwundete nach Stettin und Swinemünde. Danach wurde sie nach Wesermünde verlegt und als schwimmendes Lazarett eingesetzt. Ab 1940 fuhr die „Stuttgart“ regelmäßig nach Norwegen, entlang der langen Küstenlinie über Bergen, Tromsö und Drontheim bis nach Kirkenes und war damit das erste Große Lazarettschiff am Polarkreis. Auf dieser Route war die „Stuttgart“ auch schon mehrfach als Kreuzfahrtschiff in Friedenszeiten unterwegs gewesen. Sie bildete zusammen mit anderen Lazarettschiffen ein Sanitätszentrum und wurde von Pendel-Lazarettschiffen unterstützt, die die Verbindung zu den Lazarettzügen herstellten. Neben der medizinischen Betreuung wurde auch eine „kulturelle Wehrbetreuung“ durch Abendkonzerte geboten. Außerdem hatten die Chefärzte eine eigene medizinische Weiterbildung organisiert, um ihre Arbeit auf den Lazarettschiffen zu optimieren.

Ab Anfang April 1941 war die „Stuttgart“ dann in Gotenhafen das stationäre Lazarettschiff. Am 9. Oktober 1943 flogen die US-Luftstreitkräfte einen Angriff auf Gotenhafen und bombardierte mit 378 Maschinen den kriegswichtigen Hafen. Die „Stuttgart“ wurde von mehreren Bomben getroffen, von denen eine in einen Operationssaal einschlug, in dem gerade operiert wurde. Es starben 49 Menschen an Bord. Sie brannte lichterloh, wurde durch Minensuchboote aus dem Hafen geschleppt und auf See durch Artilleriebeschuss versenkt. Obwohl die „Stuttgart“ als Lazarettschiff registriert und gekennzeichnet war, wurde der Abschuss vom Oberkommando der Wehrmacht (OKW) als unbeabsichtigte Auswirkung des Angriffs durch die US-Luftstreitkräfte eingestuft. Es gab zwar einen Schriftwechsel zwischen der US-amerikanischen Regierung und dem Auswärtigen Amt, jedoch ging das OKW von einer Mitschuld aus, da die „Stuttgart“ seeseitig getarnt war. So blieb es bei einem propagandistischen Nutzen des Vorfalls, da die US-Luftstreitkräfte für den Angriff auf ein Lazarettschiff von der Presse weltweit verurteilt wurden. Nie geklärt wurde allerdings, warum das für die Deutschen so wertvolle Schiff sofort aus dem Hafen geschleppt und auf eine Art versenkt wurde, die eine spätere Bergung und Weiterverwendung unmöglich machte.

Auch dem Schwesternschiff „München“ war kein Glück beschieden. Nach einem schweren Brand 1930 ging das Schiff nach dem Wiederaufbau unter dem neuen Namen „General von Steuben“ auf Kreuzfahrten. Im Krieg wurde die „Steuben“ als Verwundetentransportschiff eingesetzt und kurz nach dem Untergang der „Wilhelm Gustloff“ am 10. Februar 1945 von demselben russischen U-Boot versenkt. Nur einige hundert Menschen überlebten, fast 4000 ertranken in der eisigen Ostsee. Britta Heitmann


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