29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.07.13 / Notsicherungsarbeiten am Schloss Steinort / Doch der Eigentümer, die Polnisch-Deutsche Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, hat noch viel mehr vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-13 vom 27. Juli 2013

Notsicherungsarbeiten am Schloss Steinort
Doch der Eigentümer, die Polnisch-Deutsche Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, hat noch viel mehr vor

Beim Schloss Steinort ist mit der Festigung der Mauerkronen des Mittelteils und der Stabilisierung der Unterkellerung begonnen worden. Diese Notsicherungsarbeiten sollen bis zum Herbst abgeschlossen sein und werden ermöglicht durch die vom polnischen Kulturministerium für 2013 bewilligte Zuwendung und Spenden aus der Bundesrepublik Deutschland.

Schloss Steinort [Sztynort] ist das letzte noch weitgehend authentisch erhaltene Schloss in Ostpreußen. Ende 2009 übernahm es die „Polsko-Niemiecka Fundacja Ochrony Zabytków Kultury“ (PNF, Polnisch-Deutsche Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz), die polnische Schwesterstiftung der „Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz“ in Görlitz (DPS), auf Betreiben ihrer verstorbenen Vorstandsmitglieder Gottfried Kiesow und Andrzej Tomaszewski mit dem Ziel einer denkmalverträglichen Wiederherstellung.

Seitdem ist der große Instandsetzungswurf für das bis 1944 von der Familie von Lehndorff bewohnte Schloss ausgeblieben, da die von den beiden Stiftungen erhofften Fördermillionen noch nicht geflossen sind. Aus deutscher Sicht ist der in seinem Mittelteil barocke Bau nicht nur aufgrund seiner architekturgeschichtlichen Bedeutung wichtig, sondern vor allem auch aus geschichtlichen Gründen. Sein letzter deutscher Bewohner, Heinrich Graf von Lehndorff, war am Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 beteiligt. Für ihn, seine Frau Gottliebe geborene Gräfin von Kalnein und die vier Töchter, darunter Vera, die später unter dem Namen Ve­ruschka als Fotomodell international bekannt wurde, war äußerst gefährlich, dass Joachim von Ribbentrop, der damalige deutsche Außenminister, einen Teil von Schloss Steinort als Feldquartier bezogen hatte. Adolf Hitlers Wolfsschanze lag nicht weit von Schloss Steinort entfernt. Nach dem gescheiterten Attentat hatte Graf Lehndorff zunächst fliehen können, sich dann jedoch, um seiner Familie weitere Repressalien zu ersparen, gestellt und war nach erneuter Flucht in Berlin und Gefangennahme am 4. September 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet worden.

Schloss Steinort war bis 1947 von Soldaten der Roten Armee in Beschlag genommen und wurde dann Verwaltungssitz eines staatlichen landwirtschaftlichen Betriebs und als Segelschule genutzt. In den 1990er Jahren geriet die gesamte Anlage mit den Wirtschaftsbauten an einen damit überforderten Österreicher und schließlich an eine Firma in Warschau, die versucht hat, aus der hervorragenden landschaftlichen Situation – Schloss Steinort mit seinem weitläufigen, heute leider stark verwilderten Park liegt im Zentrum der masurischen Seenplatte und ist umgeben von drei Seen – durch den Verleih von Jachten Kapital zu schlagen.

Der heutige Eigentümer, die PNF, ringt zusammen mit seiner deutschen Schwesterstiftung um ein Nutzungskonzept für das seinerzeit von dem Jachtbetreiber übernommene Schloss, das von den politischen Entscheidern in Allenstein, Angerburg und der Hauptstadt als tragfähig anerkannt wird. Dieses wäre die Voraussetzung dafür, einen Millionen-Förderantrag zu stellen.

Um indes das Lehndorffsche Herrenhaus vor dem endgültigen Verfall zu retten, sind die beiden Stiftungen den Weg der kleinen Schritte gegangen. Mit Hilfe finanzieller Unterstützung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Bernd Neumann, des polnischen Kulturministeriums und privater Spenden aus der Bundesrepublik Deutschland ist es ihnen gelungen, bislang vier Notsicherungsmaßnahmen zu realisieren. Zunächst wurde der Bau durch eingebrachte Hilfskonstruktionen statisch stabilisiert, danach die Fensteröffnungen provisorisch durch Folien mit Luftschlitzen geschlossen und ein Notdach aufgezogen, damit es nicht weiter hineinregnen und der Schwamm sich ausbreiten kann.

Im vergangenen Jahr konnte wiederum mit Zuwendungen des BKM und des polnischen Kulturministers die fachgerechte Um- und Neueinlagerung sowie ein erster Teil der konservatorischen Sicherung der originalen barocken bemalten Deckenbretter mit einer Gesamtfläche von rund 1500 Quadratmetern vorgenommen werden. Die wertvollen Bretter waren zwar vor einigen Jahren aus dem Schloss ausgebaut worden, um ihre Substanz zu sichern, jedoch in dem historischen Speichergebäude am Herrenhaus miserabel eingelagert.

Die ausgeführten Arbeiten umfassten den Transport der Bretter in eine geeignete Lagerhalle in Allenstein, eine Schädlingsbekämpfung durch Begasung und anschließend die Reinigung und Fixierung der Malschichtoberflächen. Die zerstörten Maloberflächen waren vorbeugend für den Transport mit einem Spezialspray gesichert worden, das nur an den Oberflächen wirkt und schnell wieder zerfällt.

Am Ende wurden die Bretter vermessen, markiert und wieder gelagert. Die Zerstörung der Deckenbretter und der polychromen Bemalung konnte mit dieser Teilmaßnahme erfolgreich gestoppt werden. Die Arbeiten wurden planerisch von dem Warschauer Architekturbüro „festgrupa Sp. z o.o.“ betreut. Die konservatorischen Arbeiten und die Überwachung des Transports und der Desinfektion der Deckenbretter wurden von der Restauratorin Barbara Kulczynska-Nowak aus Allenstein vorgenommen.

Nach ihrer vollständigen Konservierung und Restaurierung und wenn die baulichen Voraussetzungen dafür geschaffen sind, sollen die Deckenbretter wieder in ihrer ursprünglichen Funktion in Schloss Steinort eingebaut werden. Dafür wären an den Brettern als nächstes eine Imprägnierung zur Holzfestigung sowie tischlermäßige Reparaturen und eine Restaurierung der Grundierung und Sichtfassung erforderlich.

Als weitere Maßnahme des Jahres 2012 konnte ein Projekt „Rück­schnitt des Wildwuchses im historischen Schlosspark“ durchgeführt werden. Die Arbeiten wurden von der Jugendbauhütte Gartendenkmalpflege mit Unterstützung der Jugendbauhütte Brandenburg/Berlin in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bei einem zweiwöchigen Einsatz mit Genehmigung der Denkmalbehörde im Sommer letzten Jahres ausgeführt. Die erfolgreiche Aktion, bei der historische Parkwege und Sichtachsen freigelegt wurden, erfolgte mit 40 deutschen Jugendlichen unter fachlicher Anleitung und stieß bei der Bevölkerung und in den lokalen Medien auf besonders positive Resonanz.

Und DPS und PNF sind glück­lich, dass nächste Notsicherungsarbeiten an Schloss Steinort folgen. Mit der vom polnischen Kulturministerium für 2013 bewilligten Zuwendung und mit Spenden aus der Bundesrepublik Deutschland als Eigenanteil wird jetzt bis in den Herbst hinein eine Festigung der Mauerkronen des Schloss-Mittelteils und die Stabilisierung der Unterkellerung vorgenommen.

Und so bleibt das Ziel erhalten, den Bauzustand von Schloss Steinort mit gezielten Sicherungsmaßnahmen zu stabilisieren, bis der große Wurf zur vollständigen Revitalisierung des geschichtsträchtigen Baudenkmals gelingt, möglichst mit einer musealen Nutzung des besonders erhaltenswerten Mittelteils, in dem noch viele bemalte Deckenbalken aus der Barockzeit überkommen sind. Peter Schabe

Nähere Informationen erteilt die Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, Karpfengrund 1, 02826 Görlitz, Telefon (030) 25898633, Telefax (030) 25899131, E-Mail: deutsch-polnische-stiftung@denkmalschutz.de


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren